CFM: Streik für ein menschenwürdiges Gesundheitssystem

17.05.2017, Lesezeit 6 Min.
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Bettenhochhaus der Charité in Vogelperspektive nach der Sanierung

Ab heute wird an Berlins größtem Krankenhaus gestreikt! Die Kolleg*innen von der Charité Facility Management (CFM) wehren sich gegen Niedriglöhne. Sie wollen nicht länger in einem outgesourcten Tochterunternehmen schuften – sie wollen wieder Teil der Charité-Belegschaft sein.

Wie wir beim letzten CFM-Streik vor fünf Jahren gesehen haben, werden in den kommenden Tagen an der Charité Operationen ausfallen und die Toiletten verdrecken. Die bürgerliche Presse behauptet, die Streikenden würden die Gesundheit der Berliner*innen aufs Spiel setzen.

Aber das genaue Gegenteil ist der Fall: Der Sparzwang an den Krankenhäusern bedeutet, dass auch ohne Streik nicht ordentlich gereinigt werden kann. Die herrschende Politik führt dazu, dass in den letzten fünf Jahren 150 Menschen an Krankenhaus-Keimen starben. Dieser Streik ist eine Auflehnung dagegen. Er ist ein Kampf für eine bessere Gesundheitsversorgung für alle.

Die CFM-Kolleg*innen brauchen Solidarität…

…von Krankenpfleger*innen und Ärzt*innen an der Charité – denn sie sind auf ausreichendes und gut bezahltes Service-Personal angewiesen, um ihre Arbeit machen zu können.

…von Beschäftigten anderer Landesunternehmen. Die „Harten vom Garten“, die mit ihren Streiks ein Ende des Outsourcings am Botanischen Garten erkämpft haben, werden dabei sein!

…von Studierenden. Die Charité ist ein Universitätsklinikum, und damit Medizinstudent*innen ausgebildet werden können, brauchen sie gute Bedingungen. Die Einheit von Arbeitenden und Studierenden ist aber auch notwendig, um den aktuellen Arbeitskampf der studentischen Beschäftigten an den Unis zum Sieg zu bringen!

…von Mitgliedern der Linkspartei. Diese Partei hat Abhilfe versprochen, aber sitzt inzwischen in der Berliner Regierung und alles bleibt beim Alten. Basismitglieder dieser Partei, die wirkliche Veränderung wollen, müssen beim Streik dabei sein!

Gemeinsam streiken bis zum Sieg

Der Berliner Senat versucht, sich schon jetzt mit den Lorbeeren zu schmücken: Im Koalitionsvertrag sei schon alles geklärt, die CFM werde zurückgeführt. Auch die Geschäftsführung der CFM argumentiert genauso und will die Kolleg*innen vom Streik abhalten, weil doch ab 2019 eh die Katze im Sack sei. Doch solche vollmundigen Versprechungen haben wir schon zu oft gehört, um nicht misstrauisch zu bleiben. Klar ist: Ohne den Druck der letzten Jahre wäre es nie soweit gekommen.

Deshalb gibt es auch jetzt keinen Grund, den Druck zu senken, sondern im Gegenteil: Um den Streik zum Sieg zu führen, muss weiter Druck auf den Senat ausgeübt werden. Das wird nur funktionieren, wenn sich so viele Kolleg*innen wie möglich am Streik beteiligen, wenn so viele Unterstützer*innen wie möglich vor Ort sind, wenn in der ganzen Stadt – in Betrieben, Unis, Schulen und auf der Straße – der Streik zum Hauptgesprächsthema wird.

Es ist deshalb mehr als bedauerlich, dass der bürokratische Apparat der Gewerkschaft ver.di diesen Streik auf die CFM beschränkt. Einen fast identischen Arbeitskampf gibt es beim zweiten Krankenhausbetreiber Vivantes mit ihrer Servicetochter VSG. Ein zeitgleicher Streik an beiden Krankenhäusern wäre wesentlich schlagkräftiger. Wir brauchen gemeinsame Streiks von allen prekär Beschäftigten in öffentlichen Betrieben in Berlin.

