Blutiger Deal der Bundesregierung: 4,4 Millionen Euro für 500 zivile Opfer
Die Aktien der deutschen Rüstungsfirmen steigen. Die Große Koalition genehmigt weitere Waffenexporte an die Türkei. Hinter den Kulissen läuft eine schmutzige Abmachung.
Am 58. Tag des Widerstandes haben die türkischen Besatzungstruppen und dschihadistische Mörderbanden das Zentrum der Stadt Afrin unter ihre Kontrolle gebracht. Dabei geht es der Türkei darum, den Krieg zu nutzen, um die Lage im Inneren zu sichern und ihren regionalen Einfluss zu erweitern. Seit Anfang des Angriffskrieges sind 500 Zivilist*innen getötet und weitere 1350 verletzt worden.
Schon im Januar erklärte die Bundesregierung, dass sie die „legitimen Sicherheitsinteressen“ des NATO-Partners anerkenne. Im Februar verteidigte Angela Merkel den Angriff bei einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim, wo der schmutzige „Deal“ um Deniz Yücel abgeschlossen wurde. Die türkische Regierung solle Deniz Yücel freilassen, damit die Bundesregierung es als diplomatischen Erfolg verkaufen kann. Dafür sollte die Bundesregierung weitere Waffenexporte an die Türkei genehmigen, sowie mehr Repression auf die kurdischen Organisationen in Deutschland ausüben.
Im selben Monat kündigte der damalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) an, dass die Bundesregierung keinerlei Rüstungsgüter an die Türkei geliefert habe. Es sei in Deutschland verboten in Kriegsgebieten Waffen zu exportieren. Diese Lüge wurde letzte Woche in einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour entlarvt. Es kam heraus, dass es allein in den ersten fünfeinhalb Wochen des türkischen Einmarsches in Afrin 20 Exportgenehmigungen für Rüstungslieferungen an die Türkei im Wert von 4,4 Millionen Euro von der Bundesregierung erteilt wurden. Der neue Außenminister Heiko Maas (SPD) schweigt, aber dürfte zu seinem Amtsantritt telefonisch wohl Glückwünsche von seinem türkischen Amtskollegen Çavuşoğlu erhalten haben.
In der Vergangenheit hat Erdogan die EU oftmals damit bedroht, die westliche Grenzen der Türkei für die Ausreise der Geflüchteten zu öffnen und aus dem sogenannten „EU-Türkei-Flüchtlingsdeal“ auszusteigen. Die türkische Regierung gab vor ihrem Einmarsch bekannt, dass sie in Afrin das Ziel verfolgen werde, die 3,5 Millionen syrischen Geflüchtete, die sich gerade in der Türkei aufhalten, zurück nach Syrien zu schicken. Der Ort für die Unterbringung sollen die eroberten Gebiete sein. Erdogan warb damit bei der EU um Legitimation für den Angriff.
Am 17. März, einen Tag vor der Eroberung von Afrin, hat der prominente AKP-Politiker Burhan Kuzu angekündigt, dass die Europäische Kommission endlich die drei Milliarden Euro, die Teil des EU-Türkei-Abkommens waren, vollständig an die Türkei überwiesen hat. Während die Türkei also Milliarden Euro von der EU und Deutschland bekommt, damit sie die Geflüchteten an ihren Grenzen aufhält, verursacht sie mit ihrem Angriff auf Afrin, dass Tausende flüchten müssen.
Profit über den Tod der Menschen
Mehr als 700 deutsche Leopard-Panzer wurden bisher an die Türkei verkauft, die im Krieg gegen die Kurd*innen und bei der Besetzung Afrins eingesetzt werden. Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann, die führende Unternehmen der deutschen Rüstungsindustrie, feiern ihre Jahresbilanzen. Die Waffenverkäufe an Staaten außerhalb von EU und NATO sind zwischen 2014 und 2017 um die Hälfte gestiegen. Im Jahr 2017 allein sind die Aktien von Rheinmetall um 17 Prozent gestiegen. Die Rüstungsexporte in Kriegsgebiete sind so hoch wie noch nie.
Ohne vor Ort militärisch Präsenz zu zeigen kann man natürlich keine militärischen Geschäfte vereinbaren. Nicht einmal 24 Stunden waren vergangen, seit die neue Bundesregierung die Arbeit aufgenommen hatte, bevor am Donnerstag im Bundestag über Auslandseinsätze diskutiert wurde. Verteidigungsministerin Von der Leyen und Außenminister Maas haben für die Verlängerung der Einsätze plädiert, die die imperialistische Kriegspolitik von Deutschland fortführen.
Wenn es nach der neuen Große Koalition geht, soll Deutschland weltweit „mehr Verantwortung“ übernehmen. Das übersetzt sich in Waffenexporte, Unterstützung für diktatorische Regime, Mitverantwortung an Kriegsverbrechen und natürlich größere Gewinne für das deutsche Kapital.
Waffenlieferungen stoppen
Während des Irak-Krieges in 2003 gingen in Deutschland Hunderttausende auf die Straße, um gegen den Krieg und die Beteiligung Deutschlands zu protestieren. Diesmal werden nicht deutsche Soldat*innen in den Krieg geschickt, sondern Dschihadist*innen mit deutschen Waffen und Ausrüstung. Wer sich heute in Deutschland gegen den Krieg ausspricht, wer sich heute gegen die Politik der Großen Koalition stellen will, sollte auf die Straße gehen und gegen Waffenlieferungen und Auslandseinsätze protestieren.
Jedoch stellt sich die Frage, wie die Waffenlieferungen tatsächlich gestoppt werden können. Einerseits brauchen wir große Proteste auf der Straße, die von den linken Organisationen und Gewerkschaften organisiert werden. Besonders um den Druck auf die SPD zu erhöhen, die gerade auch das Außenministerium innehat, haben die 120.000 Menschen, die in der SPD gegen eine GroKo gestimmt haben, eine große Rolle zu spielen.
Zweitens braucht es eine Koordinierung der Proteste mit den Kolleg*innen, die tatsächlich iin der Produktion und Lieferung dieser Waffen arbeiten. Die Kolleg*innen der IG-Metall haben uns gezeigt, wie viel Schaden für die Unternehmen selbst bei einem eintägigen Streik angerichtet werden kann. Da diese ganze Politik nur um Profit betrieben wird, ist ein Schlag in den Profit ist auch die effektivste Methode, um die Politik zu stoppen.
Die neue Große Koalition, die heute Hartz IV feiert, einen Polizeistaat aufbaut, gegen die Abtreibungsrechte agiert und neue Angriffe auf die Arbeiter*innen plant, wird die bisherige schmutzige Außenpolitik weiterführen. Wir müssen uns gegen diese Politik organisieren und kämpfen.