BSW: Eine Stimme für ein freies Palästina?
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Das Bündnis Sahra Wagenknecht ist in Teilen der Palästinasolidarität sehr beliebt. Doch es beteiligt sich fleißig an der rassistischen Hetze gegen Migrant:innen und fordert mehr Abschiebungen. Palästina braucht keine Diplomatie, sondern Befreiung.
In zwei Tagen sind Bundestagswahlen und viele palästinasolidarische Menschen diskutieren, welche Partei man denn wählen soll. In den letzten Monaten ist dabei in Diskussionen und auf Social Media das Bündnis Sahra Wagenknecht aufgekommen. Das BSW und Sahra Wagenknecht als zentrales Gesicht der Partei inszenieren sich dabei als eine Kraft, die auf die schrecklichen Verbrechen der israelischen Kriegsführung in Gaza hinweist und mittlerweile auch fordert, die deutschen Waffenlieferungen nach Israel einzustellen. Diese Forderungen stellen sie in der aktuellen Lage absolut zurecht, aber wie weit reicht ihre Solidarität mit Palästina tatsächlich?
BSW unterstützt das „Selbstverteidigungsrecht“ Israels
Im November 2023, also nachdem schon Tausende durch die IDF in Gaza ermordet wurden, gibt Sahra Wagenknecht auf einer Demonstration in Berlin eine Rede. In dieser vertritt sie mit Verweis auf die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber den Jüd:innen die Position, dass Israel “selbstverständlich ein Existenzrecht hat sowie ein unumstößliches Recht auf Selbstverteidigung”. Die Aussage, dass Israel ein legitimes “Selbstverteidigungsrecht” zusteht, erneuert sie in einem Post auf Instagram ein Jahr nach dem 07. Oktober und betont dabei, dass der Krieg an sich legitim sei, aber die israelische Kriegsführung einfach nur zu weit ginge, nachdem schon über 40.000 Menschen getötet wurden.
Hier zeigt sich die tatsächliche Haltung des BSW. Denn das BSW sieht den Genozid in Gaza nicht im Zusammenhang mit der Vertreibung der Palästinenser:innen seit der Nakba 1948, indem es unreflektiert auf das Selbstverteidigungsrecht Israels besteht. Für sie war der 07. Oktober der Auslöser, und nicht Besatzung und andauernder Siedlerkolonialismus. Davon ist überhaupt keine Rede. So stehen für das BSW auch Unterdrücker und Unterdrückte auf einer Ebene, sie sprechen überhaupt nicht von diesen Kategorien. Der israelische Staat wird als Opfer des 07. Oktober inszeniert, ohne zu erklären, wieso das palästinensische Volk eigentlich unter einer absoluten Blockade und Kontrolle im größten Freiluftgefängnis der Welt leben musste. Sie sehen den Ausbruch aus dem Gefängnis nicht als legitimen Akt des Widerstands eines unterdrückten Volkes an, sondern als reinen Terroranschlag. Für sie hat der palästinensische Widerstand also nicht das Recht, sich gegen die Besatzung militärisch zu wehren.
Dahinter steht eine Politik im Interesse der Staatsräson genauso wie im Interesse von Rheinmetall und Co., die auf eine Regierungsbeteiligung abzielt und sich völlig dem Imperialismus unterwirft. Anstelle pazifistischer Floskeln müsste eine palästinasolidarische Partei bedingungslos gegen den Völkermord, gegen die Besatzung und für das Recht auf militärischen Widerstand eintreten. Soll man sich mit weißen Fahnen verteidigen, wenn das eigene Haus von Panzern und der Luftwaffe in Schutt und Asche gebombt wird? Der humanitäre Dialog gegen die Aushungerung und eine “zu harte” Kriegsführung wird dadurch zur reinen Farce.
