Die Löwinnen von PepsiCo
In Argentinien wehren sich die Arbeiter*innen der PepsiCo-Fabrik in Buenos Aires gegen Entlassungen und Repression. In der ersten Reihe des Kampfes stehen dabei Frauen, die sich schon seit Jahren antikapitalistisch und feministisch organisieren.
Catalina Balaguer, die Arbeiterin, die bei der Repression gegen die besetzte Fabrik von PepsiCo letzte Woche in der ersten Reihe stand und gemeinsam mit ihren Kolleg*innen Schläge und Tränengas abbekommen hat, ist bekannt in der argentinischen Arbeiter*innen- und Frauenbewegung. Sie und ihre Kolleginnen sind bei allen Mobilisierungen gegen Gewalt an Frauen für NiUnaMenos (Nicht Eine Weniger) dabei. Und sie kämpft jetzt schon zum zweiten Mal gegen ihre Entlassung aus der Lebensmittelfabrik PepsiCo.
Sie und 600 Beschäftigte stehen vor dem Aus, weil PepsiCo die Fabrik in einen anderen Teil des Landes verlegen will. Dagegen organisiert sich die Belegschaft und führt einen harten Kampf gegen die Regierung und die Bosse. 70 Prozent der Belegschaft sind Frauen und 90 Prozent derjenigen, die jetzt ihren Job verlieren sollen. Viele von ihnen ernähren – so wie Catalina – mit ihrem Einkommen alleine ihre Familie. Denn der Lohn von Frauen ist nicht nur ein „Zusatzeinkommen“, wie immer noch oft behauptet wird. In einer Zeit von hoher Arbeitslosigkeit – vor allem für Frauen – steht das Leben ganzer Familien auf dem Spiel. „Familias en la calle nunca más“ (Nie wieder Familien auf der Straße) ist deshalb ein wichtiger Slogan des Kampfes.
„Ni Una Trabajadora Menos“
Ein anderer Slogan ist „Ni Una Trabajadora Menos“ (Nicht eine Arbeiterin weniger), in Anlehnung an das „Ni Una Menos“, das Frauen auf der ganzen Welt und besonders in Argentinien gegen die Frauenmorde fordern. Aber der Frauenmord ist nur der äußerste Ausdruck von Gewalt an Frauen – die Arbeitslosigkeit, die Prekarisierung, die Gesundheitsprobleme durch den Arbeitsalltag, die Belästigung durch die Chefs sind ebenso Teil einer Kette der Gewalt, die das Leben von Frauen durchzieht.
Deshalb unterstützt auch das Kollektiv „Ni Una Menos“, welches die großen Mobilisierungen und Aktionen gegen Frauenmorde und sexualisierte Gewalt organisiert, die Arbeiterinnen in ihrem Kampf gegen Entlassungen. Sie erklären sich solidarisch und mobilisierten beispielsweise zum großen Aktionstag der Arbeiter*innen am Dienstag. Und sie verurteilen die Repression gegen die Beschäftigten.
Der Rhythmus der Maschinen
Das erste Mal sollte Catalina vor 15 Jahren gekündigt werden, weil sie die schlechten Arbeitsbedingungen von ihr und ihren Kolleginnen öffentlich angeprangert hatte. Denn der Rhythmus der Maschinen lastet schwer auf den Körpern der Arbeiterinnen und führt zu heftigen Gesundheitsproblemen. Ihre Kollegin Ana Clara beschreibt die Situation so:
„Wir sind ruiniert. Das was sie Industrie nennen, nennen wir Überleben.“
Die Belegschaft organisierte sich gegen Catalinas Entlassung und sie gewann vor Gericht ihren Arbeitsplatz wieder – das Urteil ging als „Fallo Balaguer“ sogar in die Geschichte des Arbeitsrechts ein.
Ein Grund, warum gerade diese Fabrik geschlossen werden soll, ist nicht, dass sie keinen Profit abwirft – das tut sie nämlich ordentlich. Sondern ihre kämpferische Tradition – und dabei standen immer die Frauen in der ersten Reihe, so wie auch jetzt wieder. Die „Löwinnen von PepsiCo“ werden sie genannt.
Der lange Kampf der Arbeiterinnen
Sie kämpften und erreichten den gleichen Lohn für gleiche Arbeit in der Fabrik. Sie verteidigten jede*n Kolleg*in, die wegen den Gesundheitsschäden durch den Fabrikalltag ihre*seine Arbeit nicht mehr tun konnte – was vor allem Frauen betraf – und erreichten, dass sie ihnen andere Aufgaben gegeben wurden. Sie informierten einander über ihre Rechte, zum Beispiel im Krankheitsfall.
Sie setzten ordentliche Pausen und bezahlten Schwangerschaftsurlaub durch. Eine besondere Errungenschaft war, dass sie die Bezahlung von Kinderbetreuung durchsetzen konnten. Am letzten 8. März überzeugten sie auf einer der demokratischen Versammlungen aller Beschäftigten ihre männlichen Kollegen gemeinsam zum internationalen Frauenstreik die Arbeit niederzulegen. Denn der Kampf gegen Frauenunterdrückung ist ein gemeinsamer. Catalina erklärt:
Wir haben die Frauen zum Aufstehen bewegt. Wir reden von den Problemen, die wir in der Fabrik haben, aber auch von den Problemen im Alltag. Die machistische Gewalt gibt es nicht nur zuhause: es gibt sie in all den Institutionen, die uns angreifen.
Die Arbeiterinnen bei PepsiCo sind – wie viele Tausend andere Arbeiterinnen auch – der Ausdruck einer kämpferischen Frauenbewegung, die auf der Straße und in den Betrieben gegen Gewalt an Frauen kämpft und sich dabei ihrer Wurzeln im kapitalistischen System bewusst ist. Und die weiß, dass der Kampf gegen Gewalt an Frauen auch an den Arbeitsplätzen zu führen ist.