Der Widerstand der CFM-Geschäftsführung kann gebrochen werden!

26.02.2018, Lesezeit 10 Min.
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Seit eineinhalb Jahren gibt es wieder einen aktiven Kampf für einen Tarifvertrag bei der Charité Facility Management GmbH (CFM). Trotz Streiks der Beschäftigten und öffentlicher Kritik verweigert die Geschäftsführung der Charité-Tochter jegliche Verbesserungen für die Belegschaft. Doch es ist ein Spiel auf Zeit, dass bald ein Ende haben könnte.

Vergangenes Jahr zwangen die Beschäftigten Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit ihrem zehntägigen Streik zu einem klaren Versprechen: Eine erste Lohnerhöhung auf elf Euro sollte es ab Dezember 2017 geben. Doch als es so weit war, legte die CFM-Geschäftsführung ein vergiftetes Angebot vor: Die Beschäftigten sollten zwar die leichte Erhöhung auf elf Euro bekommen aber dafür auch mehr als drei Jahre auf jede weitere Lohnerhöhung verzichten.

Doch für die Streikenden ist klar: Ihr Ziel ist weiterhin ein Tarifvertrag auf Höhe des TV Charité, der sich am Öffentlichen Dienst (TVöD) orientiert. Deswegen stimmten sie in einer Befragung mit großer Mehrheit gegen das Angebot. Dieses Abstimmungsergebnis deutet in die richtige Richtung: Weiterkämpfen, statt faule Kompromisse zu akzeptieren.

CFM-Führung will keine Niederlage eingestehen

Die aktuelle Blockadehaltung erweckt vielleicht den Eindruck, dass die Geschäftsführung weiterhin die besseren Karten habe. Doch bei genauerem Hinsehen, ergibt sich ein anderer Eindruck.

So gab es nicht nur Müllers Versprechen sondern auch einen Beschluss des Aufsichtsrats der Charité, dass ab Dezember der „Grundlohn“ von elf Euro gezahlt werden solle. Die Geschäftsführung versuchte nun, mit einem Trick diesen Erfolg der kämpfenden Kolleg*innen für sich zu nutzen: Sie koppelte die Auszahlung des Grundlohns an eine Unterschrift unter ihr Tarifangebot und begann, das Geld auf ein Treuhandkonto einzuzahlen, statt es an die Beschäftigten weiterzureichen.

Doch mit der Existenz eben dieses Kontos gesteht sie bereits ein, dass es kein Zurück mehr gibt: Die Lohnerhöhung wird früher oder später kommen. Und sie wird auch rückwirkend ausgezahlt, selbst wenn sich der Prozess noch ein paar Monate hinziehen sollte. Die streikenden Kolleg*innen haben also ihr Zwischenziel – eine erste Lohnerhöhung – bereits erreicht.

Selbstverständlich versuchte die CFM, die Lage so gut es ging, in ihrem Interesse zu verdrehen. Als Reaktion auf die verlorene Abstimmung veröffentlichte sie im Januar eine Meldung im firmeneigenen Intranet, in welcher ver.di die Schuld an der ausbleibenden Lohnerhöhung zugeschoben wurde.

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Doch nicht ver.di oder die Kolleg*innen, die das Angebot abgelehnt haben, sind für die ausbleibende Zahlung verantwortlich. Es ist die Geschäftsführung, die die Auszahlung unnötig hinauszögert. Immerhin bekommt sie das zusätzlich notwendige Geld seit Dezember von der Charité und müsste es nur weiterreichen.

Auch sonst bedient sich die CFM fragwürdiger Methoden, um gewerkschaftliche Arbeit zu torpedieren. So verbietet sie seit Dezember dem Betriebsrat, Meldungen über das Intranet zu verbreiten. Mit diesem Verbot wird sie wohl kaum vor einem Arbeitsgericht durchkommen. Doch bis die Frage juristisch geklärt ist, kann sie damit trotzdem die Arbeit des Betriebsrats behindern. Allerdings hatte der Versuch, kritische Informationen in der Zeit der Tarif-Abstimmung und der Aufsichtsratswahl im Januar zu unterbinden, augenscheinlich keinen Erfolg. In beiden Fragen kassierte das Management der CFM eine Niederlage.

