Bundesregierung und deutsche Wirtschaft unterstützen den Putsch in Bolivien

14.11.2019, Lesezeit 5 Min.
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Die deutsche Bundesregierung unterstützt den Putsch in Bolivien gegen Präsident Evo Morales durch Militär, Polizei und rechte Opposition, in Komplizinnenschaft mit den USA. Auch die Grünen stimmen in den Jubel mit ein. Der Grund: Für das deutsche Kapital winken goldene Zeiten in dem Andenland.

Foto: Regierungssprecher Steffen Seibert auf der Bundespressekonferenz zu Bolivien.

Die deutsche Bundesregierung unterstützt den Putsch in Bolivien gegen Präsident Evo Morales durch Militär, Polizei und rechte Opposition, in Komplizinnenschaft mit den USA. Es sei ein “wichtiger Schritt hin zu einer friedlichen Lösung”, kommentiert Regierungssprecher Steffen Seibert. Und auch die neueste Entwicklung, nach der sich die bisherige Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Añez, selbst zur Interimspräsidentin ernannte, wird von der Bundesregierung begrüßt. Auf Anfrage des Nachrichtenportals amerika21.de, begrüßt die Regierung, “dass das Machtvakuum durch Ausrufen von Frau Añez zur Übergangspräsidentin in Bolivien nicht länger andauert”. Sie schließt sich damit den USA, Großbritannien und Brasilien an, die innerhalb von kürzester Zeit ihre Präsidentschaft anerkannten.

Jeanine Añez hatte sich vor einem halbleeren Parlament selbst proklamiert, während die Abgeordneten der MAS – die Partei von Evo Morales, die in beiden Kammern des Parlaments die Mehrheit innehat – fehlten, da sie von rechten Milizen bedroht wurden. Kurz darauf war sie mit einer großen Bibel in der Hand in der Öffentlichkeit erschienen, und die Polizei ging nun mit doppelter Härte gegen Demonstrant*innen vor.

Die deutsche Bundesregierung stellt sich damit klar auf die Seite einer klerikalen, rassistischen und konservativen Rechten, die mit ihren Gewaltexzessen gegen die indigene und arme Bevölkerung Boliviens nicht auf sich warten ließ. Vor allem stellt sie sich damit auf die Seite derjeniger, die Boliviens Naturschätze im Interesse sowohl des US-amerikanischen Kapitals, aber ebenso auch des deutschen Kapitals unbegrenzt ausplündern wollen.

Denn auch deutsche Unternehmen profitieren jährlich von den Rohstoffen Boliviens: Deutschland importiert jährlich für 160 Millionen Euro mineralische Rohstoffe (und Lebensmittel), und führt in ähnlicher Größenordnung Maschinen, chemische Produkte, Autos und ähnliche industrielle Produkte aus, die auf eben diesen Rohstoffen basieren, für den Großteil der bolivianischen Bevölkerung aber unerschwinglich sind. Sie bezahlen diesen ungleichen Handel weiterhin mit Armut, Naturzerstörung und Unterdrückung.

Bezeichnenderweise fand der Putsch wenige Tage nach der Ankündigung statt, dass ein Deal mit dem deutschen Unternehmen “ACI Systems Alemania” (ACISA) ausgesetzt wurde. Die Krise der deutschen Automobil-Industrie soll mit der Hinwendung zum Elektromotor – mit hohen Subventionen durch die deutsche Regierung – überwunden werden. Für die Batterien benötigt das deutsche Kapital Lithium in großen Mengen. Lithium wird auch das „weiße Gold“ genannt und gilt als Schlüsselrohstoff der Zukunft, um den deshalb ein heißer Wettbewerb entbrannt ist. Neben Batterien kommt er vor allem in der Informationstechnik zum Einsatz. Zuletzt zeigte sich die Bedeutung dieses Rohstoffs im Handelsstreit zwischen den USA und China über Android-Lizenzen und Intel-Chips für Huawei. China konnte sich durchsetzen, indem es drohte die USA vom Lithium-Handel komplett abzukoppeln.

In dem Zusammenhang ist auch die kürzliche Ankündigung von Tesla-Chef Elon Musk interessant, eine „Gigafabrik“ nahe Berlin zu errichten. Hier sollen Fahrzeuge für den europäischen Markt gebaut werden. Der deutsche Kapitalismus ist also mehr und mehr auf Lithium als Rohstoff angewiesen.

Bolivien verfügt über eines der größten Lithiumvorkommen der Welt. Deutschland konnte sich Anfang dieses Jahres zum ersten Mal einen direkten Zugang sichern, indem die Firma ACISA ein Joint Venture mit dem bolivianischen Staatskonzern Yacimientos de Litio Bolivianos (YLB) gründete. Für 70 Jahre sollten jährlich 40.000 bis 50.000 Tonnen Lithiumhydroxid produziert werden.

Gegen das Projekt regten sich Proteste. Denn um an den Rohstoff heranzukommen, sollte einer der wichtigsten Naturschätze Boliviens, der Salar de Uyuni, zerstört werden. Außerdem wurde die indigene Bevölkerung der Region weder am Entscheidungsprozess noch an den Gewinnen beteiligt. Das Projekt wurde letzte Woche – kurz vor dem Putsch – deshalb unerwartet gestoppt. Nach dem Putsch erklärt sich das deutsche Unternehmen beruhigt: „Nach ersten Rückmeldungen aus Bolivien sind wir zuversichtlich, dass unser Lithium-Projekt nach einer Phase der politischen Beruhigung und Klärung fortgeführt wird.“

Die deutsche Bundesregierung setzt also alles daran, genau die politischen Verhältnisse in Bolivien zu schaffen, die es dem deutschen Kapital ermöglichen, seine Profite weiter auszubauen. Insbesondere der Umbau der deutschen Wirtschaft hin zu einem “grünen Kapitalismus“ wird gesichert, indem die demokratischen Rechte der Bolivianer*innen beschnitten werden, die indigene Bevölkerung dem Terror ausgesetzt wird und die Umwelt Boliviens zerstört wird – mit krassen Folgen vor allem für die Ärmsten des Landes. Wie zu erwarten, sind es gerade die Grünen, die den Putsch deshalb besonders vehement verteidigen. Deren außenpolitischer Sprecher Omid Nouripour erklärte, „das Militär“ habe „die richtige Entscheidung getroffen, sich auf die Seite der Demonstrierenden zu stellen“ .

Damit zeigt sich, was hinter dem grünen Umbau der deutschen Wirtschaft eigentlich steckt. Es geht nicht tatsächlich darum, die Umwelt zu schützen. Das Ziel ist es, den deutschen Imperialismus zu retten, indem deutsche Unternehmen immer größere Teile des Weltmarkts für sich erschließen. Die deutsche Automobilindustrie spielte dabei historisch immer eine Schlüsselrolle – gerade sie soll nun auf Kosten der bolivianischen Bevölkerung gerettet werden.

Deshalb schrecken die Bundesregierung und die Grünen auch nicht davor zurück, einen Militärputsch zu befürworten, der eine klerikale rassistische Rechte an die Macht bringt. Und auch die massive Zerstörung der Umwelt in anderen Teilen der Welt wird dabei gerne in Kauf genommen.

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