Brasilien: Der Amtsantritt von Bolsonaro und die Festigung des institutionellen Putsches
Ein gegenseitiges Lächeln bestimmte die Amtsübergabe zwischen dem Putschisten Temer und dem rechtsextremen Bolsonaro. Sie teilen das Programm der Privatisierungen und insbesondere das der Rentenreform.
Mit einem breiten gegenseitigen Lächeln übergab Michel Temer die Präsidentenschärpe an Jair Bolsonaro. Mit dieser symbolischen Geste wurde der institutionelle Putsch gefestigt, der Präsidentin Dilma Rousseff abgesetzt und die Farce der Wahlen bestimmt hat.
Temer war mit einem Putsch an die Macht gekommen, der von der Justiz, den Medien und dem Parlament mitgetragen wurde. Sein Ziel war es, tiefgründigere Angriffe zu unternehmen, als es die PT bereits getan hatte. Bolsonaro wurde nun in einer Wahl gewählt, die von der Judikative mit Unterstützung des Militärs manipuliert wurde. Die Bevölkerung wurde angesichts der willkürlichen Inhaftierung von Lula daran gehindert, für den Kandidaten ihrer Wahl zu stimmen.
Bolsonaro repräsentiert die Kontinuität der Temer-Regierung, diesmal mit direkter Unterstützung der Lava Jato-Operation und Richter Sergio Moro, der diese anführte und als Belohnung dafür ein Superministerium bekommt, sowie mit einer Armeepräsenz in Ministerien, wie sie seit Jahrzehnten nicht mehr zu beobachten war. Selbst die Regierungen der letzten Diktatur in Brasilien, wie Geisel und Medici, hatten nicht so viele Generäle in Führungspositionen. Bolsonaro ist eine Art gepanzerter Temer, mit der Mission, unsere Rechte anzugreifen und die Kräfteverhältnisse zu verändern.
Bolsonaro übernahm die Präsidentschaft in einer militarisierten Hauptstadt und vor einem Publikum, das weit kleiner war als die immensen Erwartungen seiner Regierung und der Medien. Sie wollten ein „Volksmandat“ zeigen, das ihnen die Kraft gibt, ihre Pläne wie die Rentenreform umzusetzen, konnten jedoch keine gigantische Mobilisierung durchführen.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Bolsonaro geschwächt beginnt. Diese Kontinuität des Putsches wurde durchgeführt, um die Kräfteverhältnisse in Brasilien und auf dem gesamten Kontinent zu verändern. Sie versuchen, unser Recht auf Rente aufzuheben, dem Imperialismus durch Privatisierungen die nationalen Reichtümer zu überlassen und alle sozialen Rechte, wie unter anderem Gesundheit und Bildung, noch weiter zu beschneiden. Das ist die Mission, für die die Großkapitalist*innen Bolsonaros Wahl unterstützt haben.
Ein reaktionärer Diskurs
In seiner Rede an die Öffentlichkeit war Bolsonaro noch reaktionärer als schon in seinen Reden im Kongress. Im Parlament hatte er sich mehr auf die Verfassung und auf den Angriff auf Lehrer*innen und „Ideologien“ beschränkt, um die Stimme dieses wichtigen Sektors der Arbeiter*innen zum Schweigen zu bringen, damit sie bei der Bekämpfung der Angriffe keine Avantgarde-Rolle spielen können.
Bei seiner Antrittsrede nahm Bolsonaro den Angriff auf die Lehrer*innen wieder auf, versuchte, sich bei den Großgrundbesitzer*innen einzuschmeicheln, die ihn so sehr unterstützten, wenn es um die „Verteidigung des Eigentums“ ging, und versprach mit verschiedenen reaktionären Sätzen über die Menschenrechte, „dass unsere Flagge niemals rot sein wird, es sei denn, sie wird von unserem Blut befleckt, um sie grün und gelb zu halten“. In derselben Rede führte er seinen Sieg auf den Tag zurück, an dem „sich das Volk vom Sozialismus, vom Politisch Korrekten befreite“, und forderte „den Aufbau einer Bewegung für Ethik und moralische Werte“.
Bolsonaro will dem „Politisch Korrekten“ ein Ende setzen und „sein“ Recht, das der Kirchen und das der gesamten Rechten auf Verbreitung eines Diskurses zur Förderung patriarchaler und homophober Gewalt durchsetzen. Dieser Diskurs zielt darauf ab, seine militanteste Basis zu erfreuen und zu mobilisieren. Doch die Justiz, der Kongress und andere Akteure stellen Bolsonaro ihre eigenen Bedingungen, und besonders der Klassenkampf wird sein Programm beschränken, da die Mehrheit seiner Wähler*innen nicht für die Anwendung einer Rentenreform, dem Hauptvorschlag seiner Regierung, gestimmt hat.
Wie wird Bolsonaro bekämpft?
Um Bolsonaro zu konfrontieren, ist es dringend erforderlich, Versammlungen in Betrieben, Schulen und Universitäten zu organisieren und die Basisorganisation von Arbeiter*innen, Jugendlichen, Frauen, Schwarzen und LGBTI* zu fördern, um die Gewerkschaftsführungen zum Bruch mit dem „sozialen Frieden“ zu zwingen, den sie Bolsonaro bieten.
Ein „sozialer Frieden“, der von Vagner Freitas, dem Präsidenten des Gewerkschaftsverbandes CUT, sehr gut zum Ausdruck gebracht wurde, als er sagte, dass er eine „proaktive“ Opposition anbiete und bereit sei, eine neue Rentenreform auszuhandeln. Noch skandalöser waren die Positionen von Ciro Gomes, dem Kandidaten der Demokratischen Arbeiter*innenpartei (PDT). Obwohl er sich in der Kampagne als Mitte-Links-Alternative positionierte, war er in Erklärungen gegenüber Zeitungen und Fernsehen nicht nur bereit, über Arbeiter*innenrechte zu verhandeln, sondern auch die Regierung zu legitimieren.
Die Position der CUT zeigt, was die eigentliche Politik von Lulas und Dilmas PT (Arbeiter*innenpartei) ist. Trotz des Boykotts der Einweihungszeremonie zusammen mit den Parlamentarier*innen von PCdoB (Kommunistische Partei Brasiliens) und PSOL (Partei Sozialismus und Freiheit) ist die PT bereit, die Angriffe passieren zu lassen und bis zu den Wahlen 2022 zu warten. Die PSOL, mit einem anderen Diskurs und einem anderen Programm, agiert unter der gleichen parlamentarischen Front und der der PT unterstellten Strategie.
Wir müssen den Kampf der Arbeiter*innen an jedem Arbeits- und Studienplatz organisieren, um einen dringenden Kampfplan durchzusetzen. Es ist wichtig, Lehren daraus zu ziehen, wie die Strategie der PT, des Vertrauens in dieses Putschregime und in seine „Gerechtigkeit“, in der Vermittlung mit der Rechten und dem Kapital nur zu Niederlagen führt.
Wir müssen uns auf die Kräfte der Arbeiter*innen und Unterdrückten verlassen, um am Beispiel der französischen „Gelben Westen“ dieser rechtsextremen Regierung, die gerade die Macht übernommen hat, eine Niederlage aufzuzwingen.