Bolivien: Bilanz der Wahlen in der Minengewerkschaft von Huanuni

01.11.2013, Lesezeit 5 Min.
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// Der Bürokrat Pedro Montes und die MAS gewinnen die Wahlen für die Minengewerkschaft mit Hilfe der Staatsanwaltschaft und des Obersten Rechnungshofs //

Am vergangenen 11. Oktober wurden die Wahlen in der „Gemischten Gewerkschaft der MinenarbeiterInnen von Huanuni“ (SMTMH) durchgeführt, nachdem in der Versammlung vom 21. September drei führende Köpfe der Gewerkschaft zum Rücktritt gezwungen wurden und ein Wahlkomitee gegründet wurde, um die Zukunft der SMTMH zu definieren. Dem waren mehrere Monate des Drucks seitens der Regierung vorhergegangen, die 22 ArbeiterInnen angeklagt und einstweilige Maßnahmen vorgenommen hatte, nachdem die Cahiuasi-Brücke während des Streiks der COB im Mai gesprengt wurde, sowie der Angriff auf die Errungenschaften der ArbeiterInnen und die kollektive ArbeiterInnenkontrolle, der seitens des Obersten Rechnungshofs geführt wird. All dies konnte ein Klima der Einschüchterung unter einer breiten Mehrheit der ArbeiterInnen erschaffen, die die Ursache dieser Attacken in der Kampfansage sahen, die der Impuls für eine ArbeiterInnenpartei seitens der Minengewerkschaft von Huanuni bedeutete.

Angriff auf Huanuni

Die Regierungspartei MAS hat eine Anti-ArbeiterInnen-Richtung eingeschlagen und führt eine Offensive gegen die ArbeiterInnen, die für ihre Forderungen auf die Straße gehen, wie es mit der Illegalisierung des Streiks zuerst der COB und jetzt dem der ArbeiterInnen von Petroandina passierte, so wie es auch mit der Offensive gegen die GewerkschaftsführerInnen in der Gesundheitskasse CNS, bei den LehrerInnen und verschiedensten Betrieben geschah. Dennoch lag der Hauptfokus der staatlichen Artillerie auf Huanuni, wo 22 ArbeiterInnen angeklagt wurden. Das unmittelbare Ergebniss dieser Aktion ist die Kontrolle der Bezirksgewerkschaftszentrale (COD) von Oruro durch einen Regierungsvertreter. Es folgte die Ankunft des Obersten Rechnungshofs, der alle ArbeiterInnen wegen der Anwendung zusätzlicher „Mitas“ (aus dem Quechua „Arbeitsschicht, Arbeitszeit“, auch „Jahreszeit“) bedrohte, die jene nach der Vertreibung der multinationalen Allied Deals vor mehr als acht Jahren erhalten hatten. Schließlich schuf eine intensive Gerüchtekampagne über die Schließung und mögliche Umwandlung in eine Kooperative von Huanuni ein vorteilhaftes Klima, um die Idee zu säen, „den politischen Pakt mit der MAS wieder zu etablieren“. Der Beginn dieser Attacke übersetzte sich in die Bildung einer „Kommission der Basis“, die in der Hitze des Drucks der Regierung durch die gerissensten Verräter wie Hugo Pereyra oder Pedro Montes geformt wurde und die Regierung zu empfangen bereit wäre. Erinnern wir uns daran, dass letzterer der Anführer der COB in den Jahren der größten Eintracht mit der MAS war, als er unter anderem 2008 dem Rentengesetz zustimmte, gegen welches dieses Jahr Zehntausende massenhaft streikten.

Der offene Boykott der COB-Bürokratie und der schwere politische Fehler der Avantgarde der MinenarbeiterInnen

Der Regierungsangriff auf Huanuni nutzte die Wende der COB-Führung nach den Streiktagen im Mai. Die COB-Führung um Trujillo versuchte – nachdem sie nicht verhindern konnte, sich der Regierung von Evo Morales wegen des neoliberalen Rentengesetzes entgegenstellen zu müssen – mit allen Mitteln, den Weg zurück zum Regierungslager zu finden. Sie gab nicht nur die Forderungen vom Mai auf, sondern spielte offen für die MAS gegen die entstehende ArbeiterInnenpartei und ihre Avantgarde, die MinenarbeiterInnen von Huanuni. Außer einer lauwarmen Vorstellung bei der ILO zur Verteidigung des Streikrechts hoben sie keinen Finger wegen der Anklage gegen die MinenarbeiterInnen und näherten sich wieder der MAS an, indem Trujillo selbst am sogenannten „antiimperialistischen Gipfel“ teilnahm, den Evo Morales in Cochabamba abhielt.

