Die Erde bebte: Frauenstreiks und Mobilisierungen auf der ganzen Welt

10.03.2018, Lesezeit 7 Min.
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Anlässlich des Internationalen Frauenkampftages fanden rund um den Globus Proteste und Streiks statt. Frauen auf aller Welt forderten ein Ende der Lohnungleichheit, sexualisierter Gewalt und mehr demokratische und soziale Rechte. Ein Überblick.

Die sicherlich größte Mobilisierung am diesjährigen Internationalen Frauenkampftag gab es dieses Jahr im Spanischen Staat. Auf Druck von feministischen Vereinigungen, linken Organisationen und alternativen Gewerkschaften hatten die Gewerkschaftsdachverbände CCOO und UGT zu einem zweistündigen Frauenstreik aufgerufen. Die linken Gewerkschaftsverbände organisierten zudem ganztägige Streik und Streikposten und Blockaden von Straßen und Betrieben unter dem Motto „Paramos para cambiarlo todo“ (Wir streiken, um alles zu ändern).

Ein Streik, der alles veränderte

An diesem „feministischen Streik“ beteiligten sich den Gewerkschaften zufolge 5,9 Millionen Menschen. In Fabriken wie Nissan, Opel, Seat, den spanischen Bahnbetrieben, im öffentlichen Dienst und im Bildungssektor nahm der Streik großen Einfluss auf den Ablauf dieses besonderen Tags. Auch an den Universitäten und Schulen organisierten Studierende und Schüler*innen gemeinsam mit Lehrer*innen und Dozent*innen Aktionen, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen. Im Zentrum standen dabei die Auswirkungen der Sparprogramme der Regierung von Mariano Rajoy auf Frauen, die durch Lohnungleichheit und patriarchale Unterdrückung am stärksten von Kürzungen und Prekarisierung betroffen sind.

Am Nachmittag fanden im ganzen Land um die 200 Kundgebungen statt, von Vigo im nordwestlich gelegenen Galicien über Bilbao im Baskenland bis hinunter nach Valencia kamen Massen von Frauen, LGBTI und solidarischen Männern auf die Straßen. In Barcelona demonstrierten 600.000 Menschen mit Slogans wie „Patriarchat und Kapital, kriminelle Allianz“ und „Arbeitende Frau, frei und kämpferisch!“. Die Gran Via im Stadtzentrum von Madrid wurde von einer Menschenmenge von bis zu einer Million überschwemmt.

Türkei: „Vibratoren statt Diktatoren“

In Istanbul wie auch in anderen Städten des Landes gab es Demonstrationen, um für mehr Rechte und gegen sexualisierte Gewalt zu protestieren. Trotz des Ausnahmezustands und der nach dem Krieg gegen die Kurd*innen in Afrin zunehmenden Repression gegen jeden Widerstand nahmen Tausende Frauen und LGBTI an den Mobilisierungen teil. Mit Forderungen wie „Staat, nimm deine Hände von meinem Körper“ und „Wir wollen Vibratoren, keine Diktatoren“ richteten sich die Demonstrant*innen gegen staatliche Einschränkung von Frauenrechten und die voranschreitende Alleinherrschaft Erdoğans.

Das deutsche Regime hat sich besonders in den letzten Wochen und in Person des zukünftigen Ex-Außenministers Sigmar Gabriel als wichtige außenpolitische Stütze Ankaras Repressions- und Kriegspolitik erwiesen. Die Demonstrationen am Frauenkampftag machten deutlich, dass sich weiterhin wichtige Teile der Bevölkerung gegen diese Politik stellen.

Rom vom Frauenstreik betroffen, Frauen in Frankreich fordern Ende der Lohnungleichheit

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Young women take part in the Women March against Violence as part of International Women's day, on March 8, 2018 in Milan. / AFP PHOTO / MARCO BERTORELLO

In Italien hatten sich ebenfalls arbeitende Frauen dazu entschlossen, durch Arbeitsniederlegungen ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. In Rom blieben Busse und U-Bahnen des Öffentlichen Nahverkehrs in den Depots stehen und auch landesweite Zugverbindungen hatten Ausfälle aufgrund des Streiks zu verbuchen. In Mailand protestierten tausende Studierende im Stadtzentrum und forderten eine Durchsetzung des Abtreibungsrechtes. Die Mehrheit der italienischen Ärzte weigert sich trotz des Rechtes dazu, Abtreibungen durchzuführen.

In Frankreich fanden in zahlreichen Städten Aktionen im Rahmen des Frauenkampftags statt. Die linke Zeitung „Liberation“ verkaufte ihre Ausgabe zu einem unterschiedlichen Preis für Frauen und Männer, um auf die Unterschiede bei der Bezahlung aufmerksam zu machen.

