BILD veröffentlicht Schwarze Liste der Palästinasolidarität

22.05.2024, Lesezeit 3 Min.
Gastbeitrag

BILD diffamiert sechs palästinasolidarische Aktivist:innen als den „harten Kern der Israel-Hasser“. Dabei betreiben sie selbst antisemitische Hetze und geben ihre Gegner zum Abschuss frei.

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Quelle: StGrafix / Shutterstock.com

Am Dienstag veröffentlichte Bild einen Artikel, in dem sie den „harten Kern der Israel-Hasser“ angeblich entlarven. Dabei stellen sie sechs palästinasolidarische Aktivist:innen an den Pranger und verleumden sie als Anstifter:innen zu Antisemitismus und Gewalt. Dass es sich bei ihnen um eine Führungsriege oder einen „harten Kern“ handelt, wird nicht belegt.

Stattdessen stellt Bild heraus, dass eine der angeblichen Rädelsführer:innen der Proteste, Udi Raz, eine israelische Jüdin ist. Es klingt an, dass alle Jüd:innen oder Israelis selbstverständlich Israel unterstützen müssten und sie eine Art Verräterin sei, was selbst eine antisemitische Zuschreibung ist. Außerdem wird sie im Artikel konstant misgendert, in dem mit männlichen Pronomen auf sie Bezug genommen wird. Die Bild greift sie also nicht nur antisemitisch, sondern auch transfeindlich an.

Zusätzlich bezeichnet Bild sie als „Israelhasserin“: Damit ignoriert sie vollkommen, dass viele Organisationen wie Amnesty International die gesellschaftliche Situation in Israel als Apartheid bezeichnet haben. Sogar südafrikanische Politiker:innen des African National Congress (ANC) haben dem bereits zugestimmt. Anscheinend zählt aber selbst die Meinung derer nicht, die unter Apartheid gelebt haben, und die mutmaßlich weißen, deutschen Autor:innen von Bild sind dafür zuständig, uns darüber zu belehren.

Die Gleichsetzung von Antisemitismus und Antizionismus, die den Artikel durchzieht, ist außerdem rassistisch, denn sie legt nahe, dass man Jüd:innen hassen muss, um den israelischen Staat abzulehnen. Das ist völlig verkehrt. In Israel gibt es einige Organisationen, deren Mitglieder jüdische Israelis sind, die sich für einen bi-nationalen Staat einsetzen. Sie sind also jüdische Antizionist:innen. Sind diese Jüd:innen dann etwa auch antisemitisch, etwa gegen sich selbst?

Über Salah Said behauptet Bild, er verbreite in seinen Posts Fehlinformationen. Insbesondere die Behauptung, Israel begehe einen Völkermord, hält man bei Springer für falsch. Dabei hat selbst der internationale Gerichtshof festgestellt, dass es durchaus möglich ist, dass Israel sich eines Genozids schuldig macht. Es wäre freilich nicht überraschend, wenn Bild auch den internationalen Gerichtshof als antisemitisch diffamieren würde.

Außerdem wird immer wieder betont, die Protestierenden seien gewalttätig gewesen. Dabei haben sie selbst allem Anschein nach nur Bilder gefunden, in denen die „Beschuldigten“ selbst Opfer polizeilicher Gewalt werden! Mit dieser neuesten Kampagne knüpft Bild an die lange Tradition der Springerhetze gegen die Studierendenbewegungen an. Die Zeitung, die seit Monaten lamentiert, an den deutschen Unis würden jüdische Studierende angeblich „markiert“, stellt Feindeslisten zusammen und gibt palästinasolidarische Aktivist:innen regelrecht zum Abschuss frei — darunter auch unliebsame Jüd:innen. Antisemitismus, Transfeindlichkeit und Hetze gegen Studierende bleibt Tradition im Springerverlag.

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