Das politische Erbe von Obama

01.02.2017, Lesezeit 8 Min.
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FILE - In this Friday, Dec. 18, 2015, file photo, President Barack Obama speaks during a news conference in the White House Brady Press Briefing Room in Washington. Obama is slated Monday, Jan. 4, 2016, to finalize a set of new executive actions tightening the nation’s gun laws. (AP Photo/Pablo Martinez Monsivais, File)

Nach zwei Amtsperioden hat Obama das Weiße Haus verlassen. Befristete Arbeitsverhältnisse, Teilzeitarbeit, ethnische Spannungen, Bankenrettungen und eine Krise im mittleren Osten sind die wichtigsten Aspekte seines politischen Erbes.

Barack Obama verlässt das Weiße Haus mit einer Zustimmungsquote von über 50%. Doch trotz seines Images als „progressiver“ Präsident enthält sein politisches Vermächtnis prekäre Arbeitsverhältnisse, erhöhte ethnische Spannungen, eine neue verarmte Generation, die in Schulden versinkt, und die Deportation von Millionen Migrant*innen.

Auch wenn er versucht zu betonen, dass seine Außenpolitik Handelsbeziehungen mit Kuba, sowie eine Politik des Dialogs mit dem Iran, ermöglichte, so ist sie doch geprägt von Handelskriegen mit Europa und einer Zuspitzung der Krise in Syrien und dem Irak.

Die letzten Tage seiner Präsidentschaft waren gefüllt von symbolischen Gesten, so zum Beispiel die Verleihung der Medal of Freedom an fortschrittliche Personen und Berühmtheiten oder das Herabsenken des Strafmaßes für politische Gefangene, wie dem puerto-ricanischen Unabhängigkeitskämpfer Óscar López Rivera oder der ehemaligen Soldatin Chelsea Manning, die geheime Dokumente an WikiLeaks weitergereicht hat. Jedoch hat Obama es abgelehnt die Haftstrafe für Leonard Peltier zu senken, einem Aktivisten der amerikanischen Urbevölkerung, der für die Tötung von zwei FBI-Agenten verurteilt wurde, trotz gegensätzlicher Beweise.

Trotz dieser letzten Gesten verlässt Obama Washington mit Rekorden für die Deportation von Migrant*innen und Drohnen-Angriffen und ohne sein Versprechen eingelöst zu haben, das Gefangenenlager Guantanamo zu schließen.

Arbeitsmarkt

Während der Präsidentschaft von Barack Obama sank die Arbeitslosigkeit auf ihren derzeitigen Stand von 4,9 Prozent, also ungefähr 7,8 Millionen Menschen. Aber was die Massenmedien nicht berichten, ist, dass die große Mehrheit, der 14 Millionen Arbeitsplätze, die nach der Wirtschaftskrise 2008 geschaffen wurden, prekäre Arbeitsverhältnisse darstellen, mit niedrigen Löhnen, vor allem im Dienstleistungs-Sektor.

Die Bewegung Fight For 15, die einen flächendeckenden Mindestlohn von 15 US-Dollar pro Stunde einfordert, entstand vor allem als Reaktion auf die geschaffenen Jobs im Niedriglohn-Sektor, unter der Präsidentschaft von Barack Obama. Trotz des enormen Drucks, den die Bewegung ausübt, um den Mindestlohn anzuheben, konnten nur einzelne Erfolge erreicht werden, vor allem auf lokaler und regionaler Ebene. Der flächendeckende Mindestlohn bleibt weiterhin bei 7,25 US-Dollar pro Stunde.

Ungleichheit

Obwohl die US-Regierung über drei Billionen US-Dollar in Finanzierungspakete gesteckt hatte, profitieren davon nicht diejenigen, die es am stärksten benötigen. Während Unternehmen und Banken gerettet wurden stagnierten die Löhne und der Anteil, der unter Armut leidenden Bevölkerung, stieg auf 13,5 Prozent. In der Folge stieg das Einkommen der reichsten 1 Prozent um 31 Prozent, während es für den Rest weitgehend gleich blieb.

