Bundesregierung verdoppelt Waffenlieferungen an Ukraine – NATO bereitet Luftkrieg vor
Deutschland verdoppelt den Wert der genehmigten Waffenlieferungen an die Ukraine auf 5,45 Milliarden Euro. Zugleich wollen erste NATO-Staaten Kampfjets liefern.
Am vergangenen Wochenende reiste der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskyj nach Berlin, Rom, Paris und London. In Aachen nahm er im Namen des ukrainischen Volkes zudem den Karlspreis entgegen, für besondere Verdienste um die „Einigkeit Europas“. In seiner Festrede betonte Bundeskanzler Olaf Scholz, dass in der Ukraine die Werte Europas verteidigt würden, bevor er am Sonntag ein großes Waffenpaket zusagte. In der Bevölkerung ist die Stimmung zu Waffenlieferungen hingegen geteilt: 39 Prozent der Befragten einer neuen YouGov-Umfrage meinten, Deutschland liefere zu viele Waffen. 17 Prozent waren für eine stärkere Unterstützung.
Größte Waffenlieferungen Deutschlands seit Kriegsbeginn
Mit prall gefülltem Waffenkoffer ging es für Selenskyj zurück nach Kiew. Deutschland verspricht die Lieferung von zusätzlichen Waffensystemen im Wert von 2,7 Milliarden Euro. Damit verdoppelt sich der Wert der genehmigungspflichtigen Waffen – bisher betrug ihr Gesamtwert seit Kriegsbeginn 2,75 Milliarden Euro. Nach den USA ist Deutschland jetzt zweitgrößter Waffenlieferant für die Ukraine. Nachdem Anfang des Jahres das deutsche Nein zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern fiel, scheint es nun für die Bundesregierung kaum noch eine rote Linie zu geben. Verteidigungsminister Boris Pistorius meinte, ein Ende des Krieges sei nicht absehbar, „von daher wird Deutschland jede Hilfe leisten, die es leisten kann – as long as it takes“. Offener denn je kündigt die Bundesregierung damit an, mit allen Mitteln einen militärischen Sieg der Ukraine zu erzwingen, auch wenn dies Jahre dauern sollte.
Zu den neuerlich zugesagten Waffen zählen 30 Leopard-1-Panzer, 18 Radhaubitzen, 20 Marder-Schützenpanzer, Artilleriemunition und über 100 gepanzerte Gefechtsfahrzeuge. Besonders relevant sind die vier zusätzlichen Iris-T-Flugabwehrsysteme mit einem Stückpreis von 170 Millionen Euro, die mit ihren Raketenwerfern eine mittelgroße Stadt gegen Luftangriffe verteidigen können. Dies ist entscheidend für die Möglichkeiten der ukrainischen Armee, in die Offensive zu gehen, da ihre Kapazitäten in der Luftabwehr zuletzt an ihre Grenzen kamen. Auch aus den anderen europäischen Hauptstädten kamen Zusagen über Waffenlieferungen. Großbritannien will hunderte Kampfdrohnen und Marschflugkörper mit 250 Kilometer Reichweite schicken. Frankreich plant die Lieferung von gepanzerten Fahrzeuge und bot an, ukrainische Pilot:innen an den französischen Mirage-Kampfjets auszubilden – ohne aber gleich Lieferungen zuzusagen.
Großbritannien und Niederlande starten „Kampfjet-Koalition“
Auf Wunsch Selenskyjs erklärten Großbritannien und die Niederlande nun, eine „internationale Koalition für Kampfjets“ anstoßen zu wollen. Neben der Ausbildung solle auch die Beschaffung von F-16-Kampfflugzeugen dazu gehören, möglicherweise aus niederländischen Beständen. Dies wäre ein neuer Schritt der Eskalation, nachdem die meisten NATO-Staaten bisher gezögert hatten, die ukrainische Luftwaffe auszustatten. Im April hatte Polen als einziges Land zugesagt, seinen gesamten Bestand von 30 MiG-Kampfjets aus alten DDR- und Sowjet-Beständen an die Ukraine zu liefern. Die Bundesregierung gab ihre erforderliche Genehmigung ohne zu zögern.
Eine Lieferung von F16-Kampfjets, die auf Selenskyjs Wunschzettel ganz oben stehen, ist indes aus Deutschland nicht möglich, da die Bundeswehr keine besitzt. Jedoch brachte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Möglichkeit ins Spiel, ukrainische Pilot:innen an deutschen Flughäfen zu trainieren und Flugzeuge zu warten. Auch Anton Hofreiter von den Grünen begrüßte die Bildung einer Kampfjet-Koalition. Auch wenn die Lieferung von Kampfjets westlicher Bauart und die Ausbildung der Pilot:innen noch einige Monate dauern dürften, geht die NATO nun dazu über, auch den Krieg in der Luft vorzubereiten.