Der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland führen zu weltweitem Hunger
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine schadet nicht nur der Arbeiter:innenklasse beider Länder, sondern führt auch zu einer weltweiten Nahrungsmittelknappheit.
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat die Arbeiter:innenklasse beider Länder mit militärischen Angriffen einerseits und Wirtschaftssanktionen andererseits hart getroffen. Die Auswirkungen des Krieges beschränken sich jedoch nicht auf Osteuropa: Die Welt steht nun vor einer massiven Nahrungsmittelknappheit, die die Armen im globalen Süden unverhältnismäßig stark treffen wird.
Russland und die Ukraine sind zwei der größten Getreideexporteure der Welt. Im Jahr 2019 war Russland der größte Weizenexporteur der Welt, und zusammen mit den Exporten der Ukraine exportierten die beiden Länder 26 Prozent des weltweiten Weizens. Die Ukraine und Russland sind auch die dritt- bzw. viertgrößten Exporteure von Gerste, und die Ukraine ist der viertgrößte Maisexporteur der Welt.
Infolge der Invasion wird die Welt mit einem Mangel an diesen und anderen wichtigen Kulturpflanzen konfrontiert sein. Obwohl die Ukraine vor dem Einmarsch Russlands etwa zwei Drittel ihres Weizens exportieren konnte, ist das verbleibende Drittel blockiert. Je nach dem Ausmaß der von den russischen Streitkräften angerichteten Zerstörungen und der Dauer des Konflikts können die ukrainischen Landwirte möglicherweise nicht einmal mehr die Pflanzen für die nächste Saison anbauen oder die Sommerkulturen ernten. Diese Engpässe haben bereits zu einem Anstieg der Weizenpreise um 21 Prozent und der Gerstenpreise um 33 Prozent geführt.
Diese Preissteigerungen sind auch auf Marktspekulationen zurückzuführen. Als Russland in die Ukraine einmarschierte, kauften Spekulanten aggressiv Weizen- und Gerstenfutures, eine Art Vertrag, bei dem ein Käufer eine Ware zu einem zukünftigen Zeitpunkt zu einem vorher festgelegten Preis verkaufen muss. Diese Spekulanten wetteten darauf, dass der Preis für Weizen und Gerste erheblich steigen würde, was zu enormen zukünftigen Gewinnen führen würde. Da der Futures-Markt signalisiert, dass die Weizenpreise in Zukunft hoch sein werden, haben die Mitglieder der Versorgungskette aufgehört, das Getreide zu kaufen, weil sie befürchten, dass sie es nicht mehr verkaufen können, wenn es zu teuer wird. Das bedeutet, dass das US-Weizen möglicherweise verrottet, anstatt die Menschen zu ernähren, die aufgrund des Konflikts in der Ukraine Hunger leiden müssen.
Die Auswirkungen dieser Verknappung und des Preisanstiegs werden den Nahen Osten und Nordafrika unverhältnismäßig stark treffen. So gehen beispielsweise mehr als ein Drittel der russischen Gerstenexporte allein in den Iran, und 70 Prozent der ägyptischen Weizenimporte kommen aus der Ukraine und Russland. Jemen, Syrien, Äthiopien und Afghanistan, die bereits von lang anhaltenden Konflikten geplagt sind, laufen ebenfalls Gefahr, in noch tiefere humanitäre Krisen zu geraten. Der Sudan war bereits Schauplatz heftiger Proteste wegen der gestiegenen Lebensmittel- und Kraftstoffpreise.
Die Bevölkerung dieser Länder litt bereits vor dem Konflikt unter hohen Lebensmittelpreisen, da Engpässe in der Versorgungskette und Störungen durch den Klimawandel die Kosten in die Höhe trieben. „Die Ukraine hat eine Katastrophe nur noch verschlimmert“, stellt David M. Beasley, der Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, fest.
Der Krieg selbst ist natürlich eine der Hauptursachen für die Nahrungsmittelknappheit. Da die russische Invasion Felder zerstört und die Landwirte an der Ernte hindert, werden die Länder, die auf ukrainische Exporte angewiesen sind, mit massiven Engpässen und infolgedessen mit explodierenden Preisen konfrontiert. Aber auch die verheerenden Sanktionen, die der Westen gegen Russland verhängt hat, sind schuld an der drohenden Krise. Russische Lebensmittelexporte wie Weizen sind zwar nicht verboten, aber die Finanzsanktionen haben den Handel stark eingeschränkt. Das Land schränkt auch seine Lebensmittelexporte ein, um die Sanktionen zu kompensieren, die die Wirtschaft schwer belasten.
Die Auswirkungen des Krieges beschränken sich nicht nur auf Nutzpflanzen – auch die weltweite Versorgung mit Düngemitteln ist gefährdet. Fast ein Fünftel aller Düngemittel weltweit wird aus Russland exportiert, und das Land liefert auch wichtige Düngemittelzutaten. Die russischen Sanktionen haben die Düngemittellieferungen drastisch reduziert, was zu Engpässen und einem Anstieg der Kosten geführt hat. Die Kosten für Düngemittel sind um 40 Prozent gestiegen. Der geringere Einsatz von Düngemitteln wird wiederum zu einer Verringerung der künftigen Ernten führen.
Nooruddin Zaker Ahmadi, Direktor eines afghanischen Importunternehmens, sagte der New York Times: „Die Vereinigten Staaten denken, sie hätten nur Russland und seine Banken sanktioniert. Aber die Vereinigten Staaten haben die ganze Welt sanktioniert“.
Wir müssen ein Ende des Krieges fordern, und wir müssen auch ein Ende der Sanktionen fordern, die die globale Arbeiter:innenklasse vernichten. Darüber hinaus müssen sich die Arbeiter:innen auf der ganzen Welt organisieren, um Ernährungsgerechtigkeit und das Ende des Imperialismus zu fordern, der die ärmeren Länder in einem nicht enden wollenden Kreislauf aus Krise, Hunger und Not gefangen hält.
Dieser Artikel erschien zuerst auf Englisch bei LeftVoice.