Bremen: Menschenunwürdige Unterbringung von jungen Geflüchteten
In Bremen werden seit Dezember 2022 minderjährige Geflüchtete unter menschenfeindlichen Bedingungen in einer Turnhalle untergebracht.
Diese Entscheidung wurde getroffen, obwohl die reguläre Erstaufnahmeeinrichtung für Jugendliche in der Steinsetzerstraße ausreichend Platz bietet. Die Turnhalle wurde im Herbst 2022 von der Bremer Sozialbehörde als Ausweichoption bei möglicher Platznot angemietet. Nun gibt es diese Platznot jedoch gar nicht. Die Jugendlichen werden in der Turnhalle also ohne Not untergebracht. Momentan leben in der Turnhalle etwa zwölf Jugendliche. Wobei die Zahl schwankt, da vermutlich ein Teil, der dort Lebenden, still und heimlich, auf die anderen Bundesländer umverteilt wird. Begründet wird die isolierte Unterbringung mit einem intransparenten und nichtssagenden „fachlich sinnvoll“ vonseiten der Sozialbehörde.
Statt Sicherheit zu bieten, werden die schutzsuchenden Jugendlichen, die bereits traumatische Fluchterfahrungen hinter sich haben, in Stoffkabinen für vier Personen ohne Privatsphäre untergebracht. In der Turnhalle herrscht eine extreme Lautstärke, die Duschen sind von Schimmel befallen, und ständige Überwachung und Kontrolle durch Security-Mitarbeitende und das Personal der Johanniter sind an der Tagesordnung. Zusätzlich liegt die Turnhalle in der Nähe des Flughafens, abgeschieden von der Bremer Innenstadt, den Behörden und Schulen. Dies bedeutet für die Jugendlichen eine Abschottung vom Rest der Stadt. Es sind schlichtweg entmenschlichende Umstände, unter denen die Jugendlichen leben müssen. Sie dienen der gewaltsamen Kontrolle und Machtdemonstration des Staates. Sie haben nichts mit einer Orientierung am Kindeswohl und dem Gewaltverbot gegen Jugendliche, wie eigentlich in der Jugendhilfe vorgesehen, zu tun. Ganz im Gegenteil, dies ist behördlich angeordneter Rassismus, denn hätten die Jugendlichen eine andere Staatsangehörigkeit, würden sie nicht so behandelt.
Verantwortlich für die Unterbringung in der Turnhalle ist die von der scheidenden Senatorin Anja Stahmann (Die Grünen) geleitete Bremer Sozialbehörde. Durch- und Umgesetzt wird die rassistische Praktik von der Security Firma Elko und der Johanniter, als Träger des Lagers. Die Bremer Sozialbehörde, ein Ort, der im bürgerlichen Staat dazu dienen soll, den Schutz und das Wohlergehen von Menschen in Not zu gewährleisten, entpuppt sich wieder einmal als Ort gewaltvoller kolonial-rassistischer Praxen. Die gewaltvolle Unterbringung reiht sich ein in eine lange Historie rassistischer Kontinuitäten der Behörde. Dazu gehört die in Deutschland einmalig vorkommende Praxis, Jugendliche, die sich gegen eine Zwangsumverteilung in ein anderes Bundesland aussprechen, in Hand- und Fußfesseln, zu verschleppen. Nach bundesweiter Aufmerksamkeit und Protesten wurde die Vorgehensweise zwar zurückgenommen, später jedoch wieder, diesmal von der Öffentlichkeit unbemerkt, per Anordnung eingeführt. So wurden in Bremen bereits mehrere minderjährige Geflüchtete von der Polizei und dem Jugendamt in Handschellen verschleppt.
Weiter macht sich neben der Johanniter die Innere Mission als Betreiber des Lagers in der Steinsetzerstraße zum Mittäter rassistischer Praktiken. Sie steht im Verdacht, die bei ihnen untergebrachten minderjährigen Schutzsuchenden ausnahmslos bei der Polizei wegen illegaler Einreise anzuzeigen. Eigentlich wurde die Innere Mission vom Jugendamt damit beauftragt, den Jugendlichen Schutz zu bieten – ihre Mitarbeitenden sollen ein vertrauensvolles Verhältnis zu den Jugendlichen und Kindern aufbauen. Stattdessen hintergehen sie die Jugendlichen auf ekelhafte Weise. Bereits im Jahr 2016 fiel die Innere Mission als Betreiber der damaligen Erstaufnahmeeinrichtung für Jugendliche in der Gottlieb-Daimler-Straße negativ auf. Erstens waren auch hier die Zustände des Lagers menschenfeindlich. Zweitens unterstellte man den Jugendlichen grundsätzlich, bei der Angabe ihres Alters zu lügen. Dies hatte zur Folge, dass sich die Minderjährigen einer zweifelhaften Altersfeststellung unterziehen mussten. Diese Praxis ist nicht nur wissenschaftlich anzuzweifeln, sondern angesichts der kolonialen Vergangenheit Bremens auch äußerst perfide.
Diese Fälle zeigen in aller Deutlichkeit die institutionalisierten, systematischen und rassistischen Herrschaftspraktiken des bürgerlichen Staates und die asymmetrischen Machtverhältnisse, die dieser ermöglicht und aufrechterhält. Denn seit Jahren können die Bremer Sozialbehörde, die Johanniter, die Innere Mission und das Bremer Jugendamt Jugendliche entmenschlichen, sie als Kriminelle behandeln und unterdrücken, gegen die Grundsätze der Jugendhilfe verstoßen und Gewalt anwenden, ohne größere Aufmerksamkeit zu erregen oder gar Konsequenzen befürchten zu müssen.
Um auf die rassistische Politik aufmerksam zu machen, die Jugendlichen zu unterstützen und mit dem Ziel, die Turnhalle zu schließen, ruft das Bündnis #ShutdownTurnhalle zur Kundgebung am 15. Juli um 13 Uhr vor der Turnhalle am „AIRPORTLAB“ am Flughafendamm auf. Alle Infos hier auf Instagram.