Die AfD: Stiefel im Rücken der Arbeiter*innen

14.08.2017, Lesezeit 5 Min.
Gastbeitrag

Im Wahlkampf stellt sich die Alternative für Deutschland (AfD) als die Partei der kleinen Leute dar. Unser Gastautor Lasse Reinboeng beschreibt zwei von vielen Gründen, warum sie das Gegenteil ist.

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In acht Bundesländern, in denen die AfD bereits in den Landtag eingezogen ist, bekam sie zusammengerechnet rund 1,8 Millionen Stimmen. Etwa eine Millionen Stimmen davon kommen von Menschen, die das erste Mal oder seit langer Zeit wieder wählen – 800 000 Stimmen kommen von anderen Parteien.

Viele Stimmen bekommt die rechte Partei von Arbeiter*innen – in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel haben 28 Prozent der Arbeiter*innen ihr Kreuz bei der AfD gemacht. Im Wahlkampf stellt sie sich als die Partei der kleinen Leute dar.

Hier zwei von vielen Gründen, warum sie das Gegenteil ist:

Die AfD ist ein Privatisierungsmotor

Das Grundsatzprogramm der AFD umfasst circa 140 Punkte. Schon als zweiten Punkt, also weit vor den Themen Geflüchtete oder Europapolitik, werden unter der Überschrift „Schlanker Staat für freie Bürger“ flächendeckende Privatisierungsvorhaben ins Feld geführt:

Es bedarf neuer Konzentration auf die vier klassischen Gebiete: Innere und äußere Sicherheit, Justiz, Auswärtige Beziehungen und Finanzverwaltung. Aufgaben jenseits dieser vier Kerngebiete bedürfen besonderer Rechtfertigung. Wir wollen prüfen, inwieweit vorhandene staatliche Einrichtungen durch private oder andere Organisationsformen ersetzt werden können.

Das heißt im Klartext: Für die AfD hat die Privatisierung von Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten, Bezirksämtern, Museen, Altenheimen, Tiergärten, Wasserbetrieben und anderer staatlicher Einrichtungen oberste Priorität. Sie beabsichtigt in den meisten Parlamenten, Stimmenlieferant für Privatisierungsvorhaben zu werden. Und sie werden in der Privatisierungsfrage mit vielen anderen Parteien einer Meinung sein und das Ärmchen heben – mit gravierenden negativen Folgen für den Teil der oben genannten Wähler*innenschaft, die dann von Ausgliederungen, Kündigungen und Lohndumping betroffen sein werden.

Die AfD wird nie von Politiker*innen anderer Parteien wegen ihrer Privatisierungspläne attackiert. Denn dafür müssten gerade SPD, Grüne etc. sich selbst deutlich gegen Privatisierungen aussprechen, was ihnen offenbar sehr schwer fällt. Dabei könnte gerade das den ein oder anderen abtrünnigen Wutbürger zum Umdenken bewegen. Gerade ihm dürfte nicht schwer vor Augen zu führen sein, das ihm sein „Heimatgefühl“ endgültig dann abhanden kommen wird, wenn in seiner Stadt oder in seinem Dorf mit Unterstützung der AfD staatliche Einrichtungen weiter privatisiert und von internationalen Konzernen übernommen werden. Doch die etablierten Parteien haben offenbar kein Interesse, die 800 000 abgewanderten Wähler*innen zurück zu gewinnen.

Die AfD unterstützt Union Busting und Betriebsratsbekämpfung

Derzeit ist im Betriebsverfassungsgesetz in §23 geregelt, dass mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen beim Arbeitsgericht beantragen können, das Betriebsratsgremium bei groben Rechtsverstößen aufzulösen.

Die AfD will mit einer Reform des Betriebsverfassungsgesetzes erreichen, dass der Belegschaft eines Unternehmens die Möglichkeit eingeräumt wird, die Amtszeit eines Betriebsratsgremiums vorzeitig zu beenden. Dies soll mit einem Misstrauensvotum von zwei Dritteln der Belegschaft ohne nähere rechtliche Überprüfung möglich sein.

Damit will die AfD Unternehmer*innen und Union-Busting-Anwält*innen eine Steilvorlage liefern, sich mit Hilfe der Belegschaft kurzerhand des Betriebsrats zu entledigen. Gleichzeitig will sie die gerichtliche Überprüfung, ob sich die Betriebsräte überhaupt etwas zu Schulden haben kommen lassen, ausschließen. Die Motivation der Unternehmer*innen, Betriebsräte bei der Belegschaft in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen und zu mobben, wird damit weiter steigen.

Unternehmer*innen können beispielsweise versuchen, eine Stimmung in der Belegschaft zu erzeugen, dass der Betriebsrat die Rentabilität eines Unternehmens und somit Arbeitsplätze gefährde. Es ist dann naheliegend, dass Beschäftigte einem Misstrauensvotum zustimmen, um den eigenen Arbeitsplatz zu sichern. Ein solches Vorgehen, könnte bei der derzeitigen Rechtsprechung noch in der gerichtlichen Prüfung als strafrechtlich zu ahndende Behinderung der Betriebsratsarbeit auffallen. Das möchte die AfD offenbar damit umgehen, dass der Vorgang beim Arbeitsgericht nicht mehr vorstellig wird.

Ein teuflischer Plan

Die Betriebsratsbekämpfung und die Privatisierungsvorhaben stehen in einem direkten Zusammenhang. Denn Privatisieren kann man leichter, wenn man sich widerspenstiger Interessenvertretungen vorher entledigt hat.

Profiteur*innen der Privatisierungen sind dann auch Geschäftsleute, die bei der AfD führende Positionen bekleiden oder diese mit Spenden unterstützen. Geschäftsleute übernehmen bei Privatisierungen meist ganze Belegschaften samt Fuhrpark und Anlagen, ohne selbst etwas aufgebaut oder ein Risiko getragen zu haben. Sie müssen auch keine Aufträge generieren, sondern bekommen oft ein abgesprochenes Budget aus der öffentlichen Hand. Viele wittern daher das große Geschäft.

Die AfD wird in Ihrem Vorhaben mit großzügigen Spenden aus der Wirtschaft unterstützt. Zu den Spender*innen gehören Heinrich Weiss, Großaktionär und Aufsichtsratsvorsitzender der SMS Group sowie ehemaliger Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Der ehemalige stellvertretende Parteisprecher der AfD, Hans-Olaf Henkel, gleichzeitig auch ehemaliger Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), erklärte laut einer Veröffentlichung von lobbypedia, dass mehrere Dax-Vorstände und zahlreiche Chefs von Familienunternehmen die AfD ebenfalls finanziell unterstützen.

Dem einen oder anderen dürften die „Wir sind das Volk“-Rufe, sollte die AfD mehr Einfluss gewinnen, schnell im Halse stecken bleiben. Gerade die Arbeiter*innen sind für sie höchstens Stimmvolk für Pläne, die sich schnell gegen ihre eigenen Interessen richten werden.

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