Der Widerstand gegen diesen enormen Transfer gesellschaftlichen Reichtums, an eine kleine Minderheit von Multimillionär*innen, führte zur Entstehung der Occupy-Bewegung, welche die zunehmende Ungleichheit verurteilte. Unter Barack Obama entstand die Politik zur Rettung der Banken, des Finanzsektors und der großen Unternehmen.

Die Last der Studienkredite

All jene die nach 1980 geboren wurden, müssen, als erste Generation der USA, schlechtere Lebensbedingungen ertragen, als ihre Eltern. Aufgrund prekärer Arbeitsverhältnisse und fehlenden Möglichkeiten finanziell unabhängig von ihren Familien zu sein, bleibt vielen Leuten der Zugang zu einer höheren Bildung verwehrt.

Einem großen Teil der US-Bevölkerung ist diese Möglichkeit verwehrt oder er sieht sich nach dem Abschluss mit einer zunehmenden Schuldenlast konfrontiert. Die letzte Generation von Hochschul-Absolvent*innen brach den Rekord, mit einer durchschnittlichen Schuldenlast von 35.000 US-Dollar pro Student*in.

Dies war einer der Gründe, weshalb so viele junge Menschen die Kandidatur von Bernie Sanders, bei den Vorwahlen der Demokratischen Partei, unterstützten, wo er ein Programm vorstellte, welches jedem den kostenlosen Zugang zu einer Hochschulbildung ermöglichen sollte. Barack Obama hingegen hat nichts an diesem gewinnorientierten Bildungssystem geändert und Hillary Clinton griff das Thema erst auf nachdem durch die Kampagne von Bernie Sanders klar war, dass dies ein wichtiges Thema im Wahlkampf sein wird.

Rassismus

In den letzten zwei Jahren nahm die rassistische Polizeigewalt enorm zu. Dies führte zu einer Welle von Protesten im ganzen Land. Von Ferguson aus breiteten sie sich auf Städte wie Baltimore, New York und Charlotte aus.

Der Rassismus äußert sich nicht bloß durch die von Polizist*innen begangenen Morde, von denen in 40 Prozent der Fälle Afro-Amerikaner*innen betroffen sind, obwohl sie nur 13 Prozent der Bevölkerung ausmachen, sondern auch in den US-Gefängnissen, wo 37 Prozent der Inhaftierten Afro-Amerikaner*innen sind.

Wenn wir uns die Einkommen anschauen ist der Rassismus noch krasser. Das durchschnittliche Einkommen weißer Familien lag 2007 bei 58.000 US-Dollar und sank bis 2013 auf 55.000 US-Dollar. Währenddessen sank das durchschnittliche Jahreseinkommen nicht-weißer Familien von 41.000 US-Dollar auf 34.000 US-Dollar. Dies geschah während der Präsidentschaft von Barack Obama.

Das Auftreten der Bewegung Black Lives Matter ist eine Reaktion auf den institutionellen und den historischen Rassismus. Das Ende der Illusion, dass der Rassismus innerhalb der USA überwunden werden könne, ging einher mit der zunehmenden Unzufriedenheit über die unerfüllten Versprechungen von Barack Obama.

Gesundheitsversorgung

Obamas Gesundheitsreform, die mit allerlei Tamtam angekündigt und 2014 eingeführt wurde, war extra auf die Bedürfnisse der Unternehmen im Gesundheitsbereich zugeschnitten. Obwohl die Gesundheitsversorgung der ärmeren Bevölkerung insgesamt zunahm, waren die meisten Neuversicherten gezwungen eine Krankenversicherung auf dem Markt abzuschließen. Dennoch verfügen weiterhin 30 Millionen Menschen in den USA über keine Krankenversicherung. Oben drauf kommen noch undokumentierte Migrant*innen, da diese von der Statistik nicht erfasst werden können.

