Das war der feministische Kampftag in Berlin

09.03.2024, Lesezeit 5 Min.
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Bild: Tabea Krug / KGK

Über 20 Femizide allein in Deutschland seit Anfang des Jahres, ungleiche Löhne zwischen Frauen und Männer, ein drastischer Mangel an Pfleger:innen, Erzieher:innen und Lehrer:innen, aber auch der Aufstieg der AfD und die katastrophale humanitäre Situation von FLINTA und Kindern in Gaza: All das hat in Berlin 10.000 Menschen am Kreuzberger Oranienplatz anlässlich des feministischen Kampftags auf die Straßen gebracht.

Aufgerufen hatten der Gewerkschaftsverband DGB sowie verschiedene linke und feministische Organisationen unter dem Motto „Feministisch, Solidarisch, Gewerkschaftlich“. Auf den Lautsprecherwagen und auf der Bühne haben verschiedene Redner:innen die Notwendigkeit betont, für die vollständige Angleichung von Löhnen von Frauen und Männern und bessere Arbeitsbedingungen in feminisierten Sektoren zu kämpfen.  

Hanna, Mitglied der jungen GEW, kritisierte in ihrem Redebeitrag die geplanten Sozialkürzungen der Bundesregierung, die vor allem Frauen und FLINTA treffen. Sie betonte, dass schon heute 15.000 Plätze in Frauenhäusern fehlen. Außerdem machte sie auf die katastrophale Lage in Gaza durch den genozidalen Krieg Israels aufmerksam und kritisierte die Bundesregierung für ihre Unterstützung des Kriegs und das teilweise Einstellen der humanitären Hilfen. Besonders Schulen wurden durch den Krieg zerstört, Lehrkräfte werden seit Monaten nicht bezahlt. Sie forderte den DGB auf, gegen diesen Krieg zu mobilisieren. 

Eine Kollegin der IG BAU, die als Reinigerin für einen Baukonzern arbeitet, hat sich gegen die gesellschaftliche Abwertung ihres Berufs durch miese Löhne und Outsourcing gestellt. Sie forderte ein Ende von Outsourcing, das überwiegend Frauen trifft. 

Die Initiative „Schule muss anders“ verwies in ihrer Rede vor dem Finanzministerium auf die riesige Ungleichheit im Bildungssystem, die Kindern aus ärmeren Familien, insbesondere Kindern alleinerziehender Frauen, benachteiligt. Sie kritisierten auch, dass die Bundesregierung 100 Milliarden Euro für die Aufrüstung bereitstellt, während sich der Erzieher:innen- und Lehrer:innenmangel immer weiter zuspitzt.

Klasse Gegen Klasse beteiligte sich mit einem eigenen Block. Gemeinsam mit der Hochschulgruppe Waffen der Kritik sowie der feministischen Gruppierung Brot und Rosen betonten wir die Notwendigkeit, den feministischen und gewerkschaftlichen Kampf mit einem Kampf gegen den Krieg in Gaza zu verbinden, unter dem vor allem FLINTA und Kinder leiden. Die Fehlgeburtenrate in Gaza ist seit Beginn des Kriegs um 300 Prozent gestiegen, die Gesundheitsversorgung ist durch die Zerstörung fast aller Kliniken durch die israelische Armee fast vollständig kollabiert. 

Wir stellen uns damit auch gegen die Positionen unserer Gewerkschaftsführung, die die Politik der Bundesregierung unkritisch unterstützen und zu den Zehntausenden Toten in Gaza durch den israelischen Genozid kein Wort verlieren. Obwohl sich an der Basis der Gewerkschaften durchaus einige mit Palästina solidarisieren und Kritik an den israelischen Angriffen äußern, waren auf der Demonstration jegliche Partei- und Nationalfahnen unerwünscht. Eine Maßnahme, die sich insbesondere gegen pro-palästinensische Kräfte richtet – mit Parteifahnen der Grünen und der SPD hatte man kein Problem. Wir verurteilen diesen Angriff, der eine – wenn auch abgeschwächte – Fortsetzung der Repression darstellt, die sich seit Monaten gegen Palästina-Solidarität richtet.

Repression der Polizei

Genau an jenem Tag, an dem weltweit Millionen von Menschen gegen die Unterdrückung des Patriarchats auf die Straße gingen, kam es wieder einmal zu Angriffen auf Demonstrant:innen seitens der Berliner Polizei. Bereits auf der Gewerkschaftsdemo war eine relativ hohe Polizeipräsenz sichtbar, was für diese Demonstration eher ungewöhnlich ist. Nachmittags auf der internationalistischen FLINTA Demonstration begann die Polizei viele Demonstrant:innen durch die Straßen zu jagen. Mehrere Teilnehmer:innen wurden festgehalten und verhaftet, darunter eine Genoss:in von Klasse Gegen Klasse und unserer marxistischen Hochschulgruppierung Waffen der Kritik. Selbst nach der Demonstration wurden Menschen auf dem Heimweg von der Polizei verfolgt.

Es zeigt sich wieder einmal mehr, dass die Polizei im Interesse des patriarchalen Systems versucht, kritische Stimmen dagegen mit Gewalt, Einschüchterung, Verfolgung und Festnahmen zum Schweigen zu bringen. 

Anstatt sich hinter die Regierung und ihren Institutionen, wie die Polizei zu stellen, die tagtäglich die Rechte von FLINTA angreifen, braucht es demokratische Diskussionen in den Gewerkschaften und den Betrieben dazu, wie Gewerkschaften in Deutschland dazu beitragen können, durch Massenmobilisierungen den Krieg Israels gegen Gaza zu beenden. 

Erste Beispiele dafür sind Kolleg:innen wie Hanna von der jungen GEW und G4P (Gesundheit 4 Palestine), eine Gruppe Berliner Gesundheitsarbeiter:innen, die sich mit der palästinensischen Befreiungsbewegung solidarisieren.  

Franziska, Hebamme in Ausbildung und Teil der Gruppe G4P, hielt eine Rede. Darin sprach sie über die katastrophale Lage für Gebärende in Gaza aus und klagte die Mitverantwortlichkeit der deutschen Regierung an:

Annalena Baerbock als selbsternannte Feministin gibt sich betroffen über die Lage von Gazas Frauen und forderte zuletzt wieder einen Waffenstillstand. 

Aber keine Hilfslieferung und keine verbale Ablehnung der Bombardierungen kann uns darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland weiterhin Waffen an Israel exportiert und nicht anerkennt, dass die IOF Kriegsverbrechen und nachweislich sexualisierte Gewalt gegen palästinensische Frauen begeht.

Franziska, Hebammenauszubildende

Die Gruppe G4P fordert neben dem Stopp der Waffenlieferungen nach Israel auch die Wiederaufnahme der finanziellen Unterstützung der UNRWA. Die Kolleg:innen stehen ein für ein Ende der Kriminalisierung palästina-solidarischer Bewegungen und fordern ein Ende der illegalen israelischen Besatzung .

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