Die Enteignung muss weiter erkämpft werden!
59,1 Prozent stimmten für die Enteignung von Deutsche Wohnen und Co. Doch was wir jetzt bekommen sollen, ist purer Verrat. Gegen RGR!
“Die neue Landesregierung respektiert das Ergebnis des ‘Volksentscheides über einen Beschluss zur Erarbeitung eines Gesetzentwurfs durch den Senat zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen’ und wird verantwortungsvoll damit umgehen.”
So lautet die Formulierung im Koalitionsvertrag. Ferner wird erklärt, dass zum Umgang mit dem Entscheid eine “Expertenkomission” beraten soll, die innerhalb eines Jahres eine “Empfehlung” erarbeiten soll. Initiator:innen des Volksbegehrens sollen zwar beteiligt sein, in welchem Ausmaß und mit welchem Mitspracherecht wird jedoch nicht verraten. Es handelt sich hierbei um ein glasklares Manöver, um eine große Bewegung mit demokratischer Legitimation in den Schubladen des Roten Rathauses begraben zu wollen.
Die Initiative “Deutsche Wohnen & Co enteignen” schreibt dazu:
“Der Beschluss von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke lässt keinen politischen Willen erkennen, den Volksentscheid umzusetzen. […] Die juristische Zulässigkeit ist bestätigt, wer machen will, kann machen. Wer den Volksentscheid nicht umsetzen will, sollte nicht regieren. Denn das wäre ein Verrat an der Demokratie.”
Dafür, dass sich DIE LINKE im gesamten Wahlkampf als Verteidigerin von DWE hingestellt hat, viele ihrer Basismitglieder Unterschriften gesammelt haben und viele Aktive in die Linkspartei große Hoffnungen setzten, ist dieser Koalitionsvertrag eine Farce.
Giffey, Lederer und Co. wollen business as usual
Schon vor der Wahl hat Franziska Giffey sich klar auf die Seite der Immobilienlobby gestellt und deutlich gemacht, dass es mit ihr als Bürgermeisterin keine Enteignung geben wird.
Für die Führung der Linkspartei ist der Verrat an DWE – der Verrat an dem Interesse der Mehrheit der Berliner Bevölkerung – jedoch gar kein Problem. Insbesondere seit dem vergangenen Wahlkampf entwickelt sich die Linkspartei nach rechts. “Rote Haltelinien” werden andauernd überschritten. Von der Partei, die für Frieden und gegen Auslandseinsätze und gegen Sozialabbau steht ist nur noch ein schlechter Schatten übrig – wenn sie denn überhaupt einmal so existiert hatte. Der Linksparteispitze geht es eben nicht um eine radikale, linke Politik, sondern die vollständige Integration ins bürgerliche Parteienregime. Das Sofortprogramm von Bartsch und Wissler war der heftigste Ausdruck der Sozialdemokratisierung der Linkspartei.
Klaus Lederer führt diesen Kurs auch in Berlin weiter. Hauptsache regieren, scheint das Motto zu sein. Ausbau der Polizei, Outsourcing in landeseigenen Betrieben, all das erwartet uns unter der nächsten RGR-Regierung, genauso wie es schon in den letzten fünf Jahren war. Dagegen regt sich auch in der Partei Widerstand: Über 150 Personen und Ortsverbände haben den Aufruf der Initiative ZUSAMMEN FÜR EINE LINKE OPPOSITION unterschrieben. Sie forderten, dass DIE LINKE lieber richtig in die Opposition, als falsch in die Regierung gehen sollte. Neben der Nicht-Umsetzung des Volksentscheides nennen sie Punkte wie die Privatisierung der S-Bahn und Abschiebungen als Praktiken, die mit den Grundsätzen linker Politik nicht zusammen gehen, im RGR-Koalitionsvertrag aber verankert sind. Die Mehrheit der LINKEN hat für den Koalitionsvertrag gestimmt. Doch 22,4 Prozent der Mitglieder dagegen!
Insbesondere der Verrat an Deutsche Wohnen & Co. enteignen, macht fassungslos – aber überrascht leider nicht.
Für die Enteignung müssen wir kämpfen
Wenn am kommenden Dienstag die neue Berliner Regierung vereidigt wird, werden wir dort sein und von Tag 1 dieser Regierung an sagen: Ihr vertretet uns nicht – ihr verratet uns!
Denn die Wohnungsfrage kann nicht einfach auf die lange Bank geschoben werden. Der Berliner Senat hat erst letzte Woche eine Regelung verabschiedet, nach denen 3G Kontrollen auf Bahnsteigen gemacht werden sollen, damit obdachlose Menschen sich dort nicht vor der Kälte schützen. Vergangenen Winter räumte die Polizei im Auftrag der Politik ein Obdachlosencamp in Lichtenberg, damit dort ein privates Aquarium errichtet werden kann. Auch diesen Winter sind in Deutschland bereits Menschen auf den Straßen erfroren, während Wohnungen als Kapitalanlage leerstehen.
Die Immobilienkonzerne zu vergesellschaften ist nicht nur eine demokratische Frage, weil die Mehrheit der wahlberechtigten Berliner:innen dafür gestimmt hat, sondern auch eine dringende Lebensfrage für Millionen, die in ihren Kiezen nicht mehr leben können. Die Parteiführung von DIE LINKE zeigt, dass sie auf Seite von Giffey und Co. steht und nicht für eine Stadt für alle kämpft, sondern es sich im Regierungssessel bequem gemacht hat. Dagegen müssen wir uns organisieren. Vor und gerade auch seit der Wahl mobilisiert DWE konsequent zu Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen. Auch am Dienstag wird Giffey nicht ohne hörbaren Protest ihr Amt antreten können.
Die Regierung wird die Enteignung nicht umsetzen, das haben die letzten sechs Wochen schmerzhaft und deutlich gezeigt. Es ist auch nicht in ihrem Interesse, Wohnraum dem Markt zu entziehen. SPD, Grüne und LINKE – trotz rotem Anstrich – sind Parteien, die sich der Verwaltung des Kapitalismus verschrieben haben. Sie probieren (manchmal) mit Reformen die heftigsten Auswirkungen abzufedern, aber an dem grundlegend ausbeuterischen System wollen sie nichts ändern.
Um das wirkliche Interesse der Mehrheit der Berliner:innen durchzusetzen, müssen wir uns selbst organisieren. Wir müssen neben den Kiezteams auch Teams und Komitees an unseren Arbeitsplätzen und in Schulen und Unis bilden. Wenn die Mehrheit der Berliner:innen nicht nur ihre Stimme für die Enteignung gibt, sondern auch ihre Organisierung können wir nicht ignoriert werden. Wenn die Krankenhausbewegung oder FFF die Forderung nach der Enteignung aufnehmen, wenn Vollversammlungen und Streiks für die Umsetzung des Volksentscheids stattfinden – und das gemeinsam mit den Mitgliedern der Regierungsparteien, die sich gegen den Verrat stellen -, bauen wir wirklichen, echten Druck auf. Wenn Petitionen und demokratisch gewonnene Wahlen Giffey, Jarasch und Lederer egal sind, müssen auch wir einen Schritt weiter gehen.