Deutsche Justiz bestraft Frau dafür, ihre legalen Rechte auszuüben: Gina-Lisa verurteilt

23.08.2016, Lesezeit 3 Min.
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Gina-Lisa Lohnfink hat zwei Männer wegen Vergewaltigung angezeigt. Gestern wurde sie zu einer Geldstrafe von 20.000 Euro verurteilt.

Wer sagt, dass deutsche Gerichte ein Auge zudrücken, wenn sexualisierte Gewalt angezeigt wird? Klar gibt es Fälle, in denen Richter*innen behaupten, dass eine Vergewaltigung nicht stattgefunden haben kann, weil die Frau zwar „Nein“ gesagt, aber ihren Angreifen nicht gekratzt, gebissen oder geschlagen hat – bis vor kurzem war das ja auch noch so Gesetz. Es gibt aber auch Fälle, wo die Justiz richtig hart durchgreift.

Allerdings nicht gegen die Täter, sondern gegen diejenige, die die Vergewaltigung angezeigt hatte.

Am Montag fand der letzte Verhandlungstag im Prozess gegen Gina-Lisa Lohnfink statt. Sie sagt, dass sie vor vier Jahren von zwei Männern vergewaltigt wurde. Diese zwei drehten ein Video von der Tat, auf der Lohnfink deutlich zu hören ist, wie sie „Nein“ ruft. Die beiden hatten das Video selbst als „Vergewaltigungsvideo“ online gepostet. Da sie sich wegen eines Filmrisses nur noch kaum an die Nacht erinnern konnte, äußerte sie die Vermutung, K.O.-Tropfen verabreicht bekommen zu haben.

Die Ermittlungen gegen die Männer wegen Vergewaltigung hat die Staatsanwaltschaft eingestellt. Unter anderem weil Gina-Lisa Lohfink nach der Nacht weiter freundlichen Kontakt mit den Männern hatte – da sieht man mal wieder, wie sehr deutsche Gerichte noch allein das Bild des fremden Vergewaltigers im Park im Kopf haben, und die Vergewaltigung in der Liebesbeziehung, durch den netten Bekannten oder den Onkel einfach übersehen.

Wegen der unerlaubten Videoaufnahmen wurden die Männer allerdings zu einer Geldstrafe von 1.350 Euro verurteilt. Aber die Frau wurde daraufhin wegen „falscher Verdächtigung“ angeklagt – und soll nun 20.000 Euro zahlen.

Wundert es, dass viele Frauen keine Anzeige machen, wenn sie Opfer sexualisierter Gewalt werden? Betroffenen wird nicht geglaubt. Ermittlungen werden eingestellt. Täter werden freigesprochen oder kommen mit Geldstrafen davon. Und wenn eine Frau wie Gina-Lisa nicht aufgibt, bekommt sie oben drauf eine Strafe.

Einer der beiden Täter, Sebastian C., ist bereits als Vergewaltiger aufgefallen. Am Montag berichtete seine Exfreundin Nathalie B. vor Gericht, wie er sie während und nach ihrer Beziehung bedroht, geschlagen und vergewaltigt habe. Nathalie B. hat Anzeigen bei der Polizei gestellt – auch hier wurden alle Verfahren eingestellt.

Gina Lisas Anklage sei „ein Hohn für echte Vergewaltigungsopfer“ gewesen, sagte die Richterin. Dabei ist dieses Urteil nicht nur ein Hohn für jede von sexualisierter Gewalt Betroffene, sondern ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen. Mit diesem Urteil wird das Recht von Betroffenen, Vergewaltigungen anzuzeigen, in Frage gestellt. Denn immer lauert die Gefahr, der Falschaussage bezichtigt zu werden, wenn juristisch eine Vergewaltigung nicht festgestellt wird.

Und darüber, was für eine Verurteilung von Vergewaltigung ausreicht, entscheiden Gerichte, welche wie in diesem Fall eindeutig voller sexistischer Vorurteile sind und welche Frauen und ihre Sexualität von vorneherein kritisch beäugen.

Die neuerliche Verschärfung des Sexualstrafrechts wird keinen Schutz vor Gewalt bieten. Denn der kapitalistische Staat selbst ist zutiefst sexistisch und patriarchal. Gegen diese Gewalt braucht es eine starke Frauenbewegung, unabhängig vom Staat und den Parteien der Kapitalist*innen, die selbst gegen Sexismus vorgeht. Eine Frauenbewegung, die dem Sexismus die Grundlage entzieht.

Oder wie die Demonstrant*innen von #TeamGinaLisa gerufen haben:

Macker gibt es in jeder Stadt, bildet Banden, macht sie platt!

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