Demo zur Bayernwahl: Dieser Landtag vertritt uns nicht!

15.10.2018, Lesezeit 4 Min.
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Über zehn Millionen Menschen haben kein Wahlrecht in Deutschland. Narges Nassimi gibt ihnen eine Stimme. Rede anlässlich der Demo gegen den Rechtsruck bei der bayerischen Landtagswahl.

Liebe Genoss*innen,

die Wahlergebnisse wundern uns nicht. In unseren bisherigen Protesten und Aktivitäten haben wir immer wieder betont, dass der Rechtsruck auf dem Vormarsch ist. Diesen Sommer haben wir Tausende auf die Straße gebracht. Nicht um Wahlkampf zu machen, sondern um uns gegen die innere Militarisierung und die sozialen Angriffe zu wehren. Deshalb begrüße ich die heutige Versammlung. Wir müssen in der Lage sein Antworten zu geben!

Heute bin ich als eine Person hier, die kein Wahlrecht besitzt – genauso wie über zehn Millionen Menschen in ganz Deutschland. Deswegen sollten wir zuallererst über die Bedingungen sprechen, die sogar selbstverständliche Rechte ausschließen. Ich möchte euch daran erinnern, dass diesen Sommer die Migrant*innen und Geflüchteten genauso wie die deutschen Aktivist*innen auf die Straßen gingen, um gegen den Rechtsruck zu kämpfen. Wenn es dabei aber um selbstverständliche, bürgerliche Rechte geht – wie im Falle des Wahlrechts – werden wir systematisch ausgeschlossen. Wir haben ein Problem der Repräsentation und der Partizipation wenn Menschen an den Wahlen nicht teilnehmen dürfen, weil sie entweder die deutsche Staatsbürger*innenschaft nicht besitzen oder gar keinen Pass haben. Auch die Jugend betrifft dieses Problem: Sie dürfen prekär arbeiten, sie dürfen für das Vaterland in die Reihen der Bundeswehr oder zur Polizei rekrutiert werden,aber wählen dürfen sie nicht.

Im vergangenen Jahrhundert waren auch die Frauen davon ausgeschlossen. Wie verfault ein System sein kann, sehen wir in der Kontinuität der sich wiederholenden Erfahrungen der Unterdrückten. Vor einem Jahrhundert haben die Frauen als unterdrückte Gruppe für das Wahlrecht gekämpft. Heute im 21. Jahrhundert sprechen wir darüber, dass die Menschen, die hier leben, auch wählen dürfen sollen.

Die entscheidende Frage ist aber, ob unsere Probleme durch die Wahlen in einer kapitalistischer Gesellschaft gelöst werden können, auch wenn diese Wahlen demokratisch stattfinden würden?

Vor Jahrzehnten hat die bekannte Anarchistin Emma Goldman gesagt: Würden Wahlen etwas ändern, so wären sie verboten!

Ich würde das anders formulieren und zwar: Würden Wahlen der multi-ethnischen Arbeiter*innenklasse dabei helfen, ihren Willen zu diktieren, so wären sie verboten! Denn das Parlament gehört der Bourgeoisie und aktuell haben wir es überall mit rechten Parlamenten zu tun.

Die neoliberale Ordnung befindet sich in einer tiefgehenden Krise und die etablierten Parteien haben kein Rezept, diese Krise mit gewöhnlichen Methoden zu lösen. Überall auf der Welt herrschen Anspannungen und Polarisierungen. Die Etablierung der AfD im bayerischen Landtag steht in einer Kette von Krisen der neoliberalen Ordnung. Die Grünen wollen mit der CSU koalieren und der ohnehin rechte Landtag wird sicherlich mit der AfD weitere Angriffe auf uns alle bedeuten.

Deswegen müssen wir die heutige Initiative gemeinsam vorantreiben. Wir fordern die Linkspartei auf, die aktuellen Kämpfen in München weiter mit uns zu führen: die Kämpfe um bessere Pflege und eine gute öffentliche Daseinsvorsorge für alle! Um Bleiberecht gemeinsam mit Geflüchteten! Um das Recht auf kostenlose, sichere und legale Abtreibung sowie öffentliche Informationen darüber! Gegen jeden Schritt der AfD in den Straßen, Unis, Schulen und Nachbarschaften und gegen die „Sicherheits“-Politik der neuen Regierung, egal welche Farben sie trägt.

Kommt mit uns gegen den 1000-Kreuze-Marsch in München!

Es lebe die multi-ethnische Arbeiter*innenklasse! Hoch die internationale Solidarität!

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