Das uneheliche Kind im 21. Jahrhundert
Im patriarchalen Kapitalismus im 21. Jahrhundert behält die Benachteiligung der uneheliche Kinder ihre Aktualität – trotz der Veränderung der "traditionellen Familie". Von einer Schülerin von Brot und Rosen und der marxistischen jugend.
„Ehe ist das Grab des Vertrauens und der Liebe“ – Olympe de Gouges (1748- 1793), einer der bedeutendsten Vorkämpferinnen für Frauenrechte.
Olympe de Gouges (mit Namen Marie Gouze) wurde 1748 in Montauban, einer Stadt im Südwesten Frankreichs, als „uneheliche“ Tochter eines Adeligen geboren. Schon früh erkannte sie die Benachteiligung der „unehelichen Kinder“ und des weiblichen Geschlechts auf allen Ebenen. Ihre „Erklärung der Frauen- und Bürgerinnenrechte“ von 1791 gilt als Gründungsurkunde des Feminismus. Sie schrieb außerdem Pamphlete gegen Sklaverei und Rassismus und forderte früh die Einrichtung von Frauenhäusern, eine vollständige Gleichstellung, Unabhängigkeit und politische Rechte für Frauen ein.
Dieser Text von einer Schülerin von Brot und Rosen und der marxistischen jugend zeigt, dass im patriarchalen Kapitalismus im 21. Jahrhundert die Benachteiligung der uneheliche Kinder ihre Aktualität beibehält – trotz der Veränderung der „traditionellen Familie“. Denn die Aufrechthaltung der Familie als ökonomische Zwangsgemeinschaft und die Institution der Reproduktion ist für die herrschenden Klasse und das Kapital notwendig.
Das uneheliche Kind im 21. Jahrhundert
Familienstrukturen haben sich geändert – zumindest in der Stadt. Welches Kind wird heute noch in einer Ehe gezeugt und groß gezogen? Welches Kind wächst noch mit Mama und Papa unter einem Dach auf? Auf dem Land ist das vielleicht noch Normalität, in der Stadt aber ganz sicher nicht mehr. Die moderne Frau arbeitet und wahrt ihre Selbstständigkeit, eine Eheschließung zur finanziellen Absicherung braucht sie nicht. Auch hinterfragt sie die Eheschließung als Liebesbeweis. Braucht es eine Ehe, wenn ich die Liebe auch in einer normalen Partnerschaft zeigen, geben und leben kann? Das gemeinsame Leben, „bis dass der Tot sie scheidet“ – heutzutage eine Utopie. Und auch stellt sich die Frage, „warum an einer kaputten Ehe fest halten“, wenn die Chance auf eine neue, glückliche Beziehung besteht? Meine Oma versteht diese Punkte, dennoch macht es für sie einen Unterschied, dass meine Schwester ehelich – trotz gescheiterter Ehe – ist, und ich eben nicht.
Und so ist mein Stand „die uneheliche Tochter“ meiner Familie eben nicht egal. Ich bin „das schwarze Schaf“, der „Unfall“, das „Problem“ auf der väterlichen Familienseite. Warum ich nicht nur „der Unfall“, sondern viel mehr „das Problem“ bin, liegt an meiner Mutter. Meine Mutter, die in Sachen Verhütung versagt hat. So kann also der Sexismus in unserer Gesellschaft aussehen. Die Frau, welche für die Verhütung zuständig ist und dem Mann das Kind unterschiebt. „Sie würde Temperatur messen“, sagte meine Oma, „dein Papa hat sich darauf verlassen.“
Besonders störe ich mich am Punkt Verhütung. Das „Temperatur messen“ nennt sich auch „natürliche Familienplanung“. Jeder Frauenarzt warnt davor, dass diese Methode auf keinen Fall einen vollständigen Empfängnisschutz gewährleisten kann. In Kombination mit Kondomen ist diese Methode allerdings sehr sicher. Wäre es meinem Vater also so wichtig gewesen, kein Kind zu bekommen, wäre es auch seine Verantwortung gewesen zu verhüten – nicht nur die meiner Mutter. Dieses Verhalten des Mannes, ist in unserer Gesellschaft nicht unbekannt und ganz offensichtlich rückständig und in einem sehr hohen Maß sexistisch. Warum sollte nur die Frau für die Verhütung zuständig sein? Zu einer Zeugung braucht es bekanntlich zwei – Mann und Frau.
Der angebliche Fehler meiner Mutter dient als Rechtfertigung für meinen Vater, sich aus dem Staub zu machen. Er ließ meine Mutter ohne jegliche Unterstützung zurück. Wer aber auf längere Sicht darunter leidet, ist das Kind, das bin ich. Warum muss ich mich damit beschäftigen, ob ich nun gewollt oder ungewollt, ehelich oder unehelich, geplant oder nicht geplant war? Warum muss ich darunter leiden, keinen richtigen Vater gehabt zu haben?
Mann und Frau, beide tragen die Verantwortung für ein Kind. Ich bin zu gleichen Teilen aus ihnen gemacht und ich habe oft darunter gelitten, dass sich mein Vater nicht bei mir meldet. Nur ist es eben für den Mann einfacher, sich aus dem Staub zu machen, als für die Frau, die das Kind ja in sich trägt. Sind wir den patriarchischen Strukturen noch so sehr unterworfen, dass die Verhütung allein eine Frage der Frau ist? Warum klärt der Staat nicht besser auf und unterstützt die arbeitende Frau? Es ist Aufgabe der Gesellschaft, den Mann in die gleiche Verantwortung zu holen wie die Frau, da es mit einem Minimum an Unterhalt noch lange nicht getan ist. Die fehlende Unterstützung des Mannes zwingt viele Frauen in Deutschland täglich zu einer Abtreibung, welche anschließend auch noch durch den Staat und die Gesellschaft kriminalisiert und verurteilt wird. Warum lässt die Pharmaindustrie die für die Frau im hohen Maße schädliche Pille auf dem Markt und boykottiert die Pille für den Mann, da sie „Nebenwirkungen“ mit sich bringt? Ich fordere die Gleichstellung von Mann und Frau, welche auch in Deutschland noch zu großen Stücken rückständig ist.