Deutschland will in Kuba Wurzeln schlagen
// Im Rahmen der Annäherungen zwischen Kuba und den USA besuchte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Hauptstadt Havanna, um sich mit dem kubanischen Präsidenten Raúl Castro zu treffen. Er ist damit der erste Außenminister in der Geschichte der Bundesrepublik, der die karibische Insel besucht. //
Bei seinem zweitägigen Aufenthalt traf er sich mit kubanischen KünstlerInnen und SportlerInnen, dem Erzbischof von Havanna Jaime Ortega Alamino, den Kultur-, Wirtschafts- und Außenministern und dem Präsidenten Raúl Castro.
Das Ziel des Besuchs war zu zeigen, „dass wir die Signale der Öffnung, die der Präsident selbst gegeben hat, ernst nehmen, und dass wir den Veränderungsprozess auch positiv begleiten wollen.“ Im Klartext bedeutet das, dass auch der deutsche Imperialismus an dem Prozess der kapitalistischen Öffnung teilhaben will, der sich in Kuba abspielt. Auch wenn es sich dabei nicht um eine „strategische Wende“ der deutschen Außenpolitik handelt, folgt sie damit den Schritten der US-Regierung mit ihren eigenen Zielen.
In diesem Sinne wurden zwei Abkommen zur „wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Zusammenarbeit“ unterzeichnet, um die Verbindungen mit und die deutsche Präsenz auf der Insel zu verstärken. Raúl Castro lobte die deutsche Wirtschaft und sagte, dass „die deutschen Interessen im Land willkommen sind.“ Doch wie wir heute in Griechenland sehen können, bedeuten die „deutschen Interessen“ nichts Gutes für die ArbeiterInnen und armen Massen auf der Welt.
Steinmeier sagte: „Wir haben unterschiedliche politische und wirtschaftliche Systeme und unterschiedliche Vorstellungen von Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit. Aber wir nehmen in Kuba eine Öffnung wahr, die wir aktiv begleiten möchten und zu der wir Deutsche mit unseren Transformationserfahrungen auch einiges anzubieten haben.“
Sie wollen also den Prozess der Annexion der DDR und ihre Integration in den kapitalistischen Markt als Erfolgsbeispiel an Kuba verkaufen. Eine Erfahrung, die für Millionen ArbeiterInnen, Frauen und Jugendliche, deren Job und Zukunft geraubt wurde, ziemlich schmerzhaft war und die auch heute noch im Vergleich zu Westdeutschland in niedrigeren Löhnen, Renten und insgesamt schlechteren Arbeits- und Lebensbedingungen widerhallt.
Auch wenn er sich nicht mit wichtigen „DissidentInnen“ traf, war das Treffen mit dem Erzbischof von Havanna eine Geste in Richtung eines der größten reaktionären Agenten in Kuba. Und auch wenn Steinmeier keine harte Kritik an der „fehlenden Demokratie“ äußerte, wie es die westlichen Regierungschefs gewöhnlich tun, redete er doch über die „fehlenden Menschenrechte“. Dieselbe Regierung also, die an Kriegen in Afrika und Asien beteiligt ist, Griechenland einen Kolonialpakt aufzwingt und Tausende Geflüchtete abschiebt oder ihnen die geringsten demokratischen Rechte abspricht, wie man an der kürzlichen Asylgesetz-Verschärfung sehen kann.
2014 exportierte Deutschland Güter im Wert von 191 Millionen Euro nach Kuba, darunter vor allem Maschinen und pharmazeutische und chemische Güter, und importierte kubanische Güter im Werte von 33 Millionen, vor allem Rum und Zigarren. Auch der Tourismus verbindet die beiden Länder: Die Deutschen sind nach den US-AmerikanerInnen und KanadierInnen die drittmeisten BesucherInnen der Insel.
Die 30 deutschen Unternehmen, die schon auf der Insel vertreten sind, fordern eine offizielle Wirtschaftsvertretung in Kuba. Einer von ihnen, ein Industriegas-Hersteller, beschwerte sich über die „schwerfällige Industrie, die hohen Steuern und die staatliche Einmischung.“ Doch was die deutschen KapitalistInnen sicherlich am Meisten ärgert, sind die letzten Überbleibsel der kubanischen Revolution, die aktuell Stück für Stück abgebaut werden.