Der Hightech-Sprengstoff des Professor Klapötke

24.01.2017, Lesezeit 4 Min.
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An der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) forscht Professor Klapötke mit seinem Team an militärischen Sprengstoffen. Diese sind umweltfreundlicher – und noch tödlicher. Erster Teil unserer Reihe über Bombenforschung an der LMU. (Im Bild: Klapötke in der Mitte)

Professor Dr. Thomas Matthias Klapötke nennt seine Forschung am Lehrstuhl für anorganische Chemie „Science for Knowledge and Peace“. Geforscht wird seit 2004 insbesondere an „Energetic Materials“, also an modernen Sprengstoffen, im Auftrag von friedfertigen Einrichtungen wie der US-Armee. 2012 flossen nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks 470.000 Euro durch militärische Einrichtungen der USA.

Eine grüne Bombe?

Das wichtigste Forschungsergebnis war bisher ein Sprengstoff, der von der LMU unter dem Namen „TKX-50“ im Jahr 2011 bei der Bayerischen Patentallianz, einer Vermarktungsagentur für Hochschulen, patentiert wurde. Das Besondere an diesem Sprengstoff ist, dass er im Gegensatz zum meist verwendeten Explosivstoff RDX ohne Bleiazid und Bleistyphnat auskommt. Bei der Explosion wandeln sich diese Substanzen in Blei um, das schädlich für Bodentiere und Trinkwasser ist. Es ist zudem giftig für das menschliche Nervensystem und wirkt krebserregend. Insbesondere auf Truppenübungsplätzen stellt die Kontamination ein großes Problem da. Die Reinigung ist teuer und führt zu erhöhten Bleiwerten beim Personal. Der Sprengstoff von Thomas Klapötke ist damit umweltverträglicher. Das kann aber nicht über den Hauptzweck, den militärischen Gebrauch, hinwegtäuschen. Also eine Bombe, die umweltfreundlich töten soll. Das weiß auch Klapötke:

Wenn das Elektroauto langsam fährt, kauft es keiner – auch wenn es umweltfreundlicher ist. Genauso wenig interessiert die Rüstungsindustrie und das Militär ein umweltfreundlicher Sprengstoff, wenn er weniger leistungsstark ist als der marktübliche.“

Dafür hat das Team um Klapötke mit dem TKX-50, dem Dihydroxylammoniumsalz von 5,5′-Bistetrazol-1,1′-diol, einen wahren Hochleistungsexplosivstoff entwickelt. Das Journal of Materials Chemistry beschreibt, dass es im Vergleich zu herkömmlichen Sprengstoffen weit weniger stoßempfindlich und weniger toxisch ist, eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen hohe Temperaturen aufweist, als auch billiger und leichter aus industriell ersetzbaren Grundstoffen herzustellen ist. Dazu kommt die vielleicht wichtigste Eigenschaft: eine höhere Explosivität. Das TKX-50 ist ein Sekundärsprengstoff. Es eignet sich damit für Gewehr- und Pistolenmunition, Bomben wie auch im zivilen Bereich für Sprengarbeiten im Bergbau.

Der explosivste Stoff der Welt

Darüber hinaus forscht Klapötke auch an Primärexplosivstoffen, also Stoffen, die eine Zündung herbeiführen. Die zentrale Anforderung ist, dass sie zuverlässig eine Explosion erzeugen, die stark und schnell genug ist, um den Sekundärsprengstoff zur Detonation zu bringen. Das ACS Central Science, eine Fachzeitschrift für chemische Forschung, berichtet in einem Artikel mit dem Titel ‚The Record Breakers‘, dass Klapötkes Team an einigen hochexplosiven Chemikalien forscht. Eines davon ist 1-Diazidocarbamoyl-5-azidotetrazol (C2N14), das weitläufig als explosivster Stoff der Welt gilt – diese Kategorisierung bezieht sich auf die Empfindlichkeit: „Just the lightest touch makes it go boom.“ Für die Forscher*innen ist es tatsächlich zu gefährlich, um es ausführlich zu testen und somit auch für den militärischen Gebrauch ungeeignet. Die Anforderung ist ein Stoff, der die meiste Energie pro Gramm oder die schnellsten Schockwellen erzeugt. Dafür hat das Team an der LMU 1,5-Di(nitramino)tetrazol entwickelt, das eine geeignete Verteilung von Sauerstoffatomen beinhaltet, für eine optimale „boost performance“ bei der Explosion. Klapötkes Team hofft, dass damit kleinere und leichtere Waffen gebaut werden können, um zum Beispiel Drohnen zu bestücken, die damit präziser feuern können.

Klapötkes Forschung beinhaltet neben Primär- und Sekundärexplosivstoffen weitere Anwendungsmöglichkeiten wie militärische Pyrotechniken und Oxidatoren für Raketenantriebe. Der Umfang dieser Projekte zeigt, dass es nicht in erster Linie darum geht, eine umweltschonende Technologie zu entwickeln. Klapötke sieht sich in politischer Mission:

Deutschland hat die Bundeswehr und ist Nato-Mitglied. Es ist nur logisch, seine eigenen Streitkräfte und die der Bündnispartner, wo immer es geht, zu unterstützen.“

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