Der Kampf geht weiter!
// AMAZON: Weitere Streiks in der Woche vor Ostern sollen den Arbeitskampf verschärfen. Die KollegInnen wollen den Konzern zwingen, einen Tarifvertrag abzuschließen. //
Seit dem 23. März sind die Amazon-ArbeiterInnen am Standort Graben wieder in den Streik getreten. So fügten sie sich in eine Reihe mit den Streiks, die an den anderen Standorten stattfanden: in Leipzig am 13. und in Bad Hersfeld am 17. und 18. März. In den Tagen vor Ostern werden noch mehr Standorte bestreikt. Die Forderungen sind: bessere Arbeitsbedingungen, Respekt und vor allem einen Tarifvertrag.
Die bei ver.di organisierten ArbeiterInnen stellen fest, dass aufgrund der Arbeitsbedingungen rund ein Viertel (!) der ArbeiterInnen langzeitig krank geschrieben ist. Diese Situation ist nicht normal in einem Bereich, wo die Zahl der Abwesenheit von der Arbeit aus gesundheitlichen Gründen bundesweit eine der niedrigsten mit 4,4 Prozent ist.
Das Problem sind die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, die vom multinationalen Konzern in jedem seiner Standorte diktiert werden. Die Amazon-Standorte sind Paketfabriken. Auf den ersten Blick ist der Prozess, der in jedem Standort durchgeführt wird, einfach: Wareneingang, Sortierung nach Bestelleingang, Suche und Sammlung der Ware, Aufbereitung und Verpackung und schließlich Lieferung.
Was kaum zu übersehen ist, ist der Druck und die Belastung der ArbeiterInnen, die diese Arbeit verrichten müssen. Das ist etwas, was jeden Tag passiert und noch viel mehr in der Hochphase vor Ostern und Weihnachten, den beiden wichtigsten Zeiten im Jahr für Amazon.
Politisierender Kampf
Der Tarifvertrag könnte verbesserte Arbeitsbedingungen und eine Erhöhung der Lebensqualität der ArbeiterInnen bringen, sodass sie nicht mehr so oft krank sind. Amazon lehnt das jedoch strikt ab und diskreditiert in jeder möglichen Weise jene, die sich dagegen auflehnen. Dies ist ein plumper Versuch, um die ArbeiterInnen zu spalten.
Was der Arbeitgeber jedoch erreicht hat, ist ein Wachstum des Organisationsgrades und der Politisierung. Der Kampf, der am Anfang nur an zwei Standorten – in Leipzig und Bad Hersfeld – stattfand, hat sich nun auf alle Standorte ausgebreitet. In sechs von ihnen haben bereits Streiks stattgefunden und der Grad der gewerkschaftlichen Organisation bei einer Anzahl von etwa 10.000 ArbeiterInnen ist bei ungefähr 50 Prozent.
Zur gleichen Zeit wurde der Grad der Koordinierung zwischen den Standorten erhöht – trotz der Grenzen, die von der Gewerkschaftsbürokratie auferlegt werden. Diese Schranken führten nur eine weitere Politisierung an der Basis herbei, die immer mehr Druck auf die ver.di-Bürokratie ausübt. Auf dieser Grundlage fand ein drittes Aktiventreffen von Amazon-ArbeiterInnen statt. Seither gibt es Fortschritte vor allem in Richtung einer europäischen Koordination mit ArbeiterInnen in Frankreich und Polen.
Verbindung der Kämpfe
Ein erfolgreicher Arbeitskampf bei Amazon wäre ein wichtiges Signal für die prekarisierten Sektoren und die ArbeiterInnenklasse als Ganzes. Dies ist auch ein Kampf gegen die Hartz-Reformen vor zehn Jahren, die diesen Zustand erst ermöglichten. Deswegen ist auch eine Zusammenführung und Vereinigung der Kämpfe von großer Bedeutung. Die bereits eingeleiteten Angriffe bei DHL, ein Versandunternehmen, das für Amazon von großer Bedeutung ist, bieten zum Beispiel die Möglichkeit, für dieselben Forderungen zu kämpfen.
Die Aufgabe der RevolutionärInnen in einem solchen Kampf ist es, ihn mit Solidarität zu füllen. Umso mehr, wenn ein Bereich der ArbeiterInnenklasse aus der Basis seine eigene politische Erfahrungen entwickelt und dabei offensichtlich an die Grenzen der Gewerkschaftsbürokratie stößt. Dies ist es, wofür wir uns als Organisation einsetzen. Ein Mittel hierzu ist der Aufbau von Solidaritätskomitees, die diesen Kampf auch auf die anderen Sektoren der ArbeiterInnenklasse übertragen und diesen Kampf insgesamt in der Gesellschaft propagieren.
Brieselang: Kampf gegen Befristung
Am 24. März klagten vier Betriebsräte des Amazon-Versandzentrums in Brieselang bei Berlin vor dem Arbeitsgericht gegen ihre Entlassung. Rund 20 UnterstützerInnen ließen sie nicht allein und begleiteten sie. Damit protestierten sie gleichzeitig gegen die enorme Befristungspraxis am Standort. Organisiert wurde der Protest vom Berliner Solidaritätskomitee, wobei auch andere Grußbotschaften vorgelesen wurden. Im Mittelpunkt jedoch stand nicht die rein juristische Auseinandersetzung, sondern vor allem der Kampf im Betrieb. Ziel ist es auch, einen hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrad zu erreichen. Schnell wurde beim Gerichtstermin selbst klar, dass sich die Parteien nicht einigen würden, so dass der nächste Verhandlungstermin auf den 24. Juni gesetzt wurde. Somit bleibt viel Zeit für eine kräftige Mobilisierung – und der Termin passt zur nächsten Entlassungswelle bei Amazon: 165 Beschäftigte haben nur bis zum 30. Juni einen Vertrag.