Massendeportation von Migrant*innen

Neben den fremdenfeindlichen und rassistischen Sprüchen von Donald Trump erscheint Barack Obama wie der Schutzpatron der Migrant*innen. Dennoch wird er uns als ein Präsident in Erinnerung bleiben, der eine ungeheure Anzahl von Deportationen hat durchführen lassen.

Im Jahr 2014 kündigte Obama einen Präsidentenerlass an, durch den 4 Millionen Migrant*innen, die als Minderjährige in die USA kamen, vorübergehend ein Aufenthaltsrecht gewährt wurde, was jedoch 7 Millionen undokumentierte Migrant*innen ausließ. Die Regierungen verschiedener US-Bundesstaaten verhinderten eine Umsetzung dieser Verordnung. Doch das hielt Obama nicht davon ab 2,5 Millionen Menschen zu deportieren. Damit ließ er mehr Menschen deportieren als jeder andere Präsident vor ihm. Sein Vorgänger, Georg W. Bush, ließ mehr als eine halbe Millionen Menschen deportieren.

Der Drohnen-König

Obamas Vermächtnis schließt auch seine Verantwortung, in den Krisen und Kriegen in verschiedenen Ländern des Nahen Ostens, mit ein. Trotz einer Verringerung der Präsenz von US-Truppen, in Afghanistan und Irak, erhielt Obama die US-Militärintervention in diesen Ländern aufrecht und erweiterte den Einsatz von Drohnen, was die Zahl der getöteten US-Soldat*innen verringerte, aber die Opferzahlen der Zivilbevölkerung in diesen Ländern erhöhte. Am klarsten wurde dies an der Grenze zwischen Pakistan und Afghanistan, wo „Kollateralschäden“ zum Regelfall wurden. Obama bombardierte mehr Länder als Präsident Bush. Während Bush vier Länder bombardieren ließ wurden unter Obama sieben Länder durch US-Truppen bombardiert. Unter Präsident Obama fielen 72 Bomben pro Tag, also drei Bomben pro Stunde, im Jahr 2016.

Als Teil des „Krieges gegen den Terrorismus“ unterstützte Obama die saudische Monarchie, bei der Bombardierung des Jemen, und finanzierte direkt die Entwicklung von Waffen, durch die israelische Armee. Die Vereinigten Staaten führten auch die Koalition gegen den islamischen Staat, im syrischen Bürger*innenkrieg, an, durch den über 350 Tausend Menschen in den letzten fünf Jahren ums Leben kamen. Diese Politik hat die Region in eine humanitäre Krise von historischem Ausmaß gestürzt, die unter anderem auch die aktuelle europäische Migrationskrise mit ausgelöst hat.

Wer wohnt im Weißen Haus?

Es besteht kein Zweifel daran, dass Donald Trump und die republikanische Mehrheit im Abgeordnetenhaus und im Senat bereit ist, eine Reihe reaktionärer Reformen umzusetzen. Sie haben sogar gedroht Erfolge, wie das Recht der Frauen auf reproduktive Gesundheit, also auch auf Abtreibung, abzuschaffen und strengere Maßnahmen gegen Migrant*innen durchzusetzen, neben weiteren Maßnahmen.

Der neue Bewohner im Weißen Haus wird kein Freund der Arbeiter*innen, Migrant*innen, Afro-Amerikaner*innen oder der Frauen sein, weswegen massive Proteste gegen Trump organisiert wurden, nachdem die Wahlergebnisse bekannt gegeben wurden. Von seinen Gesten und Reden abgesehen, zeigten die zwei Amtsperioden Obamas deutlich, dass der Bewohner*innen des Weißen Hauses zu jeder Zeit ein Vertreter der imperialistischen Bourgeoisie und der Befehlshaber des mächtigsten Militärapparates der Welt ist.

Dieser Artikel bei Left Voice

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