Der Militärputsch in Myanmar und die Heuchelei des US-Imperialismus
Die USA werfen der Militärjunta von Myanmar vor, sich gegen das eigene Volk zu stellen. Gleichzeitig haben sie selbst immer wieder Militärdiktaturen in Lateinamerika gestützt, um eigene Interessen international zu untermauern und durchzusetzen.
Mark A. Milley, amtierender Generalstabchef der US-Streitkräfte, unterschrieb mit elf weiteren militärischen Befehlshabern eine gemeinsame Erklärung, welche die Gewalt der Militärjunta gegen die Bevölkerung verurteilt. In Myanmar kommt es nach dem Putsch des Militärs gegen die demokratisch gewählte Präsidentin Aung San Suu Kyi seit Wochen zu Protesten, Streiks und Aufständen, gegen die das Militär mit brutaler Gewalt vorgeht. Den vorläufigen Höhepunkt erreichte die Streik- und Protestbewegung vergangenen Samstag. Gegen die jährliche Militärparade, an der auch Delegierte aus China und Russland teilnahmen, fanden massive Proteste im ganzen Land statt. Soldaten und Paramilitärs gingen an diesem Feiertag der Streitkräfte so brutal gegen die Proteste vor wie noch nie. 114 Menschen wurden laut Myanmar Now am Samstag in 44 Städten getötet. Seit Beginn des Putsches am 1. Februar zählt die NGO Assistance Association for Political Prisoners (AAPP) 459 Personen, die von der Militärjunta ermordet wurden.
Im Zuge dieses Szenarios drohen nun ranghohe Militärs verschiedener Länder mit einem Eingreifen, sei es durch militärische oder wirtschaftliche Maßnahmen. Dabei berufen sie sich auf vermeintliche Grundsätze, gegen die das Militär von Myanmar angeblich verstoßen hat. Dazu zählt offenbar „die Menschen, denen es dient, zu beschützen, und nicht, ihnen zu schaden“. Nur für die USA scheint dieses ehrbare Gesetz nicht zu gelten. Schon oft haben die USA in Lateinamerika Militärdiktaturen direkt oder indirekt gestützt und so aus Eigeninteresse zu handeln. Dabei hatten sie wenig Hemmungen das Militär gegen die Menschen, denen es angeblich dienen soll, einzusetzen.
Als besonders bekanntes Beispiel dient wohl der Sturz des demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Chiles Salvador Allende durch den General Pinochet. Dieser ging mit massiver Gewalt gegen die Bevölkerung vor, errichtete Straflager, beging Folterungen und Hinrichtungen. Über 30.000 Menschen wurden Opfer dieser brutalen Diktatur. Zuletzt waren es Bolivien, Venezuela und Brasilien, wo sich der US-Imperialismus aus eigennützigem Antrieb zumindest auf Teile des Militärs stützte.
Heute ist es nicht der Sozialismus, den die USA fürchtet, sondern die zunehmende Konkurrenz durch China. Humanismus oder vermeintliche moralische Grundsätze sind dabei lediglich ein schaler Vorwand, um wirtschaftliche Interessen zu verdecken. Denn während Putsche in China, Russland, Indien und weiteren südasiatischen Staaten unterstützt oder zumindest toleriert werden, ist Aung San Suu Kyi die Kandidatin des Westens. Und so droht auch die Krise in Myanmar zu einem weiteren Stellvertreterkonflikt zwischen der aufstrebenden Wirtschaftsmacht China und den USA zu werden. Es ist klar, dass es dabei nicht um die Menschen in Myanmar geht, denn diese gehören hier klar zu den Leidtragenden.
Bereits zum Ende der Amtsperiode von Barack Obama nahm die Militärdoktrin der USA eine Wendung: von Westasien in den Pazifikraum um Südostasien. Unter Trump und Biden wurde und wird diese Tendenz fortgesetzt. Mittlerweile hat sich auch Deutschland mit ihrer „Info-Pazifik-Leitlinie“ dieser neuen Politik angeschlossen. So wundert es nicht, dass auch die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Erklärung mitunterschrieben hat.
In Deutschland haben militärische Interventionen unter Vorwand des Humanismus eine traurige Tradition. Der erste deutsche Auslandseinsatz unter Rot-Grün der Schröder-Regierung im Kosovo wurde mit einer solchen humanistischen Verantwortung begründet. Hier ist insbesondere auch die Verantwortung der Grünen zu nennen, die sich angesichts ihrer Wahlerfolge darauf vorbereiten, als Teil der Regierung militärische Verantwortung zu übernehmen. Jetzt ist es Aufgabe der Linken zu betonen, dass hinter dem Vorwand des Humanismus nur die Verteidigung der eigenen geopolitischen Interessen stehen. Das Militär dient nicht dem Schutz der eigenen Bevölkerung, sondern lediglich dem Schutz der Profite der herrschenden Klasse der Kapitalist:innen.