Black Friday: Solidarität mit den Streiks bei Amazon statt Konsumkritik

24.11.2023, Lesezeit 4 Min.
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Bild: Felix Marx // shutterstock

Im Zuge des Black Friday werden oft arme Menschen für ihren „Shoppingwahn“ geshamed. Doch statt nach unten zu treten, sollten wir Streiks wie bei Amazon unterstützen.

Während alles immer teurer wird und man selbst für einen Döner wohl bald 10 Euro bezahlen muss, schaffen es einige Journalist:innen immer noch Konsument:innen dafür zu kritisieren, dass sie dann kaufen, wenn es billig ist. Vor allem der Druck an Weihnachten, Dinge zu verschenken und die Rabatte im Kontext der dauerhaft steigenden Inflation treiben die Menschen in die Geschäfte. Auch online werden gigantische Mengen an Waren bestellt. Viele Konsumkritiker:innen bezeichnen dieses Verhalten als besonders kapitalistisch. Republik.ch bezeichnet Black Friday als “traurige[n] Feiertag des Kapitalismus”. Die Rheinische Post schreibt über den Black Friday als „Sinnbild des Billigwahns“. Telepolis spricht von „kurzlebige[n] Produkte[n] und damit auf unnötigen Ressourcenverbrauch“. Doch sind die Konsument:innen wirklich Schuld an Ressourcenverbrauch und Shoppingwahn, oder liegt die Ursache woanders?

Was ist eigentlich Kapitalismus?

In einem richtigen Reflex lehnen Konsumkritiker:innen den Kapitalismus ab. Doch dabei geht in der Analyse ein bisschen verloren, was eigentlich kapitalistisch ist. Kapitalismus zeichnet sich nicht durch eine besondere Ideologie oder das Kaufen von Waren aus, sondern durch die Herrschaftsverhältnisse, unter denen sie produziert werden.

Nehmen wir das Beispiel ein:er Bäcker:in, der:die für etwa 12 Euro die Stunde arbeitet. In einer Stunde produziert er:sie jedoch, 25 Brote zu je 4 Euro, was etwa 100 Euro pro Stunde ergibt. Die Arbeiter:in erhält einen Stundenlohn von 12 Euro und produziert 100 Euro. Am Ende des Tages erhält der:die Arbeiter:in 96 Euro und hat Brote für 800 Euro produziert. Diese Differenz nennt Karl Marx die Aneignung von Mehrwert durch die Kapitalist:innen. Es stellt die eigentliche Ausbeutung dar und ist der Kern des Kapitalismus, ohne dass auch nur ein Produkt verkauft wurde.

Kapitalistisch ist also die Ausbeutung von Arbeiter:innen und nicht der Kauf von Produkten. Selbst wenn man nichts kauft, werden die Kapitalist:innen weiterhin die Arbeiter:innen ausbeuten, die dann auch wieder bei ihnen einkaufen müssen, selbst wenn sie nur überlebensnotwendige Dinge wie Nahrung, Kleidung oder Hygieneprodukte kaufen. Auch hier gibt es eine Vielzahl an unnötigen Ressourcenverbrauch, vor allem weil nur die Bosse bestimmen, was wie produziert wird, anstatt demokratisch unter allen Beschäftigten abzustimmen. So fahren am Ende Millionen Menschen jeden Tag mit Verbrennermotoren oder E-Autos vollgepumpt mit seltenen Erden, umweltfreundlichere Alternativen wie öffentlichen Nahverkehr sind vor allem auf dem Land oft kaum bis gar nicht vorhanden. Will man die Überproduktion und Umweltzerstörung also stoppen, muss man bei den Eigentumsverhältnissen ansetzen, nicht bei den Käufer:innen.

#MakeAmazonPay

Durch Konsumkritik kann man den Kapitalismus also nicht bekämpfen und die Arbeiter:innen zu verurteilen, dass sie am heutigen Black Friday ihren Liebsten Geschenke kaufen oder sich Mal etwas gönnen, macht die Situation nicht besser. Stattdessen sollten wir da ansetzen, wo es den Bossen weh tut: Bei der Ausbeutung. Im hessischen Einzelhandel ruft die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di zum Streik auf. Vom Streik betroffen sind neben Amazon auch andere Marktgrößen wie H&M, Ikea, Kaufland, Zara oder Primark. Für die etwa 235.000 Beschäftigten im Einzel- und Versandhandel werden 2,50 Euro mehr pro Stunde verlangt. Solidarität mit den Streiks kann ihre Stellung im Kampf gegen die Bosse verbessern. Statt auf die Käufer:innen zu schimpfen, sollten wir uns mit den Arbeiter:innen verbünden und echten Druck auf die Bosse ausüben. Dabei fordern die Beschäftigten nicht nur bessere Arbeitsbedingungen und bessere Löhne, sondern auch höhere Umweltstandards und ein Ende der Produktion von Überwachungsprodukten, die unwissende Käufer:innen ausspionieren. Solidarisiert euch mit den Streiks und #MakeAmazonPay.

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