Lateinamerika: Demos im Zeichen von #NiUnaMenos und dem Abtreibungsrecht

In Argentinien hatte die Frauenbewegung mit dem Aufschrei gegen Frauenmorde unter dem Hashtag #NiUnaMenos (Keine Weniger) ab 2015 einen neuen Aufschwung erlebt, der sich von dort auf die ganze Welt ausbreitete. Auch in diesem Land hatten sich tausende Frauen schon Monate vorher in Versammlungen zusammengefunden, um Streiks und Straßenblockaden zu organisieren. In zahlreichen Fabriken und Betrieben und im öffentlichen Dienst im ganzen Land traf der Aufruf auf großen Rückhall, auch wenn die Gewerkschaftsdachverbände nicht zu Streiks aufriefen. In Buenos Aires begann der Tag mit einer Straßenblockade vor dem Posadas-Krankenhaus, wo die vor allem weiblichen Arbeiter*innen seit Wochen gegen Entlassungen kämpfen.

Im ganzen Land fanden große Demonstrationen statt, die größte versammelte Zehntausende im Stadtzentrum von Buenos Aires vor dem Parlament. Dort wurde wenige Tage zuvor ein Gesetzesentwurf für die Legalisierung kostenloser und sicherer Abtreibungen eingereicht, was das Hauptthema der vergangenen Wochen war. Neben der Unterstützung dieser Initiative forderten die Frauen und ihre männlichen Unterstützer auch ein Ende der sexualisierten Gewalt – alle 30 Stunden wird in Argentinien eine Frau umgebracht, nur weil sie eine Frau ist.

Die sozialistische Frauenorganisation Pan y Rosas (Brot und Rosen) organisierte einen Block von 5.000 Arbeiterinnen, Schülerinnen und Studentinnen und im ganzen Land weitere 5.000 Frauen. Auch in anderen Ländern wie Mexiko, Bolivien, Peru, Venezuela, Costa Rica, Brasilien, Chile, Frankreich und dem Spanischen Staat waren die lila Fahnen der Organisation auf den Aktionen zu sehen.

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In Mexiko-Stadt demonstrierten rund 600 Frauen im Block von Pan y Rosas. Die Demonstration wurde organisiert von feministischen Gruppen und verschiedenen linken Gewerkschaften. Dabei waren Telefonist*innen, Universitätsbeschäftigte und Arbeiter*innen anderer Bereiche. Sie verurteilten die staatliche Verantwortung an den grassierenden Frauenmorden und der Prekarisierung. Auch in anderen mittelamerikanischen Ländern wie Honduras und Guatemala wurden diese Forderungen auf Kundgebungen aufgegriffen.

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In Brasilien kamen Tausende auf der größten Straße São Paulos zusammen. Im Fokus standen dabei Forderungen für mehr Gerechtigkeit am Arbeitsplatz und das Ende von rassistischer und sexistischer Gewalt. In Bolivien demonstrierten im Zentrum von La Paz hunderte Arbeiterinnen, Indigene und Studierende für #NiUnaMenos, genauso wie in Lima und verschiedenen anderen Städten Perus.

In Chile hatte das Bündnis für den 8. März Demonstrationen in 30 Städten organisiert und in der Hauptstadt Santiago kamen fast 100.000 Menschen zu der zentralen Protestaktion. Studierende forderten ein uneingeschränktes Abtreibungsrecht und guten Sexualkundeunterricht, Arbeiterinnen forderten gleichen Lohn für gleiche Arbeit und ein Ende von Outsourcing und Entlassungen. Besonders im Fokus von LGBTI stand der Ruf nach dem Gesetz für Geschlechteridentität, gegen das sich der neue rechte Präsident Sebastián Piñera vehement wehrt.

Proteste in Asien gegen Gewalt an Frauen

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In Jakarta, der Hauptstadt Indonesiens fand ein von 69 Gruppen organisierter Protest vor dem Parlament und dem Präsidentenpalast statt, um Diskriminierung und Intoleranz gegen Frauen und Minderheit zu verurteilen. Auch in Südkorea wurde die #MeToo-Kampagne aufgegriffen und Netzwerke zur Unterstützung der Opfer sexualisierter Gewalt gegründet. In Seoul kamen hunderte Frauen zusammen, ebenso wie in der japanischen Hauptstadt Tokio, um für gleiche Rechte zu demonstrieren.

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Girls shout slogans during a protest demanding equal rights for women on the occasion of International Women’s Day in New Delhi, India, March 8, 2018. REUTERS/Adnan Abidi

Das Hauptthema der Demonstrationen auf den Philippinen war die zunehmende Gewalt an Frauen, die vom Regime des Präsidenten Duterte gefördert wird. Er hatte vor kurzen gefordert, weiblichen Kommunistinnen in die Genitalien zu schießen. In Indien fanden Demonstrationen statt, auf denen die Frauen Schilder mit Slogans wie „My body, My choice,“ hielten und gegen machistische Gewalt protestierten.

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