Der Druck auf das Management wächst

Mit ihren Maßnahmen gegen ver.di und den Betriebsrat möchte die CFM-Geschäftsführung die Situation zu ihren Gunsten drehen. Doch zuletzt war sie damit nicht besonders erfolgreich. Neben der Mitgliederbefragung über das Verhandlungsergebnis gab es mit der Aufsichtsratswahl gleich noch eine zweite kleine Niederlage für sie. Denn dort wurden vier von sechs Plätzen der Arbeitnehmer*innen-Seite mit Gewerkschafter*innen besetzt. Nur zwei Plätze gingen an Listen, die eher der Chefetage nahe stehen.

Das sind wiederum gute Vorzeichen für die anstehenden Betriebsratswahlen im April. Seit 2014 gibt es dort eine Mehrheit für ver.di – und es sieht danach aus, dass diese Position gehalten werden könnte. Nicht ganz unwichtig in einem Betrieb, in dem Schikane durch Chefs und Bereichsleiter*innen für viele Beschäftigte an der Tagesordnung sind.
Ein Erfolg der ver.di-Liste bei den Betriebsratswahlen wäre ein Zeichen des Zusammenhalts der Belegschaft und der Unterstützung für den weiteren Arbeitskampf.

Doch nicht nur innerhalb der Charité, auch außerhalb steigt der Druck auf die Geschäftsführung. So haben die Beschäftigten der CFM sich bereits mehrfach gemeinsam mit dem Kampf der Kolleg*innen der Vivantes Service Gesellschaft (VSG) verbunden. Auch bei der VSG ist der Tarifkampf noch nicht beendet. Weitere gemeinsame Aktionen sind also sehr wahrscheinlich.

Beide Belegschaften vernetzen sich in den vergangenen Monaten nicht nur untereinander, sondern auch mit anderen Landesbeschäftigten. Unter anderem über den „Gewerkschaftlichen Aktionsausschuss gegen prekäre Arbeit in Verantwortung des Landes Berlin“. Dort kommen Kolleg*innen aus verschiedenen Landesbetrieben und deren ausgelagerten Tochter-Unternehmen zusammen, um sich gemeinsam gegen Tarifflucht zu wehren. Einige konnten mit dieser solidarischen Unterstützung bereits eine Angleichung an den TVöD erkämpfen: So zum Beispiel beim Botanischen Garten und beim Technikmuseum. Weitere Betriebe, wie das Physiotherapie- und Präventionszentrum der Charité (CPPZ) kommen nach und nach dazu. Das gemeinsame Ziel ist klar: weitere Tarifabschlüsse auf TVöD-Niveau sollen folgen!

Die Frage der Unterfinanzierung und des Personalmangels in Krankenhäusern und in Pflegeeinrichtungen hat im letzten Jahr bereits erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit bekommen. Im Vorfeld der Bundestagswahlen kam das Thema immer wieder auf.

Jetzt wird es in Berlin eine Kampagne für einen Volksentscheid geben, der das Land Berlin zur Einstellung von mehr Personal zwingen soll. Die Initiative geht vom „Berliner Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“ aus und wird weitere Aufmerksamkeit auf die Missstände bei Vivantes und der Charité lenken. Das wird auch dem Kampf bei der CFM zusätzliche Aufmerksamkeit verschaffen. Schließlich mangelt es nicht nur an Pflegepersonal – auch im Service-Bereich herrschen Unterbesetzung und massiver Zeitdruck.

Rot-Rot-Grün will sich aus der Verantwortung ziehen

Der eigentlich zuständige Berliner Senat und die Koalitionsparteien SPD, Grüne und Linkspartei drücken sich derweil um ihre Verantwortung. Bereits im Koalitionsvertrag hatten sie 2016 angekündigt, sich für höhere Bezahlung und die Wiedereingliederung von ausgelagerten Tochterunternehmen in Landesbetrieben einzusetzen. Doch faktisch ist seitdem wenig passiert. Die Verbesserungen, die es gab, wurden vor allem von den Beschäftigten erkämpft.

Bürgermeister Müller (SPD) sah sich zwar zu einer Ankündigung erster Lohnsteigerungen bei der CFM ab Dezember genötigt. Doch nun weigert sich die Geschäftsführung, diese Vorgabe umzusetzen. Und die Koalitionsparteien sehen tatenlos zu.

