Der 1. Mai in Konstanz

03.05.2023, Lesezeit 4 Min.
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Bild: geogif / Shutterstock.com

Der 1. Mai in Konstanz: Laute Forderungen nach mehr Wohnraum, günstigeren Mieten, besserem Lohn und Tarifverträgen

Unter dem Motto “Ungebrochen Solidarisch” des DGB wurde auch in Konstanz zu einer Demonstration und Kundgebung zum 1. Mai, dem Kampftag der Arbeiter:innenklasse, aufgerufen. Um 10 Uhr versammelten sich am Bodanplatz etwa 60-70 Demonstrierende. Anwesend waren neben dem DGB und ver.di, Genoss:innen der Jusos, Student:innen, die sich für die Tarifinitative für studentische Beschäftigte (TVStud) einsetzen, und einzelne Vertreter:innen der IG Metall und der IG BCE (IG Bergbau, Chemie, Energie). Auffällig war, dass anders als in den vergangenen Jahren weder Mitglieder von Parteiorganisationen dabei waren, noch revolutionäre Kräfte. Traditionell besteht der Demonstrationszug zum 1. Mai aus einem gewerkschaftlichen und einem revolutionären und marxistischen Block mit entsprechenden Bannern, Fahnen und Parolen: bis auf eine rote und anarchosyndikalistische Fahne war jedoch nichts zu sehen oder zu hören.

Dafür waren die Forderungen und Redebeiträge der Gewerkschafter:innen umso deutlicher. Gleich zu beginn wurde auf die historische Arbeiter:innenklasse in Konstanz verwiesen, die sich vor hundert Jahren kaum eine Wohnung leisten konnte und mehrheitlich in Baracken oder Kellern schliefen. Auch heute noch ist die Wohnungsnot in Konstanz brisant: seit Jahren ist die Stadt am Bodensee eine der teuersten Mittelstädte Deutschlands. 2022 mussten Mieter:innen 12,90 Euro pro Quadratmeter blechen. Auch für Studierende sieht es nicht besser aus. Jedes Semester gibt es mehr Studierende als Wohnungenin Konstanz: auch das treibt die Mieten in die Höhe. Durchschnittlich müssen Studierende 525 Euro für ein Zimmer bezahlen.

Um sich eine Wohnung leisten zu können, braucht es eine deutliche Erhöhung der Löhne und einen Tarifvertrag für alle. Das war der Tenor und die zentrale Losung des Gewerkschaftsblock. Während es zu Beginn wie ein Spaziergang anmutete, entwickelte sich gegen Ende eine Dynamik, die besonders von Vertreter:innen des TVStud angeheizt wurde. “Tarifvertrag für alle” und “alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will” dominierten die Parolen, die sich auch in einem Redebeitrag vor Galeria Kaufhof (ehemals Karstadt) wiederfanden. In Konstanz blieb zwar der Standort erhalten, allerdings musste die Belegschaft dafür stark bluten. Nicht nur kostete der Erhalt den Beschäftigten 15 Prozent ihres Jahresgehalts, auch wurden vielen mit untertariflichen Löhnen oder Kündigungen konfrontiert. Die Sicherheit der Arbeitsplätze ist also alles andere als gegeben, was die Forderungen nach einem Tarifvertrag für alle nochmals deutlich unterstrich.

Nach etwa 45 Minuten kam der Demonstrationszug über die Altstadt im Stadtgarten direkt am See zum Ende. Wenngleich nicht in der Demonstration präsent, war auch die Linkspartei mit einem kleinen Stand vertreten. Erstaunlicherweise war auch ein Vertreter der CDU vor Ort, der allerdings am Rand seinen Stand hatte und größtenteils eher mit Missgunst der Gewerkschafter:innen betrachtet wurde. Das ist wenig verwunderlich, denn die Konservativen sind auch in der Universitätsstadt nicht für ihre arbeiter:innenfreundliche Politik bekannt.

Es lässt sich zusammenfassen: die Stärke und Mobilisierung ging in den vergangenen Jahren zwar zurück und revolutionäre Kräfte blieben vollkommen weg (was auch ein Resultat der generellen Schwäche revolutionärer Kräfte hier vor Ort ist), dennoch wurden die Forderungen der Gewerkschafter:innen deutlich und gerade in dieser Zeit, in der die Menschen unter der Inflation und der Weltwirtschaftskrise leiden, ist es umso dringender, dass die Arbeiter:innenklasse geeint auf die Straße geht. In den vergangenen Wochen wurden die Gewerkschaftskämpfe immer präsenterund die Forderung nach einem Erzwingungsstreik im öffentlichen Dienst werden auch vor Konstanz nicht halt machen.

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