Brasilien: Über eine Million streiken und demonstrieren gegen Bolsonaros Kürzungen in der Bildung

16.05.2019, Lesezeit 5 Min.
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Foto von Maira Cabral / @estudantesninja. Mobilisierung in Belo Horizonte

Über eine Million Menschen gingen am Mittwoch gegen Bolsonaro und seine vorgeschlagene Kürzungspolitik im Bildungsbereich auf die Straße.

Foto von Maira Cabral / @estudantesninja. Mobilisierung in Belo Horizonte

Bolsonaro, verpiss dich! Die Jugend hat keine Angst vor dir!

Diese und ähnliche Parolen erklangen in den Straßen von über 200 brasilianischen Städten, als Schüler*innen und Studierende die ersten Massenmobilisierungen gegen den „Trump der Tropen“, den ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro, anführten. Schätzungen der Organisator*innen zufolge waren gestern über eine Million Menschen auf den Straßen.

Schüler*innen, Studierende und Lehrer*innen an Universitäten und öffentlichen Schulen in ganz Brasilien organisierten einen landesweiten Streik, um gegen die 30-prozentige Kürzung des Bildungsbudgets durch die Bolsonaro-Regierung zu protestieren. Diese Streiks, die von 50 Gewerkschaften und Studierendenorganisationen im ganzen Land organisiert wurden, sind der erste landesweite Streik seit der Wahl von Präsident Bolsonaro im Jahr 2018.

Seit seinem Amtsantritt im Januar hat der rechtsextreme Präsident einen Kreuzzug gegen den so genannten „kulturellen Marxismus“ in der brasilianischen Bildung unternommen. Mit dem Slogan „Niederwerfung der Linken“ kündigte die Bildungsministerin eine Kürzung der Hochschulmittel um 30 Prozent an. Die Maßnahme richtet sich gegen einen Sektor, der sich besonders aktiv gegen die Putschregierung des ehemaligen Präsidenten Michel Temer einsetzte. Bolsonaro will seine politischen Gegner*innen bestrafen und isolieren, um zu verhindern, dass Schüler*innen und Lehrer*innen eine entscheidende Rolle bei der Führung weiterer Kämpfe gegen die Sparpolitik, insbesondere der Rentenreform, spielen.

Die Streiks am Mittwoch waren bei weitem die größten, seit die Schüler*innen der Pedro-II-Schule am 6. Mai zum ersten Mal auf die Straßen von Rio de Janeiro gingen, um gegen das zu protestieren, was sie als „Verfolgung des kritischen Denkens“ und als Schritte der Regierung zur „Militarisierung der Schulen“ sehen, womit, wie sie argumentieren, ihre Autonomie untergraben werden soll.

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Foto von Karina Zambrana von der Mobilisierung in Brasilia, der Hauptstadt Brasiliens.

Mobilisierungen und Versammlungen waren besonders groß in den Großstädten im Süden und den zentral gelegenen Landesteilen , wo Bolsonaro 2018 die Mehrheit der Stimmen erhielt. Neben öffentlichen Schulen und Universitäten haben sich auch Dutzende von Privatschulen in São Paulo der Sache angeschlossen. Nach Angaben der Gewerkschaft, die Privatschullehrer*innen vertritt, ging man davon aus dass 25 Privatschulen in der Stadt ihre Aktivitäten ganz oder teilweise einstellen, weil sich Lehrer*innen und Schüler*innen an den Mobilisierungen beteiligen. In der Universität von Sao Paulo stimmten Studierende, aus Dutzenden von Bachelor-Studiengängen, ebenfalls dafür, die Aktivitäten auszusetzen und sich an den Demonstrationen zu beteiligen. Dort, wie in vielen Städten im ganzen Land, bildeten die Studierenden am Morgen vor ihrer Universität Streikposten, bevor sie sich am Nachmittag dem Protest mit über 40.000 Teilnehmenden anschlossen. An einer der elitärsten öffentlichen Universitäten des Landes, der Universität von Sao Paulo, schlossen sich die Studierenden mit den nicht-akademischen Mitarbeiter*innen zum morgendlichen Streikposten zusammen. In Santos, einer kleineren Stadt außerhalb von Sao Paulo, beteiligten sich Ölarbeiter*innen an der Mobilisierung und sprachen sich gegen die Privatisierung von Petrobras aus.

Die Demonstrant*innen riefen:“Bildung ist keine Ware“ und „Es wird keine Kürzungen, sondern Kämpfe geben“ und sprachen sich in Rio de Janeiro gegen die Polizeigewalt aus, die in der militarisierten Stadt allzu häufig ist.

Die brasilianischen Medien nennen dies „das Ende der Flitterwochen von Bolsonaro“ mit der brasilianischen Gesellschaft. Diese Proteste wurden trotz der Haltung der Gewerkschaftsführung organisiert, die bisher nicht gegen die Rentenreform und andere Maßnahmen mobilisiert hat und beschloss Kampfmaßnahmen bis Juni aufzuschieben.

Bolsonaro, der bei einem Gala-Dinner in Dallas, Texas, anwesend war, sagte: „Sie [die Demonstrant*innen] sind nützliche Idioten, Schwachköpfe, die als Manövriermasse einer klugen kleinen Minderheit benutzt werden, die den Kern vieler staatlicher Universitäten in Brasilien bildet.“

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„Die Kürzungen, die Rentenreform und Bolsonaro niederschlagen! Die Kapitalist*innen sollen für die Krise bezahlen!“

Wir sprachen mit Marcelo Pablito, der die nicht-akadamischen Mitarbeiter*innen der Universität von Sao Paulo und unsere brasilianische Schwesterorganisation, die Bewegung Revolutionärer Arbeiter*innen (MRT)vertritt. Er argumentierte, dass die Ereignisse vom Mittwoch nur der Anfang sind. „Der 15. Mai wird der Beginn eines unermüdlichen Kampfes sein, mit Versammlungen, Basiskomitees und regionalen Treffen, um einen Aktionsplan zur Niederlage von Bolsonaro zu koordinieren.“ Er und die Schilder der MRT forderten einen gemeinsamen Kampf gegen die Kürzungen des Bildungshaushalts und
das Rentenreformgesetz.

Pablito fügte hinzu, dass sie den Kampf gegen die Maßnahmen von Bolsonaro nicht den bürokratischen Führungen der Arbeiter*innenorganisationen anvertrauen dürfen, die von der Partido dos Trabalhadores (PT) kontrolliert werden, die einen „Waffenstillstand“ mit der Regierung aufrechterhält. „Es ist dringend erforderlich, dass wir eine einheitliche bundesweite Struktur aufbauen, die von der Basis aufwärts gewählt wird, beginnend mit Studierenden, die heute die Vorhut der Bewegung sind. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass wir die Studierenden- und Arbeiter*innenbewegung aller Branchen und Produktionsbereiche vereinen.“

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Über 100.000 Menschen gingen in Rio de Janeiro auf die Straße.

Dieser Artikel erschien bei Left Voice auf Englisch.

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