In Huanuni spielten die MAS-AnhängerInnen in der COB den Plan der Erpressung gegen die Führung der Gewerkschaft, die unabhängig von der MAS war. Nach dem erzwungenen Rücktritt der Gewerkschaftsführung und der Bildung des Wahlkomitees war es dringend notwendig, die Avantgarde zu organisieren, um einen Kampf um die Gewerkschaftsführung zu führen, was die Vorbedingung für eine Antwort auf die Erpressung und den Angriff der Regierung gewesen wäre. Leider beging die Gewerkschaftsführung einen schweren politischen Fehler, indem sie keine Liste zur Wahl präsentierte, den Kampf auf dieser Ebene also gar nicht erst antrat und so den verschiedenen Varianten der regierungsnahen Listen den Weg frei machte. Letztendlich verschärften sie so die Desorganisation der Avantgarde und erlaubten, dass sich bei den Wahlen nur drei Listen präsentierten, die alle regierungsnah waren, wodurch die Basis keine Alternative vorfand.

Die Aufstellung von KandidatInnen, die die Klassenunabhängigkeit als fundamentalen Mechanismus zur Verhinderung der Attacken der Regierung, zum Kampf für das Fallenlassen der Anklagen gegen die 22 KollegInnen und zur Vorbereitung auf die Verteidigung der verstaatlichten Minenwirtschaft gegen jeden Versuch der Reprivatisierung oder der Umwandlung in eine Kooperative, wie es die MAS vorhat, vorschlagen, hätte ein wertvoller Stützpfeiler sein können, selbst wenn man die Wahlen verloren hätte, um zu einer Gegenoffensive überzugehen, sobald die Lügen der Regierung, von Montes und von Trujillo offensichtlich geworden wären. Der Minenarbeiter-Genosse Mario Martinez, Mitglied der provisorischen Leitung der ArbeiterInnenpartei, schlug erfolglos die Aufstellung einer Liste vor, wurde aber nicht gehört.

Angesichts dieses Angriffs haben die verschiedenen Organisationen der Linken es nicht vermocht, einen alternativen Kampfplan gegen die Regierung zu formulieren. Einige haben in ihrer Ablehnung der Idee der ArbeiterInnenpartei sogar mit Montes und Trujillo den Schützengraben geteilt, indem sie forderten, dass es die [von Montes und Trujillo geführte, A.d.Ü.] „Kommission der Basis“ sein sollte, die die Gewerkschaftsführung bilden sollte. Andere, wie die POR zum Beispiel, die sich im Lager derjenigen positioniert hat, die sich gegen die Gründung der ArbeiterInnenpartei ausgesprochen haben, schmälerten so die Unterstützung der MinenarbeiterInnen von Huanuni, die die ersten FördererInnen der ArbeiterInnenpartei waren, und trafen somit mit der feindlichen Haltung der COB-Bürokratie und der Regierung selbst zusammen.

Und schließlich sahen einige diese Niederlage so, als ob die Zukunft der ArbeiterInnenpartei nichts damit zu tun hätte, was in diesem MinenarbeiterInnen-Bezirk passiert, was einer eng parlamentaristischen und elektoralistischen Sichtweise gleichkommt, wie es die Gruppen der LIT-CI oder der UIT taten. Sehr wenige Organisationen unterstützten die Kampagne gegen die Anklage der 22 ArbeiterInnen, um die MAS und ihre Anti-ArbeiterInnen-Politik zu denunzieren.
Nun wollen wir nach dieser Niederlage einen tiefgründigen Dialog mit denjenigen GenossInnen von Huanuni darüber beginnen, dass – weil in der Politik die Leere nicht existiert – die Nichtaufstellung einer Alternative zum Freifahrtsschein für ihre FeindInnen von der MAS wurde.

Die Avantgarde auf der Grundlage der Lektionen der letzten Monate umgruppieren

Wir sind der Ansicht, dass es ein schwerer politischer Fehler war, die Anstrengung nicht zu unternehmen, eine Oppositionsliste gegen die Regierung aufzustellen, weil dies erlaubte, dass die Erpressung durch die MAS sich der gesamten Basis der MinenarbeiterInnen bemächtigte. Regierungsminister und stellvertretende Minister der Koordinierung der sozialen Bewegungen feierten dieses Ergebnis in Fernsehprogrammen, indem sie die MinenarbeiterInnen von Huanuni „beglückwünschten“, eine „ultralinke Gewerkschaft“ geköpft zu haben, und betonten, dass es geschafft wurde, die ArbeiterInnenpartei zu beugen”. Aufgrund der Wichtigkeit dieses Rückschritts rufen wir von der LOR-CI dazu auf, dieses schwere politische Problem unter den ArbeiterInnen, die sich für VerteidigerInnen der Klassenunabhängigkeit halten und trotz aller Schwierigkeiten die Entstehung der ArbeiterInnenpartei unterstützt haben, zu diskutieren. Gemeinsam wollen wir diskutieren, wie wir uns auf den Widerstand und den Gegenangriff gegen die FeindInnen der ArbeiterInnenklasse und besonders der MinenarbeiterInnen vorbereiten.

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