Der Normalzustand ist das Problem: Solidarität mit den Streiks der GDL!
Der Knaller zu Beginn des Jahres: Die Bahn wird wieder bestreikt. Vermehrt wird dies in den Medien als nervend diffamiert und als Einzelaktion des GDL-Vorsitzenden Veselsky dargestellt. Doch der kaputtgesparte Normalzustand und die Boni des DB Vorstands zeigen, dass wir solidarisch an der Seite der Beschäftigten stehen müssen.
Heute Morgen begann der dreitägige Bahnstreik der Lokführer:innen und des Servicepersonals nach Ende des eingegangengen Weihnachtsfriedens und nach dem gescheiterten Versuch der DB, diesen juristisch zu verbieten. Mittels des Streiks versuchen die Beschäftigten bei der GDL insbesondere eine stufenweise Absenkung der Wochenarbeitszeit mit gleichzeitigem Lohnausgleich zu erkämpfen. Das GDL-Motto zur Streikrunde lautet „fünf für funf“, also fünf Forderungen für die fünf vertretenen Berufsgruppen:
- Anhebung der Entgelte für alle um 555 Euro – entsprechend auch ein Plus für Auszubildende
- Absenkung der Arbeitszeit von jetzt 38 auf 35 Stunden pro Woche für Schichtarbeiter:innen bei vollem Lohnausgleich
- Eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3.000 Euro
- Fünf Prozent Arbeitgeberanteil für die betriebliche Altersvorsorge
- Eine Fünf-Schichten-Woche für Beschäftigte im Schichtdienst.
Diese Forderungen betreffen zwei zentrale Probleme der Beschäftigten, die allerdings in vielen anderen Sektoren ebenfalls bekannt klingen: Reallohnverlust durch die Inflation und Überbelastung. Diese Realität ist nich nur in zahlreichen Medienberichten außerhalb der Streikphasen abgebildet, sie wurde auch kürzlich von einem Lokführer in einem offenen Brief an den DB-Vorstand eindrücklich dargestellt. Seine Formulierungen über die tagtägliche besondere Verantwortung der Beschäftigten für die Passagiere im Gegensatz zur praktischen Gleichgültigkeit des DB-Vorstandes bei den allbekannten Probleme der Unpünktlichkeit und Unzuverlässigkeit treffen dabei den Kern. Abseits einer Einzelleistung drückte er damit die Lage aus, die 97 Prozent der Beschäftigten bei der GDL dazu bewegten, im Dezember für einen unbefristeten Streik zu stimmen.
DB Vorstand: Forderungen „unerfüllbar“, nachdem die eigenen Taschen voll sind
Der Bahn-Vorstand erklärte die Forderung der GDL für „unerfüllbar“ und legte zur ersten Tarifrunde ein Angebot vor, um die Streiks abzuwenden: eine elfprozentige Entgelterhöhung bei einer Laufzeit von 32 Monaten – angelehnt an das Ergebnis der EVG. Außerdem sollen die Lokführer:innen dabei unter anderem die Wahl erhalten, ihre Arbeitszeit von 39 auf 37 Stunden pro Woche zu verkürzen. Dafür müssten sie jedoch Einbußen bei der Tariferhöhung hinnehmen, weshalb die GDL das Angebot ablehnt.
Die Argumente des DB-Vorstands könnten vor dem Hintergrund ihres eigenen wirtschaftlichen Handelns kaum perverser sein: Bahnchef Richard Lutz hat sich 2023 selbst nicht nur einen Bonus von 1,3 Millionen Euro gegönnt, sein Grundgehalt stieg auf fast 970.000 Euro, wodurch er für 2022 insgesamt 2,24 Millionen Euro von der Bahn AG erhielt. Eine derartig hohe Summe ist kilometerweit entfernt von den monatlichen 3.546 Euro, die eine Lokführer:in für 20 bis 25 Jahre Dienst erhält und Lichtjahre entfernt von den Azubigehältern. Lutz ist jedoch kein Einzelfall. Die Gesamtvergütung des Infrastrukturvorstands Berthold Huber wurde ebenfalls verdoppelt auf 1,41 Millionen Euro, genauso wie im Falle des Personalvorstands Martin Seiler, der 1,39 Millionen Euro erhielt. Die erhaltenen Boni wurden – als sei es Ironie der besten Art – aufgrund ihrer „Leistung“ ausgegeben.
Die Beschäftigten bei der Bahn zeigen allerdings auch besonders in der derzeitigen Lage mit den Sparmaßnahmen der Ampel, welche Folgen die Auslagerung und Privatisierung des öffentlichen Dienstes bedeutet. Der Vorstand der Deutschen Bahn AG als privatisiertes Staasunternehmen ist für die miserable Entwicklung unseres öffentlichen Verkehrs verantwortlich, nicht die Beschäftigten, die tagtäglich unseren Transport ermöglichen. Dabei ist es keine Überraschung, dass Verkehrsminister Wissing sich dafür aussprach, dass „beide Tarifparteien wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren sollen“, anstatt „Menschen durch Stillstand zu blockieren“. Die Stimme „zur Vernunft“ des Ministers, unter dessen Führung Lobbyisten von Porsche vor Transparenz bewahrt werden sollten und gegen den Vorwürfe der Vetternwirtschaft andauern, spricht Bände.
Der GDL-Streik findet zusätzlich zeitgleich zur Protestwoche der Bauern und Lkw-Fahrer statt, die sich gegen die massive Kürzungspolitik der Regierung stellen. Die milliardenschweren Sparmaßnahmen im kommenden Bundeshaushalt, die alle Sektoren der arbeitenden Bevölkerung treffen werden, müssen dringend von der GDL zum Thema gemacht werden. Der GDL-Streik könnte so zur Speerspitze des Widerstands der Arbeiter:innenbewegung gegen die antisoziale Politik der Regierung werden und so auch dem Aufstieg der rechtsextremen AfD etwas entgegensetzen, die sich heute als einzige Opposition stilisiert. Hierdurch könnte auch eine erste Einheit mit den Bauern entwickelt werden, durch die sich eine noch größere Kraft zur Durchsetzung der jeweiligen Forderungen entfallten würde. Eine solche Einheit -wie an anderer Stelle diskutiert– würde nicht nur den Einfluss der Rechten und ihrer gewerkschaftsfeindlichen Gesinnung zurückdrängen. Sie würde ebenfalls den Weg gegen die Sparpolitik und die Verteidigung demokratischer Rechte und Löhne für die gesamte Arbeiter:innenklasse, der Jugend und Rentner:innen aufzeigen.
Gegen den dreisten DB-Vorstand müssen wir als Passagiere unsere Solidarität mit den Lokführer:innen und dem Servicepersonal der GDL erklären. Doch nicht nur deshalb. Auch wenn die Forderung der GDL nach Arbeitszeitverkürzung hinter der in der Gewerkschaftsbewegung diskutierten 35-Stunden Woche bei vollem Lohnausgleich bleibt, ist sie ein Schritt in die richtige Richtung für alle Lohnabhängigen.
Solidarität mit dem Streik der GDL! Für die volle Durchsetzung aller Forderungen! Nein zur gewerkschaftsfeindlichen Hetze gegen den Streik!