Die Lüge, dass es bei VW keine Kündigungen geben wird

22.11.2016, Lesezeit 3 Min.
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Am Freitag kündigte der angeschlagene Volkswagen-Konzern einen "Zukunftspakt" an. Weltweit will der Konzern 30.000 Stellen streichen. Für Manager und Gewerkschaftsbürokratie bedeutet "Zukunft" die Zerstörung der Lebensgrundlage von zehntausenden Menschen.

„Der Volkswagen-Konzern, insbesondere die Marke VW, hat Fett angesetzt in den Erfolgsjahren.“ Deshalb brauche es „eine Schlankheitskur, die nehmen wir jetzt in Angriff“. Mit diesen obszönen Worten rechtfertigte der Vorstandschef des Volkswagen-Konzerns, Matthias Müller, in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung die angekündigte Streichung von 30.000 Stellen des Automobilkonzerns bis 2025, davon 23.000 in Deutschland.

Am Freitag hatten Unternehmensführung und Betriebsrat einen „Zukunftspakt“ präsentiert. „Zukunft“, das bedeutet die Senkung der Kosten bis 2020 um 3,7 Milliarden Euro pro Jahr, vor allem durch die Streichung von zehntausenden Stellen. Auch die SPD-Landesregierung unter Ministerpräsident Stephan Weil trägt den Pakt mit.

Betriebsratschef Bernd Osterloh brüstete sich, dass der Abbau „sozialverträglich“ stattfinden solle, etwa durch Altersteilzeit und Vorruhestandsregelungen. Bis Ende 2025 seien betriebsbedingte Kündigungen mit dem Pakt ausgeschlossen. Niemand in der Stammbelegschaft müsse mehr Angst um seinen Arbeitsplatz haben.

Was Osterloh nicht sagt: Tausende Leiharbeiter*innen werden ihren Job verlieren. Tausende weitere Arbeiter*innen werden vorzeitig in die Rente gedrängt, und vor allem soll die Arbeitsintensität durch „effizientere Arbeitsabläufe“ erhöht werden. VW-Marken-Vorstand Herbert Diess kommentierte: „Wir bauen die gesamte Marke um, wir machen sie fit für den großen Wandel in unserer Branche.“ Mit anderen Worten: Das Ergebnis der „Zukunft“, die die sozialpartnerschaftlichen Betriebsratsfürsten mit dem Unternehmen ausgehandelt haben, bedeutet mehr Stress für die Stammbelegschaft und zerstörte Existenzen für tausende Leiharbeiteŗ*innen und ihre Familien.

Und nicht nur die Beschäftigten des Mutterkonzerns sind betroffen. Dutzende Tochterfirmen und Zulieferer werden die Auswirkungen dieser „Zukunft“ zu spüren bekommen. Beispielsweise beim in Berlin ansässigen Werk MAN Diesel & Turbo, wo in den nächsten Jahren 300 der rund 570 Beschäftigten ihren Job verlieren sollen. Mittelfristig soll das ganze Werk geschlossen werden. Weltweit will die MAN-Tochter für Diesel-Motoren und Turbinen sogar jede zehnte Stelle streichen.

Neoliberale „Wirtschaftsexperten“ wie von der FAZ oder den Deutschen Wirtschafts Nachrichten frohlocken indes über den obszönen „Zukunftspakt“. Für Ferdinand Dudenhöffer, Professor der Universität Duisburg-Essen, hat VW „eine wichtige Wende eingeleitet“. Carsten Germis, FAZ-Wirtschaftskorrespondent, findet den Zukunftspakt gar „beeindruckend“ und sieht eine „Chance“: „Kein anderer Autokonzern geht den Umbruch so offensiv an und legt Pläne für seine großen Standorte vor, wie Volkswagen.“

Die Lakaien des Kapitals freuen sich. Umso mehr, als dass die Krise, die der VW-Konzern durch den Abgasskandal und die Strafzahlungen aus den USA durchläuft, unter der Komplizenschaft der IG Metall nun auf dem Rücken der Arbeiter*innen ausgebadet wird. Volkswagen verzeichnete 2016 den höchsten Verlust seiner Geschichte. Trotzdem hat der Wolfsburger Konzern seinen Spitzen-Managern Boni in Millionenhöhe ausgezahlt: 63,24 Millionen Euro für 2015 – knapp zehn Millionen mehr als im Vorjahr und damit Rekord. Bezahlt wird das mit der Streichung von zehntausenden Stellen.

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