Das kleinere Übel: mit der Linkspartei zum CDU Ministerpräsidenten
In Thüringen wurde der CDU-Politiker Mario Voigt zum Ministerpräsidenten gewählt. Seine Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD war dafür auf Stimmen der Linkspartei angewiesen. Die hat ihm Bodo Ramelow bereitwillig verschafft.
Mario Voigt (CDU) ist neuer Ministerpräsident in Thüringen und folgt damit auf Bodo Ramelow (Linke). Mit 51 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 32 Gegenstimmen wurde Voigt im ersten Wahlgang gewählt. Somit gibt es erstmals eine Koalition aus CDU, BSW und SPD, die sogenannte Brombeer-Koalition. Die drei Parteien kommen zusammen allerdings nur auf 44 der 88 Sitze im Landtag und haben die absolute Mehrheit um einen Sitz verfehlt. Deshalb waren sie bei der Wahl des Ministerpräsidenten auch auf Stimmen der Linkspartei angewiesen. Bodo Ramelow, der selbst zehn Jahre Ministerpräsident in Thüringen war, engagierte sich laut eigener Aussage dafür, dass die Mitglieder seiner Partei für den CDU-Kandidaten stimmen, um ein Chaos wie bei der Wahl von FDP-Mann Kemmerich zu vermeiden. Dieser war damals mit Stimmen der AfD ins Amt gewählt worden, was zu einer Regierungskrise führte, an deren Ende Kemmerich zurücktrat und Ramelow wieder Ministerpräsident wurde.
“Wir trennen klar zwischen Asylsuchenden und Fachkräften.“
Mario Voigt gilt als Vertrauter des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. Die beiden verbindet neben der Verachtung der Grünen, denen Voigt “ideologische Klimapolitik” vorwirft, vor allem der Hass auf Geflüchtete. Im Wahlkampf zeichnete Voigt eine Vision von einem “eindeutigen Ordnungskonzept”. Was das bedeutet, lieferte er als Erklärung direkt nach: “Wir trennen klar zwischen Asylsuchenden und Fachkräften.“ Ebenso wie die AfD machte Voigt Migration zu seinem Top-Wahlkampfthema. Er übernimmt auch ihre menschenverachtende Rhetorik in Bezug auf Geflüchtete, teilt sie in nützliche (“Fachkräfte”) und unnütze (“Asylsuchende”) Ausländer ein. Dabei stellt er indirekt auch das Asylrecht in Frage, wenn er ankündigt, die Migration begrenzen zu wollen und mehr abzuschieben. Es verwundert deshalb nicht, dass sich Voigt nach der Wahl offen dafür gezeigt hat, “die Sachargumente oder Ideen der Opposition gut anzuhören“.
Die Offenheit für die Opposition gilt dabei vor allem der AfD. Gegenüber der Linken ist Voigt deutlich skeptischer, auch wenn er sich von ihnen zum Ministerpräsidenten wählen ließ. Zufrieden ist er mit seinen Koalitionspartnern, vor allem dem Bündnis Sahra Wagenknecht, sicher nicht. Angesprochen auf seine Abneigung der Linkspartei gegenüber äußerte er sich in einem Interview folgendermaßen: „Mein Großvater wurde 1953 von den Kommunisten und Sowjets zwangsweise aus seiner Heimat im Thüringer Grenzgebiet ausgesiedelt, und das nur, weil er als Christ politisch nicht in ihr schiefes Bild passte.“ Die Mitgliedschaft und die ideologische Nähe zu den rechten Positionen der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) werden dabei geflissentlich ausgeblendet.
Das kleinere Übel: die strategische Sackgasse der Linken
Die ehemals linke Tageszeitung Taz ordnete die Wahl Voigts durch die Stimmen der Linkspartei als “richtige Konsequenz” ein. Man nehme dadurch der AfD jeden Raum, durch Taktiererei “Spielchen mit der parlamentarischen Demokratie” zu treiben und einen zweiten Fall Kemmerich zu provozieren. Diese Einschätzung bringt das politische Kalkül der Linkspartei auf den Punkt: die parlamentarische Demokratie um jeden Preis erhalten, Inhalte und tatsächliche Politik, die dadurch durchgesetzt werden, sind erstmal zweitrangig. So ist es auch kein Widerspruch, für einen CDU-Mann zu stimmen, der sich abwertend und entmenschlichend gegenüber Geflüchteten äußert und die Politik durchsetzen will, die die AfD fordert.
Darin zeigt sich das ganze Elend der Linken und ihrer Strategie in Bezug auf den Rechtsruck: Durch den alleinigen Fokus auf die AfD und die politische Maxime, eine Regierungsbeteiligung dieser Partei um jeden Preis zu verhindern, ist man völlig blind geworden gegenüber seinen “Verbündeten” und der Politik, die sie eigentlich betreiben. Auch Mario Voigt ist Teil des Rechtsrucks. Seine Rufe nach einem Ordnungsstaat und der Hass gegen Geflüchtete sind nichts anderes als ein Ausdruck dieses Momentums. Indem die Linkspartei diesen Mann als Ministerpräsidenten unterstützt, macht sie sich mitverantwortlich für die Politik, die er in dieser Funktion umsetzen wird.
Für eine revolutionäre Perspektive
Wir schlagen eine andere Politik gegen den Rechtsruck vor. Die AfD wird nicht durch Manöver in den Parlamenten besiegt, sondern auf der Straße geschlagen: durch Streiks und Massenmobilisierungen, gegen den Rechtsruck, gegen Kürzungen, für eine Welt ohne Grenzen, Krieg und Ausbeutung. Deshalb organisieren wir uns und laden alle, die ebenfalls genug haben von der Mär des geringeren Übels, sich uns anzuschließen. Um auch auf dem Wahlzettel eine Alternative zu bieten, haben wir uns als RIO entschieden, gemeinsam mit der RSO in einer Wahlfront zur Bundestagswahl anzutreten. In drei Wahlbezirken in Berlin und München wollen wir den Wahlkampf nutzen, um für eine revolutionäre Perspektive zu werben. Wenn du uns dabei unterstützen willst, laden wir dich herzlich ein, dich an unseren Wahlkampfkomitees in Berlin und München zu beteiligen und unseren Wahlkampf aktiv mitzugestalten. Außerdem sind wir für die Finanzierung unserer Kampagne auf Spenden angewiesen. Wir behalten unsere politische Unabhängigkeit und nehmen kein Geld vom Staat oder von Unternehmen.
Lasst uns gemeinsam kämpfen für eine bessere Welt ohne geringes Übel!