Doch unsere Gewerkschaft ver.di wird von einem Apparat aus gut bezahlten Funktionär*innen geführt, oft mit SPD-Parteibuch. Sie haben nicht immer die gleichen Interessen wie einfache Arbeiter*innen.

Deswegen sollten die CFM-Kolleg*innen versuchen, ihren Streik in die eigenen Hände zu nehmen. Streik-Versammlungen sollen die wichtigen Entscheidungen demokratisch treffen – wann der Streik beginnt, wann er aufhört, ob ein Ergebnis angenommen wird oder zurückgewiesen wird.

Denn alle aktive Kolleg*innen bei CFM und VSG wollen einen gemeinsamen Streik. Niemand weiß, warum ver.di das blockiert. Es müssen aber die Gewerkschaftsmitglieder sein, die solche Entscheidungen treffen – denn sie verstehen ihre Betriebe am Besten, auf jeden Fall besser als die „Expert*innen“ im Gewerkschaftsapparat.

Wenn wir die Kontrolle über die Krankenhäuser erkämpfen wollen, müssen wir auch die Kontrolle über unsere eigene Gewerkschaft zurück erkämpfen.

Für ein anderes Gesundheitssystem!

Die CFM-Beschäftigten wollen die Rückführung in die Charité und die Bezahlung nach dem Tarifvertrag Charité (TV-C). Das ist ein wichtiges Ziel und wäre ein schlagkräftiges Signal gegen Prekarisierung und Outsourcing, das durch die ganze Republik hallen würde.

Doch die Kolleg*innen der Charité können ein Lied davon singen, dass auch unter diesem Tarifvertrag die Arbeitsbedingungen alles andere als menschenwürdig sind. Der Alltag an deutschen Krankenhäusern ist von Personalmangel und Arbeitsstress geprägt. Es gibt keine Zeit, sich ordentlich um Patient*innen zu kümmern.

Und warum ist das so? Deutschland ist ein sehr reiches Land. Hiesige Konzerne gehören zu den reichsten der Welt. Doch das Gesundheitssystem ist nach ihrem Profit ausgerichtet. Deswegen wird immer zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung gekürzt. Es macht keinen Unterschied, ob CDU, SPD, Grüne oder Linkspartei an der Regierung sind – das Profitsystem im Gesundheitssektor bleibt gleich.

Wir brauchen Krankenhäuser im Interesse der arbeitenden Bevölkerung – ein Gesundheitssystem im Sinne der Gesundheit, nicht der Gewinne. Wir brauchen Krankenhäuser unter der demokratischen Kontrolle der Beschäftigten und der lohnabhängigen Bevölkerung. Diese könnten auch mehr Personal in allen Bereichen des Krankenhauses und damit auch eine Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich durchsetzen.

Deshalb ist die Rekommunalisierung ein wichtiger erster Schritt. Aber solange die Regierung sich nach den Interessen der Konzerne richtet, wird unsere Gesundheit weiterhin ihren Profiten untergeordnet. Der Berliner Senat – egal, welche Parteien gerade an der Macht sind – regiert konsequent im Interesse der Kapitalist*innen.

Damit eine Rekommunalisierung der CFM und der VSG im Interesse der Beschäftigten und der lohnabhängigen Bevölkerung stattfindet, muss sie sie auch unter Kontrolle aller Beschäftigten der Berliner Krankenhäuser stehen. Der aktuelle Senat kann das nicht leisten. Nur die Arbeiter*innen selbst können mit ihrer Erfahrung und ihrer Stellung im Krankenhaus sicherstellen, dass das Gesundheitssystem nicht den Profitinteressen einiger weniger dient. Sondern den gesundheitlichen Interessen der übergroßen Mehrheit der Gesellschaft. Und nur die Beschäftigten selbst können garantieren, dass nicht diejenigen unter die Räder kommen, die täglich hart für die Gesundheit der Mehrheit arbeiten.

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