“Abschiebebündnis” Sahra Wagenknecht ist ein Feind von Migrant:innen
Richten wir den Blick auf Deutschland, tritt die Heuchelei des BSW bezüglich Palästina offen zutage. Seit fast 17 Monaten erfährt die Palästinabewegung ein unglaubliches Maß an Repressionen, und das BSW trägt Mitschuld daran. Anstatt die massiven Angriffe der Polizei auf palästinasolidarische Proteste sowie die Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit auf den Straßen und in den Universitäten zu kritisieren, fordert das BSW eine härtere Durchsetzung von Abschiebungen. Dabei hetzen sie genau gegen diejenigen, die seit fast 17 Monaten gegen den Genozid auf die Straße gehen. Es ist die rassistische Hetze von Weidel, Söder, Scholz, Lindner, Habeck und Co., die jeden Menschen mit Migrationshintergrund unter Generalverdacht stellt, die das Klima in der deutschen Gesellschaft vergiften und eben nicht “die kriminellen Ausländer”.
Während der Ampelregierung haben sie sich gerade nicht gegen die Angriffe auf das Asylrecht gestellt, sondern mehr davon gefordert. Konsequente Abschiebungen, mehr Polizeibefugnisse sowie die Einführung von Grenzkontrollen, dafür steht das BSW. Das hat es unter anderem auch bewiesen, als ihre Parlamentarier:innen zusammen mit CDU und AfD für das “Zustrombegrenzungsgesetz” stimmten, auch wenn das Gesetz auf massiven Druck der Öffentlichkeit keine Mehrheit erhielt. Das sieht man auch an der Sympathie vieler AfD-Anhänger:innen für das BSW. Sie machen sich zum Steigbügelhalter der extremen Rechten und tragen zur Kriminalisierung der Palästinabewegung bei.
Aus Überzeugung kämpfen statt mit Bauchschmerzen wählen
Nach aktuellen Umfragen sieht es so aus, als könnte das BSW mit 5% Stimmen tatsächlich gerade so in den Bundestag einziehen. Kann es da nicht taktisch Sinn machen, doch das BSW zu wählen, damit die AfD weniger Sitze und weniger Geld im nächsten Bundestag bekommt und wenigstens eine Stimme vertreten ist, die die Kriegsführung Israels kritisiert?
Die Palästinabewegung muss dem eine klare Absage erteilen. Denn was hilft uns noch eine weitere Partei, die gerne in einer Abschieberegierung mitmachen möchte? Was hilft uns eine weitere Partei, die antimuslimischen Rassismus schürt und kein Wort zur massiven Repression gegen die Palästinabewegung äußert? Was hilft uns eine weitere Partei, die sich dem deutschen Imperialismus unterwirft und nicht an unserer Seite in Unis, Betrieben und Schulen steht, wenn wir uns gegen den Genozid organisieren und uns die Polizei auf den Hals gehetzt wird?
Die letzten 17 Monate haben eindrücklich bewiesen: um den Genozid in Palästina zu bekämpfen, können wir keine Kompromisse eingehen. Wir müssen uns unabhängig vom Staat und in direkter Opposition zu ihm und seiner Komplizenschaft organisieren, mit einer klaren antiimperialistischen Perspektive. Frieden schafft man nicht durch Diplomatie, sondern nur durch Befreiung. Dazu können die Arbeiter:innen und Studierenden in Deutschland und der ganzen Welt beitragen, wenn sie Waffenlieferungen nach Israel blockieren, wenn sie sich gegen jegliche Repression der Bewegung aussprechen, wenn sie sich für die Enteignung der Rüstungsindustrien aussprechen, die das Kriegsgerüst für den Genozid produzieren. Deswegen müssen wir stimmen wie Inés Heider, Leonie Lieb und Franziska Thomas bei der nächsten Bundestagswahl unterstützen, die kompromisslos für den Bruch mit dem deutschen Imperialismus eintreten und keine Illusionen darin haben, im Bundestag Reformen im Dienste Palästinas umzusetzen. Nicht das BSW, sondern die Arbeiter:innen und Studierenden weltweit, die für Palästina und das Ende des Genozids eintreten, sind Verbündete im Kampf. Nur sie können zur Befreiung beitragen.