CSD in Münster: Antifaschismus und queere Befreiung gehen Hand in Hand!
Im Kampf für queere Befreiung und gegen Rechts können wir uns nicht auf den bürgerlichen Staat und Konzerne verlassen. Diese Botschaft brachten wir mit unserem klassenkämpferischen, internationalistischen Block lautstark auf die Straße.
Am vergangenen Samstag zogen in Münster über 13.500 Menschen beim CSD-Demonstrationszug, dem Höhepunkt der Pride-Week, durch die Innenstadt, um ihren Forderungen nach echter Gleichberechtigung und gegen Unterdrückung Ausdruck zu verleihen. Angesichts des wachsenden Rechtsextremismus, queerfeindlicher Angriffe wie dem Mord an Malte C. beim Münsteraner CSD 2022, der Vereinnahmung queerer Protestformen durch Polizei und Konzerne sowie der Notwendigkeit einer internationalistischen Perspektive im queeren Befreiungskampf organisierten wir gemeinsam mit anderen linken Gruppen – darunter die Revolutionäre Linke, SDAJ, SDS, linksjugend, Linkspartei, Internationaler Jugendverein, Aufbruch, Palästina Antikolonial – auf der Grundlage eines gemeinsamen politischen Programms einen starken antifaschistischen, antikapitalistischen und internationalistischen Block. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr sorgten die Größe und die kämpferische Stimmung unseres Blocks dafür, dass die Veranstalter:innen uns diesmal nicht aufforderten, politische Transparente und Fahnen herunterzunehmen oder versucht haben, Gewerkschafter:innen und uns auszuschließen – wir berichteten.
Sorge vor Nazi-Mobilisierung
Neonazis hatten im Vorfeld angekündigt, den CSD stören zu wollen. Befürchtungen, dass es wie zuletzt in Bautzen und Leipzig zu massiven Zusammenstößen mit Rechtsextremen kommen könnte, bewahrheiteten sich jedoch nicht. Die lokale Antifa-Gruppe ‚Busters‘ beobachtete das Umfeld der Demonstration sowie den Bahnhof, um die Teilnehmenden des CSD rechtzeitig über mögliche Aktivitäten organisierter Neonazis informieren zu können. Der Demoblock hatte sich im Vorfeld darauf geeinigt, Übergriffe und Bedrohungen zu verhindern sowie den CSD zu verteidigen und zu schützen.
Während des Demozugs warf eine Person am Hauptbahnhof von der Bushaltestelle aus eine Getränkedose auf unseren Block und traf einen Protestierenden. Nach der Demonstration half uns unsere Bündnisstruktur, vereinzelten Neonazis aus Dortmund in großer Überzahl entgegenzutreten, bis diese schließlich verängstigt am Bahnhof abreisten.
Dies sind anschauliche Beispiele dafür, dass wir unsere Sicherheit nicht dem bürgerlichen Staat überlassen können. Die Aufgabe der Polizei ist es, den Staat und die bestehenden Besitzverhältnisse zu schützen, nicht aber die Menschen, die unter diesen Bedingungen leiden. Im Sinne einer Einheitsfront müssen wir uns gemeinsam und selbstorganisiert dem Faschismus und dem kapitalistischen Staat entgegenstellen, aus dessen Schoß er immer wieder hervorgeht.
Polizei nur zur Selbstprofilierung anwesend
Obwohl die Polizei uns bei tatsächlicher Bedrohung im Stich ließ, versuchte sie sich an anderer Stelle mehrmals als freundliche Beschützerin darzustellen. Am Rande der Demo wurde eine Gruppe von 10 bis 15 Schwarzen Menschen unter dem Vorwand, sie seien alkoholisiert, einer rassistischen Kontrolle unterzogen. Die Ordner:innen versuchten den Demozug mit der Aussage weiter zu bewegen, dass die Polizei die Demonstrierenden schützen würde. Auch bei der Abschlusskundgebung bedankten sich die Veranstalter:innen, wie schon zuvor bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Essen, heuchlerisch für die gelungene Zusammenarbeit mit der Polizei. Zudem inszenierten sich einige Polizist:innen medienwirksam mit Regenbogenfahnen. Dabei sind sie es, die die Gesetze durchsetzen, gegen die wir kämpfen müssen, um eine echte queere Befreiung zu erreichen.
Kleine Erfolge und Zugeständnisse des bürgerlichen Staates geben uns ein Gefühl der Selbstwirksamkeit und einen Vorgeschmack darauf, was wir gemeinsam als unterdrückte Arbeiter:innen und Studierende erreichen können. Wir dürfen jedoch nicht der Illusion erliegen, dass echte Gleichberechtigung und ein gutes Leben für alle Menschen im Kapitalismus möglich sind. Jede erkämpfte Reform kann jederzeit wieder rückgängig gemacht werden, und angesichts des Erstarkens der Rechten erscheinen diese Errungenschaften immer gefährdeter.
Ein politischer Erfolg auf dem man aufbauen muss
Man kann sagen, dass es sich um eine erfolgreiche politische Intervention handelte, auf der wir aufbauen müssen. Dass der Block durch weitere Personen aus der queeren Community angewachsen ist, zeigt, dass der kommerzielle CSD eine Leerstelle in Bezug auf ein wirklich politisches Angebot hatte. Die Verbote von Vereins- und Organisationsfahnen bei gleichzeitiger offener Präsenz lokaler Unternehmen sind nicht nur absurd, sondern waren über Jahre hinweg eine Schmach, die wir nicht hinnehmen dürfen und politisch bekämpfen müssen. Wir haben einen Pol geschaffen, der sich auf die Ursprünge des CSD besinnt.
Es ist nun unsere Aufgabe, den Antifaschismus von unten weiter auszubauen. Dazu brauchen wir eine stärkere Verankerung und Präsenz in den Betrieben und Gewerkschaften. Leider fehlten Betriebsgruppen aus Betrieben wie dem Uniklinikum sowie aktive Gewerkschafter:innen wie Basismitgliedern, Vertrauensleute und Betriebsräte. Wir brauchen sie jedoch als Multiplikator:innen, um auch in den Betrieben weiter Versammlungen einzuberufen, dort über die Gefahr von Rechts aufzuklären, ein Kampfprogramm zu erstellen, zu mobilisieren und unsere Forderungen gegebenenfalls auch mit dem Mittel des Streiks durchzusetzen. Der Kampf gegen Rechts und für Selbstbestimmung darf nicht an der Wahlurne enden. Das muss unsere Perspektive für den nächsten CSD sein.