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Brexit: Rinnt London das Geld durch die Finger?

24.01.2019, Lesezeit 5 Min.
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Das Worst-Case-Szenario eines sogenannten harten Brexit wird nach der verlorenen Abstimmung im britischen Parlament immer wahrscheinlicher. Spätestens im März verlässt Großbritannien sehr wahrscheinlich die EU, ob mit oder ohne Abkommen.

Das „Brexit-Chaos“ bestimmt derzeit die europäischen Debatten. Vor allem der gefürchtete harte Brexit – also der Austritt Großbritanniens ohne Abkommen mit der EU – lässt viele Unternehmen sorgenvoll in die Zukunft schauen. Allerdings hat man sich so gut es geht auf das Schlimmste vorbereitet. Doch ein gewisses Ausmaß an Chaos gilt als unvermeidbar, wenn plötzlich der Ärmelkanal zu einer EU-Außengrenze wird. Lange Staus und längere Wartezeiten sind von daher unvermeidlich.

Das betrifft besonders die Wirtschaft, denn viele Wirtschaftszweige sind mittlerweile innerhalb der EU unglaublich stark vernetzt. So kommen 18 Prozent der in britischen Automobilwerken verbauten Autoteile von deutschen Zuliefererbetrieben. Gerät dieser Warenfluss ins Stocken, folgt mit ihr die ganze Wirtschaft Großbritanniens. Die stockende Produktion hätte Auswirkungen auf die Beschäftigten. Denn die Unternehmen werden versuchen die anstehende Krise auf sie abzuwälzen. Rund 250 Unternehmen wie Sony oder Panasonic haben zuletzt angekündigt ihren Sitz in die Niederlande zu verlegen.

Auch ist der EU-Binnenmarkt für Großbritannien ein wichtiger Absatzmarkt. Das Institut der deutschen Wirtschaft schätzt, dass rund die Hälfte der 1,3 Millionen aus Großbritannien exportierten Autos auf dem europäischen Binnenmarkt abgesetzt wird. Vor allem in Italien besitzt das britische Unternehmen Fiat-Chrysler einen Marktanteil von 28 Prozent. Zu zahlende Zölle würden die Produkte teurer machen und den Absatz schmälern. Hier sind die Auswirkungen auf die britische Wirtschaft ebenfalls schwer abzusehen. Aber auch deutsche Autounternehmen lassen auf der britischen Insel produzieren. BMW wäre mit seinen Tochterunternehmen Mini und Rolls-Royce ebenso davon betroffen.

Aber den britischen Bossen wird sicherlich das Zusammenbrechen der europäischen Finanzströme mehr Kopfzerbrechen bereiten. Bisher sicherte die EU nicht nur den freien Warenverkehr, sondern ebenso den freien Finanzverkehr. Bei einem EU-Austritt Großbritanniens ohne bilaterales Abkommen würden auch hier Abgaben anfallen. Vor allem das Finanzzentrum in London wäre davon betroffen.

Was allerdings noch viel größere Verwerfungen mit sich bringen könnte, wären die britischen Steuerparadiese. Diese gelten zwar innenpolitisch als unabhängig, doch sie werden außenpolitisch von Großbritannien vertreten. Bisher konnte die britische Regierung so verhindern, dass beispielsweise Jersey oder die Isle of Man auf der schwarzen Liste der EU für Steuerparadiese stehen. Mit dem Austritt Großbritanniens fällt dieser Schutz weg und könnte weitere Steuerschlupflöcher schließen. Auch hier ist völlig unklar welche Auswirkungen das auf die soziale Situation auf den Inseln und für die Finanzströme hätte. Der harte Brexit könnte einige heftige Nachbeben auslösen, auch weil bestimmte Firmen plötzlich mehr Steuern zahlen müssten und daher eventuell die Produktion innerhalb der EU oder in Großbritannien zurückfahren oder sonstige Einsparungen zunehmen.

Angesichts der chaotischen Zustände und den Folgen für die arbeitende Klasse in Europa müssen wir für die Föderation sozialistischer Staaten von Europa kämpfen. Denn die EU ist kein Garant für Frieden und Wohlstand für die Beschäftigten und die Jugend. Besonders seit der Krise 2008 und dem allmählichen Absterben der neoliberalen Nachkriegsordnung steht die EU wie kaum zuvor für brutale Spardiktate und eine Militarisierung nach innen und außen. Die Politik der EU beruhte ebenfalls auf der Unterdrückung der nationalen Frage. So wurde ganz im Sinne der damaligen EG mit dem Karfreitagsabkommen der Nordirlandkonflikt „befriedigt“ und die Besatzung des Norden der irischen Insel durch Großbritannien manifestiert. Diesem Abkommen voraus gingen jahrzehntelange brutale Gewalt gegen die irische Bevölkerung und starke Repressionen gegen Bewegungen, die sich dem britischen Besatzungsregime entgegenstellten. Auch die katalanische Frage gehört dazu, wo die EU sich zum Gehilfen der Zentralregierung in Madrid gemacht hat. Weiterhin Schottland, das wesentlich proeuropäischer ist als England und Wales. Auch die nationale Frage in Belgien bleibt weiterhin ungelöst. Alle diese Konflikte wurden mit dem Versprechen auf Wohlstand und Frieden besänftigt, aber auch mit Gewalt niedergedrückt. Angesichts der zunehmenden internationalen Verwerfungen entpuppt sich das Versprechen einer EU ,die Frieden und Wohlstand bringt, immer mehr als leere Floskel, als eine Utopie die nur den Bossen dient und ihrem Hunger nach steigenden Profiten.

Nur die Arbeiter*innenklasse kann diese Aufgaben als Anführer*innen der Arbeiter*innen und Unterdrückten in Europa erfüllen. Die vor etwa 100 Jahren ermordete Revolutionärin Rosa Luxemburg sagte „Sozialismus oder Barbarei“. Der Brexit und die mit ihm verbundene Unsicherheit führt uns weiter vor Augen, was sie damit gemeint hat. Nur auf einer sozialistischen Grundlage können die Völker Europas in Frieden und Wohlstand miteinander leben.

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