Die AfD im Marsch durch die Institutionen – mit Hilfe des Establishments
Die Alternative für Deutschland (AfD) bekommt ihren ersten großen Posten in der Bundespolitik: Peter Boehringer wird Vorsitzenden des Haushaltsausschusses des Bundestags. Mit den Stimmen von FDP und AfD und der Enthaltung von Grünen, SPD und CDU/CSU frisst sich die extreme Rechte in die Institutionen des bürgerlichen Staats.
Ein „Bollwerk der Demokratie“ gegen die AfD wollte die Sozialdemokratie unter Schulz in der neuen Legislaturperiode sein. Auch die Köpfe von CDU/CSU und FDP grenzten sich scharf gegen die „Alternative“ ab – es schien, als würde sich eine „demokratische Front“ von Linke bis CSU gegen die rechtspopulistische AfD bilden.
Doch das war vor den Bundestagswahlen im vergangenen Herbst. In der Zwischenzeit konnten sich die AfD und die etablierten Parteien in der Bundespolitik aneinander gewöhnen – auf Landesebene arbeiten Christdemokrat*innen und AfDler*innen zum Teil schon sehr gut zusammen.
Diese Duldung der neuen rassistischen und fremdenfeindlichen Kraft im Bundestag hat ihr am Mittwoch den ersten bedeutenden Posten eingebracht: Peter Boehringer wurde mit den Stimmen von AfD und FDP zum Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gewählt. SPD, CDU/CSU und die Grünen enthielten sich, während die Linkspartei-Abgeordneten gegen Boehringer stimmten.
Boehringer kam über die bayerische Landesliste in den Bundestag und geriet durch veröffentlichte Mails in Kritik, in denen er von einer „Umvolkung“ sprach und die rassistische Migrationspolitik von Merkel als nicht „weitgehend genug“ angriff.
Die AfD wurde mit 12,6 Prozent zur drittstärksten Kraft im Parlament gewählt. Da die SPD entgegen der ursprünglichen Ankündigung, in die Opposition zu gehen, erneut Koalitionsverhandlungen mit der Union begonnen hat, wird die AfD aller Voraussicht nach zur größten Oppositionspartei. Dieser steht der parlamentarischen Tradition nach der Vorsitz des wichtigen Haushaltsausschusses zu.
Sowohl die künftigen Regierungsparteien CDU/CSU und SPD als auch die Grünen, die am Wochenende auf ihrem Parteitag eine neue rechtere Führungsspitze bestätigten, enthielten sich bei der Wahl im Ausschuss. Die neoliberale FDP ging sogar noch weiter und unterstützte den Kandidaten der Rechtsaußen. In anderen Ausschüssen wie dem Tourismusausschuss konnte der Vorsitzende der AfD auch mit den Stimmen der Unionsparteien gewählt werden. Die Linkspartei stimmte hingegen gegen Boehringer, da sie ihn als Kandidaten für „nicht geeignet“ hielt. Gesine Lötsch sagte zu seiner Person: „Er hat sich in Blogbeiträgen und E-Mails frauenfeindlich und islamfeindlich geäußert, vor einer Umvolkung gewarnt.“
Die Wahl von Boehringer ist letztlich nur der letzte Ausdruck einer Entwicklung der letzten Jahre. Das politische Establishment duldet nicht nur die aufkommende extreme Rechte in „ihren“ Institutionen und arbeitet punktuell mit ihnen zusammen. Die letzte Große Koalition hat sogar große Teile des AfD-Programms zu Asylfragen übernommen und die Entrechtung und Kriminalisierung von Geflüchteten mit dem Aufstieg der AfD gerechtfertigt.
Diese neue Geste des Establishments an die AfD ist ein weiterer Beweis dafür, dass es eine unabhängige Bewegung auf der Straße von Arbeiter*innen und Jugendlichen braucht, um gegen den Rechtsruck und den Rassismus von GroKo und AfD zu kämpfen. Die Linkspartei sollte bei der Organisierung einer solchen Bewegung gegen den Rechtsruck teilnehmen und damit ihrem konsequenten Abstimmungsverhalten im Ausschuss folgen.