Das Vorbild des Arbeitskampfes bei Whirlpool in Italien kann die 1.300 Jobs bei Daimler Düsseldorf retten

15.11.2020, Lesezeit 4 Min.
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Foto: IG Metall Bayern: https://www.flickr.com/photos/igm-bayern/38936933254/in/photostream/

Bei Galeria Kaufhof/Karstadt gab es keinen einzigen Streiktag gegen die 4.000 Kündigungen. Gleiches droht gerade beim Daimlerwerk in Düsseldorf mit 1.300 Entlassungen. Aber ein Beispiel aus Italien zeigt, wie Arbeitskampf aussehen kann, wenn man sich nicht nur auf die Gewerkschaftsführungen und die Politik verlässt. Von Daniel Umbscheiden, ehemaliger Beschäftigter bei Kaufhof.

Galeria Kaufhof/Karstadt ging verloren, weil nicht gekämpft wurde!

Mein Name ist Daniel Umbscheiden und ich habe noch vor kurzem bei Galeria Kaufhof/Karstadt gearbeitet. Seit dem 31.Oktober 2020 bin ich arbeitslos da es keinen Plan B gab im Arbeitskampf, bzw. dieser nicht umgesetzt wurde. Galeria Kaufhof/Karstadt war ein standhaftes Unternehmen mit 172 Filialen, von denen letztlich 42 geschlossen wurden.

Der Arbeitskampf beschränkte sich im größten Teil nur auf die Betriebsräte, die sich Hilfe bei Gewerkschaften und der Politik suchten. Es wurden viele Gespräche geführt, viele Hände geschüttelt und es gab einige mündliche Zusagen zur Unterstützung der Arbeitnehmer:innen, damit sie nicht ab dem 31. Oktober auf der Straße stehen. Dabei blieb es aber letztendlich auch. Durch die Politik wurden die Mitarbeiter:innen in falsche Sicherheit gewiegt.

Es wurde also nur ein Arbeitskampf ohne Streik organisiert und die Gewerkschaft lud ab und an mal ein, um zu zeigen, dass sie „für euch da sind“, ABER nur wenn gerade hohe Politiker:innen eingeladen wurden. Dann sprachen diese auf den Kundgebungen, ansonsten gab es nur an Samstagen Aktionen mit ein paar Luftballons und Westen für die Mitarbeiter:innen, um etwas Werbung zu machen aber Verantwortliche von der Gewerkschaft waren weit und breit nicht zu sehen.

Beschäftigte in Italien zeigen, wie Arbeitskampf geht

Schauen wir nach Italien bzw. auf die US-Firma „Whirlpool“ in Neapel. Das Werk sollte am 31.Oktober 2020 Werk geschlossen werden. Trotz der Versprechen der Regierung zu helfen, fallen am Ende 400 Arbeitsplätze mitten in der Pandemie weg, in der es eh schwierig ist, einen neuen Job zu finden. Genau wie bei Galeria Kaufhof/Karstadt wurden viele Gespräche geführt und Hände geschüttelt. Zusammen mit der Gewerkschaft wurden Verhandlungen geführt, um die Arbeitsplätze zu sichern und Investitionen von 250 Millionen in den nächsten 3 Jahren vorzunehmen. Es hieß, das Unternehmen sei zu Jobgarantien verpflichtet worden im Austausch für wirtschaftliche Anreize und Steuererleichterungen. Nichts davon passierte und die Investitionen blieben aus und man erklärte, dass das Werk geschlossen werden muss. Das gleiche Schicksal von Galeria Kaufhof/Karstadt trifft auch Whirlpool.

Doch der Unterschied zum Arbeitskampf in Deutschland kam in Italien deutlich zum Vorschein. Die Arbeitnehmer:innen ließen dies nicht auf sich sitzen und riefen selbst zu Streiks und Besetzungen auf, um darauf aufmerksam zu machen, was gerade mit ihnen in der Pandemie gemacht wird. Dies weckte eine riesige Welle der Solidarität und man sammelte zum Beispiel bei einer Petition über 60.000 Unterschriften.

Am 5. November besetzten die Arbeitnehmer:innen einen Bahnhof, um die Regierung auf sich aufmerksam zu machen und die Versprechen der Politik einzufordern. Sie machten damit ihrem Unmut Ausdruck und zeigten, dass man es nicht akzeptiert, wenn die Politik nicht handelt. Man will das Versprechen der Arbeitsplatzsicherheit eingelöst sehen. Am 9. November besetzten die Arbeitnehmer:innen nun auch den Flughafen in Neapel, um zu zeigen, dass man sie nicht mit warmen Worten stehen lassen kann.

Kampf gegen Entlassungen bei Daimler, MAN und Co. organisieren

Auch in Deutschland wären dies wichtige Schritte, die Arbeitnehmer:innen gehen sollten, um zu zeigen, dass man nicht den Aktionär:innen Millionen an Dividenden ausschütten kann, während man hunderte Mitarbeiter:innen in Zeiten der Pandemie auf die Straße schmeißt. Tausende Beschäftigte bei Galeria Kaufhof/Karstadt, der Lufthansa oder auch im Automobilsektoren wie bei MAN sind von Entlassungen betroffen. In Düsseldorf feuert Daimler in seinem Sprinterwerk 1.300 Leiharbeiter:innen. Trotz Gewinnen und Dividenden-Ausschüttungen sollen sie in die Arbeitslosigkeit gehen.

Das kann nicht der richtige Weg sein und wir wollen keine Politik, die dies einfach zulässt. Deswegen müssen wir dafür kämpfen, dass auch hier in Deutschland die Entlassungen nicht einfach hingenommen werden und die Arbeitnehmer:innen selbst aktiv werden. Die Beschäftigten müssen ihr Recht auf Streiks und Besetzungen wahrnehmen sowie unsere DGB-Gewerkschaften dazu auffordern, diese Entlassungen nicht hinzunehmen!

Die Unterschiede zwischen Italien und Deutschland sind deutlich zu sehen und man erkennt, dass es nur zu Arbeitslosigkeit führt, wenn man alles hinnimmt. Einen Ausweg, der wirkt, zeigen die Kolleg:innen in Italien, die selbstständig zu Streiks und Besetzungen aufrufen!

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