Brasilien: Schon mehr als 50.000 Corona-Tote

25.06.2020, Lesezeit 5 Min.
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Mehr als 50.000 Menschen sind in Brasilien an Covid-19 gestorben, weit mehr als eine Million haben sich infiziert. Während die Fallzahlen weiter steigen, wird das Land wieder geöffnet.

Foto: Michael Dantas/AFP

Am vergangenen Sonntag hat Brasilien den Meilenstein von 50.000 Coronavirus-Todesfällen erreicht, nachdem täglich 632 Todesfälle und 50.608 neue Infektionen registriert wurden. Vor etwas mehr als drei Monaten wurde der erste Todesfall im Land bestätigt, wie offizielle Daten von regionalen Gesundheitsbehörden zeigen.

Brasilien befindet sich sowohl in einer tiefen politischen Krise als auch in einer Gesundheitskrise mit mehr als einer Million Infizierten – für ihren Tod sind die ultrarechte Regierung von Präsident Jair Bolsonaro sowie die Gouverneure der „Opposition“ direkt verantwortlich. Am Sonntag kam es zu neuerlichen Demonstrationen in verschiedenen Städten des Landes.

In dieser Woche verzeichnete Brasilien an fünf aufeinanderfolgenden Tagen mehr als 1.000 Tote, womit das Land sowohl hinsichtlich der Zahl der Opfer als auch der Infektionen weltweit an zweiter Stelle hinter den USA liegt. Die Zahlen zeigen, dass sich das Virus im Land weiterhin rasch ausbreitet, obwohl Spezialist*innen davor warnen, dass die Pandemie ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hat.

Trotz der alarmierenden Zahl der Todesopfer äußerte sich Bolsonaro nicht zu den Statistiken. Sein einziger Beitrag in den sozialen Medien an diesem Tag war eine Hommage an einen brasilianischen Soldaten, der nach einem Fallschirmabsprung ums Leben kam.

„Schlimmer als der Schmerz der Niederlage ist die Schande, nicht gekämpft zu haben. Unsere Mission ist es, das Vaterland, unsere Freiheit und die Interessen unseres Volkes zu verteidigen“, schrieb der ultarechte Politiker auf Twitter, nachdem er am Sonntag nach Rio de Janeiro gereist war, um dem Begräbnis des Soldaten beizuwohnen.

Nach Angaben der 27 regionalen Gesundheitsminister*innen des Landes ist São Paulo, der bevölkerungsreichste Bundesstaat Brasiliens und Heimat von fast 46 Millionen Menschen, mit 12.588 Todesfällen und fast 220.000 bestätigten Fällen von Covid-19 weiterhin das Epizentrum der Pandemie. Der am zweithäufigsten betroffene Bundesstaat ist Rio de Janeiro mit 8.875 Todesfällen und fast 100.000 Infizierten. Im verarmten Nordosten Brasiliens steht der Bundesstaat Ceará, der 5.523 Todesopfer zu beklagen hat und in den nächsten Tagen die Zahl der Infizierten in Rio de Janeiro überholen könnte, vor einer ernsten Krise.

Unterdessen haben mehrere brasilianische Städte und Bundesstaaten Anfang Juni mit einer allmählichen Wiedereröffnung der Wirtschaft begonnen, viele Gemeinden haben jedoch aufgrund der raschen Ausbreitung des Virus in dieser Woche bereits wieder zurückgerudert.

Ungleichheit und Pandemie

Die Auswirkungen des Coronavirus werden in Brasilien durch die extreme Ungleichheit im Land noch erheblich verschärft. Aufgrund der wachsenden Prekarität der Arbeitsbedingungen und des geschwächten öffentlichen Gesundheitssystems ist es die Arbeiter*innenklasse, die den höchsten Preis für die Krise bezahlt.

Das Fehlen einer Politik zur Bekämpfung der Krise ist eine direkte Folge davon, dass die Regierung im Interesse der Aufrechterhaltung der Profite der größten Kapitalist*innen Brasiliens arbeitet. Während das Land neue Rekorde bei den Todesfällen und Infektionen erreicht, bringen Bolsonaro und sein Finanzminister Paulo Guedes weiterhin Milliarden für die Rettung der Banken auf. Die Gouverneure, die versucht haben, als eine rationalere „Opposition“ gegen Bolsonaro aufzutreten, haben die Wirtschaft in ihren Regionen ebenfalls wieder geöffnet und damit gezeigt, dass ihre Priorität nie der Kampf gegen die Ausbreitung des Virus war, sondern die Rettung der Großkonzerne.

Obwohl der Höhepunkt der Pandemie noch nicht erreicht ist, bemühen sich Bolsonaro und die Gouverneure nicht um mehr Tests und Betten. Stattdessen setzen sie ihre mörderische Politik gegen diejenigen Sektoren fort, die am meisten von den sozialen Auswirkungen der derzeitigen Krise betroffen sind. Diese Politik, die vom Mangel an Maßnahmen zu Bekämpfung der Gesundheitskrise gekennzeichnet ist, wird durch die zunehmenden Angriffe auf die Rechte der Arbeiter*innenklasse noch verschärft.

Vor diesem Hintergrund demonstrierten am vergangenen Sonntag zum wiederholten Male Beschäftigte aus dem Gesundheitssektor, die an vorderster Front gegen das Coronavirus kämpfen. Sie forderten bessere Arbeitsbedingungen und verurteilten die Weise, wie der Staat durch Bolsonaro und die Gouverneure mit der Krise umgehen.

Auch bei der Zahl der Todesfälle unter den Beschäftigten des Gesundheitswesens nimmt Brasilien nach Angaben der Gewerkschaften den ersten Platz ein. Darüber hinaus könnte die unvollständige Erfassung der Infektionen einen noch alarmierenderen Zustand für die Entwicklung der Pandemie im Land bedeuten.

In Städten im ganzen Land, darunter São Paulo, Rio de Janeiro, Brasília, Belo Horizonte und anderen, haben in den vergangenen Wochen zusammen mit zahlreichen Online- und Social-Media-Aktionen Kundgebungen und Demonstrationen gegen die Regierung stattgefunden.

Dieser Artikel erschien ursprünglich am 22. Juni 2020 auf Spanisch bei La Izquierda Diario. Die Übersetzung von Rob Belano auf Englisch für Left Voice erschien am 24. Juni.

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