Ein aktiver Kollege der CFM sagte gegenüber KGK:

Die Beschäftigten erwarten ein Machtwort von Michael Müller. Er sollte eine Sitzung des Charité-Aufsichtsrats einberufen und einen verbindlichen Beschluss fassen, dass die elf Euro mit sofortiger Wirkung auszuzahlen sind und nicht an eine mehrjährige Friedenspflicht gekoppelt werden.

Unterstützung bekommt er bei dieser Forderung auch aus Basisgliederungen der Berliner SPD. Außerdem sind engagierte Kolleg*innen regelmäßig mit Abgeordneten der Senatsparteien im Gespräch. Dort gibt es immer wieder Zuspruch für ihre Anliegen und hin und wieder auch parteiinterne Unterstützungserklärungen.

Doch von warmen Worten allein werden die Beschäftigten nicht vor der Altersarmut bewahrt. Die Parteien müssten schon deutlich mehr tun, um nicht völlig unglaubwürdig zu werden. Immerhin sind sie in ihren Erklärungen alle drei für eine Erhöhung der Löhne und eine Wiedereingliederung der CFM. Doch geschehen ist in mehr als einem Jahr Rot-Rot-Grün noch nichts.

Dennoch kann der Druck auf Politiker*innen zu einem Erfolg im Tarifkampf beitragen. So gab es beim Botanischen Garten gute Erfahrungen damit, den Arbeitskampf immer dann auf die Tagesordnung zu setzen, wenn Abgeordnete sich gerade im Wahlkampf von ihrer besten Seite zeigen wollten.

Die stärkste Waffe heißt Solidarität!

Anstatt sich jedoch zu sehr auf die Versprechen von Politiker*innen zu verlassen, zeigt sich für die Kolleg*innen der CFM immer wieder, dass sie sich vor allem auf ihre eigenen Stärken besinnen müssen. Die größte Aufmerksamkeit des letzten Jahres erreichten sie mit ihrem zehntägigen Streik. Und eine der größten Errungenschaften und Stützen für ihre Ausdauer war die Vernetzung und Solidarität mit anderen Betrieben, insbesondere mit der VSG.

Das sind also die Elemente, auf die auch weiter gesetzt werden sollte: Solidarität mit anderen Belegschaften erhöht nicht nur die Schlagkraft sondern kann auch ganz neue Ideen und Möglichkeiten schaffen. Gemeinsame Streiks sind natürlich ein besonders starkes Zeichen. Aber selbst, wenn das mal nicht möglich ist, kann es gemeinsame Aktionen geben. Und eine Protestaktion prekär arbeitender Landesbeschäftigter gegen die Politik des Senats könnte so einige Leute auf die Straße bringen.

Der Kern des Kampfes für höhere Löhne bei der CFM müssen jedoch neue Streiks sein. Die Aufgabe der aktuellen Geschäftsführung besteht darin, den privaten Investor*innen bis zu deren Austritt Ende Dezember den Rücken freizuhalten. Dagegen müssen die Beschäftigten klarmachen: Wir werden euch nicht so billig davon kommen lassen! Jeder weitere Monat ohne Auszahlung der elf Euro bedeutet Stress und negative Aufmerksamkeit für die CFM-Führungsetage und den Senat! Und Ruhe für die nächsten Jahre gibt es – wenn überhaupt – nur dann, wenn es einen klaren Plan für die Angleichung an den Tarif der Charité gibt!

Die bisherigen Fortschritte, wie die gesicherten elf Euro, und die kämpferischen Erfahrungen des letzten Jahres können die Kolleg*innen nutzen, um die Organisierung im Betrieb zu stärken, neue Mitglieder für die Gewerkschaft zu gewinnen und mehr von ihnen vom Streik zu überzeugen.
Angesichts der Blockadehaltung der Geschäftsführung sind neue Streiks – möglichst nicht nur an einzelnen Tagen, sondern mindestens für eine Woche – ohnehin der logische nächste Schritt.
Das sollte auch den Skeptiker*innen in den Reihen der Gewerkschaft zu vermitteln sein.

Wenn die Kolleg*innen also auf ihre Stärke vertrauen und sich von anderen erfolgreichen Kämpfen inspirieren lassen, dann könnten sie bald selbst ein leuchtendes Vorbild für andere werden.

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