Bremer:innen stoppen Abschiebung und verteidigen das Kirchenasyl
In der Nacht zu Dienstag versuchten die Bremer Behörden, den 25-Jährigen Ayub festzunehmen und abzuschieben, obwohl ihm das Gemeindezentrum Zion das Kirchenasyl gewährt. Während das Kirchenasyl im Bundesland erstmals gebrochen wurde, verhindern derweil hunderte Menschen die mörderische Abschiebung.
Am zweiten Abend nach dem gescheiterten Abschiebeversuch versammelten sich rund 500 Menschen in den Räumen des Gemeindezentrums Zion, um sich mit dem gebürtig aus Somalia kommenden Ayub zu solidarisieren, viele von ihnen blieben über Nacht. Diesmal verlief die Nacht ruhig und ohne Zwischenfälle, was darauf hindeutet, dass die Präsenz der Bremer Zivilgesellschaft offenbar Wirkung zeigt. Auch bundesweit werden Menschen und Organisationen auf den Angriff der Institution des Kirchenasyls aufmerksam und solidarisieren sich mit dem zivilen Widerstand.
In der Nacht zuvor hatte die Polizei im Auftrag des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zweimal versucht, in die Kirche einzudringen und Ayub seines Schutzes zu berauben, ihn festzunehmen und nach Finnland abzuschieben. Die Behörden versuchen, die Abschiebefrist im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens noch einzuhalten, die am kommenden Samstag endet. Das bedeutet, dass Ayub innerhalb von sechs Monaten wieder in das Land der EU abgeschoben werden kann, welches er als erstes betreten hat. Im Fall von Ayub, der über Russland in die EU kam, ist das Finnland. Bei seinem Grenzübergang erlebte er, wie viele andere, erhebliche Gewalt und wurde an beiden Grenzen mehrmals abgewiesen. Sollte den Behörden die fristgerechte Abschiebung nach Finnland nicht gelingen, muss sein Asylverfahren in Deutschland neu verhandelt werden.
Genau dafür kämpfen die Bremer:innen gemeinsam mit dem Gemeindezentrum Zion und dem Bremer Flüchtlingsrat. Um die Zukunft Ayubs in der Stadt zu ermöglichen, übernachteten in der ersten Nacht 100 Menschen im Gemeindezentrum und verhinderten mit ihrer Anwesenheit und Blockaden zweimal die Festnahme des jungen Mannes. Als die Beamten zu dritt in der Nacht kamen, waren sie überrascht und überfordert von der Menschenmasse. Bei ihrer Ankunft wurden die Kirchenglocken geläutet, um auch die Nachbar:innen auf die Tat aufmerksam zu machen.
Mit ihrem Ungehorsam verhindern sie nicht nur die Abschiebung von Ayub, sondern verteidigen auch das Kirchenasyl, das in Bremen zum ersten Mal angegriffen wurde und im Gemeindezentrum Zion lange Tradition hat. Es war der erste erfolgreiche Widerstand gegen die seit einem Jahr immer weiter ansteigenden Abschiebungen trotz des Kirchenasyls. In Zeiten des Rechtsrucks und des Aufstiegs der Rechten kann dies als ein Präzedenzfall verstanden werden, wie sich auch in den Aussagen des Innensenators Ulrich Mäurer erkennen lässt. Doch nicht nur in Bremen, sondern auch bundesweit erleben wir Angriffe auf Menschen, die sich in Schutzräumen aufhalten, wie die brutale Abschiebung einer Frau mit zwei Kindern aus einem Frauenhaus in Hamburg, für die auch die SPD verantwortlich war.
Laut des roten Koalitionspartners SPD stehe das Kirchenasyl vor einer großen Herausforderung, da es sich nicht nur wie früher um zehn Verfahren im Jahr handle, sondern um über 100, weshalb die Behörden das Kirchenasyl nicht immer dulden könnten. Sie kündigten an, sich von den Kirchen nichts diktieren zu lassen, weitere Festnahmen aus Kirchenasyl und Abschiebungen zu veranlassen und delegitimierten den Widerstand. Wie der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) in einem Interview mit Buten un Binnen erklärte, stünde auch schon die nächste Abschiebung bereits in der kommenden Woche an.
“Das ist die klare Rechtslage. Wir sind vom Bundesamt aufgefordert worden, diese Personen zurückzuführen. Wir führen ja nicht irgendwo nach Afrika zurück, sondern es geht ja nur um europäische Länder. In diesem Fall sollte es nach Finnland gehen, nächste Woche nach Spanien. Das ist die geltende europäische Rechtslage.”
Obwohl der Bruch des Kirchenasyls von den Koalitionspartnern der Grünen und der Linkspartei kritisiert wird, zeigt sich, dass es ihre Regierung ist, die diesen Bruch mit dem Kirchenasyl durchführt. Es sind hunderte mutige Menschen, die sich mit ihrem solidarischen Widerstand gegen die rechte, rassistische und in der Konsequenz mörderische Asyl- und Migrationspolitik stellen, die die Bremer Innenbehörde der SPD unter Mäurer verfolgt.
Im Kampf gegen die mörderischen Abschiebungen und gegen den stark wahrzunehmenden Rechtsruck können wir uns auf die etablierten Parteien und ihren parlamentarischen Kampf nicht verlassen. Es sind die hunderte Menschen der letzten Nächte, die deutlich machen, dass wir uns selbst gegen die rassistische Politik des deutschen Staates stellen müssen. Doch es braucht nicht nur viele einzelne Mutige, sondern auch gewerkschaftliche Mobilisierungen, die den Kampf für Bewegungsfreiheit und dem Bleiberecht für alle aus einer defensiven Verteidigung in einen offensiven Kampf gegen die rassistische Politik der Ampel- und der kommenden Regierung aufnehmen.
Deswegen wollen wir die Bundestagswahl für einen offensiven Kampf nutzen, um diese politische Periode nicht den etablierten Parteien zu überlassen, die ihren Wahlkampf auf den Rücken der Migrant:innen austragen werden. Wir wollen diese Zeit stattdessen mit unserer sozialistischen Wahlfront nutzen, um für die Selbstorganisierung einzutreten, um den Kapitalismus, der die Grundlage dieser mörderischen Politik ist, zu überwinden. Denn es sind die Arbeiter:innen, die mit ihrem Kampfmittel des Streiks und der Blockade, gemeinsam mit den Unterdrückten, der Jugend und den Renter:innen die rechten Angriffe auf die Lebensgrundlage einzelner und unser aller zurückschlagen können.