Beschäftigte des Botanischen Gartens stören Vorlesungen an der FU Berlin
[Update: Jetzt auch mit Video] Gestern streikten die Beschäftigten des Botanischen Gartens zum vierten Mal. Nach einigen kleinen Aktionen, Demonstrationen und Streikversammlung waren nun die Campi der Freien Universität das Ziel. Nicht ganz zufällig – ist es doch die FU inklusive ihrer Betriebsgesellschaft, die die Tarifverhandlungen blockiert.
„Gilt im Botanischen Garten nicht auch der TV-L?“, fragte ein Mathe-Dozent in seiner Vorlesung. Nun gehört der TV-L nicht gerade zum Kerngebiet der Mathematik – was war also geschehen? Studierende in roten ver.di-Westen hatten vorher die Hörsäle während der Vorlesungszeit gestört, um auf den Arbeitskampf am Botanischen Garten aufmerksam zu machen. Vor hunderten Studierenden wurden nun spontane Reden gehalten und auch die (betroffenen) Dozent*innen drückten ihr Interesse am Arbeitskampf aus. Gemeinsam gingen vorher Studierende und Beschäftigte durch die FU und verteilten tausende Flyer. Die Resonanz war dabei besonders unter den Beschäftigten der FU groß. „Dieser Streik ist mehr als notwendig.“, meinte eine Kollegin, die später auch spontan zur Kundgebung vor die Mensa kam.
Denn 40 Monate tarifloser Zustand im Botanischen Garten sind eben eine lange Zeit. Dafür „gratulierten“ rund 30 Kolleg*innen und Unterstützer*innen der Freien Universität mit Flyern. Ihr Protest richtet sich vor allem dagegen, dass die FU-Leitung mit Hilfe der Gründung ihrer Betriebsgesellschaft den Tarifvertrag der Länder für mehrere Dutzend Beschäftigte einfach aushebelt.
Ausweitung des Streiks
Auch wenn sich bisher nur wenige bei der FU direkt Angestellte am Streik beteiligen, ist der Enthusiasmus weitgehend ungebrochen. „Die Praxis der Geschäftsleitung führte letztlich dazu, dass ich bei ver.di eingetreten bin“, meinte ein Kollege, der seit gerade einmal zwei Monaten überhaupt ver.di-Mitglied ist. Auch für andere Kolleg*innen ist die Streikerfahrung völlig neu. Die Wut auf die Geschäftsleitung treibt viele von ihnen in den Streik. Dennoch ist es notwendig, mehr Kolleg*innen in den Kampf zu führen – nicht nur am Botanischen Garten, sondern auch studentisch Beschäftigte, wissenschaftliche Mitarbeiter*innen, Mensa-Beschäftigte, etc. Denn die FU wird ihre Blockadehaltung so einfach nicht aufgeben. Auch gestern hat es die Geschäftsleitung wieder geschafft alle Kassen – trotz Streik – zu besetzen.
Im Anschluss an die Campustour fand eine Kundgebung vor der Mensa der Silberlaube statt. Dort stellte Ronald noch einmal klar, dass es der FU nicht an Geld mangelt. „Die FU gibt für andere Bereiche einen Haufen Geld aus und behauptet, dass für uns nichts da sei.“ Tatsächlich haben sich die Professor*innen vor kurzem einen fetten Gehaltszuwachs gegönnt und die FU leistet sich ein eigenes Rechenzentrum …
Verbindung von Kämpfen
Dabei geht es um mehr als nur Lohnerhöhung. Die Frage ist letztlich, wer eigentlich an der Universität Entscheidungen treffen darf. „Aktuell entscheidet eine Handvoll Bürokrat*innen und Professor*innen über die Belange tausender Studierender und Beschäftigter. Dabei sind wir die Mehrheit an der Uni“, meinte Lilly Freytag auf einer Kundgebung vor der Mensa.
Auch die Verbindung zu den parallel stattfindenden Streiks der Lehrer*innen wurde auf dieser Kundgebung aufgemacht. So überbrachte die Revolutionär-kommunistische Jugend (RKJ) auf dem GEW-Streik solidarische Grüße von den Kolleg*innen des Botanischen Gartens. Aber auch ein Blick nach Frankreich wurde auf der Kundgebung geworfen. Hunderttausende Jugendliche und Arbeiter*innen schließen sich zusammen, um gegen die Arbeitsreform der französischen Regierung zu protestieren. Präsident Hollande hat diese nun per Dekret durchgesetzt. Dieses Beispiel zeigt, dass den Regierenden nicht mehr viel an Demokratie liegt, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen geht. In Frankreich wird es weiter massive Mobilisierung geben. Wir müssen auch in Deutschland dafür kämpfen, die französischen Verhältnisse nach Deutschland zu holen. Eine Verbindung des Streiks im Botanischen Garten mit den Lehrer*innen, aber auch mit denen der Metaller*innen wäre ein guter Anfang in diese Richtung.