Beschäftigte des botanischen Gartens kämpfen um Existenz
Mitten in der vermeintlichen Idylle des Botanischen Gartens der Freien Universität finden seit Jahren massive Angriffe auf die Rechte von Beschäftigten statt. Das Zauberwort heißt Outsourcing. Über 70 Kolleg*innen arbeiten mittlerweile in der Betriebsgesellschaft Botanisches Museum und Botanischen Garten (BGBM) – zu 100 Prozent eine Tochter der Freien Universität. Nach dem Willen der Universität kann es ruhig so weitergehen. Doch die Kolleg*innen lassen das nicht mehr mit sich machen.
Denn konkret heißt das für sie: weniger Lohn durch massive Arbeitszeitverkürzung und die Entlassung von Kolleg*innen. Im Gespräch sind die Arbeitsverträge von 31 Beschäftigten der BGBM. Dass die Geschäftsleitung und die Uni es ernst meinen, erfahren aktuell sechs Reinigungskräfte. Sie wurden vorerst freigestellt. Seit dem 1. April haben sie keine Aufgabe mehr im Botanischen Garten. Nicht etwa, weil die Aufgabe überflüssig geworden. Es macht nur jemand anders. Die Werkvertragsfirma Gegenbauer lässt aktuell die Fläche des Garten von rund 30.000 qm² von zwei bis drei Menschen reinigen – eine Aufgabe, die schon sechs Kolleg*innen an ihre körperlichen Grenzen geführt hat.
Die Folge davon ist eine weitere Spaltung der Belegschaft. Die einen, die noch bei der Universität angestellt sind und die anderen, die bei Werkvertragsfirmen unter Vertrag stehen. Auswirkungen hat das insbesondere auf die gewerkschaftliche Arbeit im Betrieb. Mal abgesehen davon, dass ein nicht unerheblicher Teil der 31 in Frage stehenden Kolleg*innen Mitglieder von Betriebsrat oder Tarifkommission sind, wird die Neuorganisierung der Gewerkschaft ver.di durch jede Ausgliederung noch einmal erschwert. Verlieren können dabei nur die Kolleg*innen, egal ob sie bei der BGBM oder der Universität angestellt sind.
Was hat das eigentlich alles mit Studierenden zu tun? Eine Erklärung hat uns der ehemalige Kanzler der Freien Universität Peter Lange im Dezember 2015 auf einer Kuratoriumssitzung abgenommen. Dort drohte er mit der Schließung anderer Fachbereiche (auch studentischer), wenn im Botanischen Garten nicht gespart werden würde. Interessen von Studierenden und Arbeiter*innen sollen hier gegeneinander ausgespielt werden. Dabei befinden sich viele von uns schon heute in prekären Arbeitsverhältnissen neben dem Studium – auch direkt als (meist befristete) Hilfskräfte an der Universität. Auch über überfüllte Hörsäle und Seminare klagen wir nicht erst seit gestern. Besonders seit der Bologna-Reform steht immer stärker die konkrete Nutzbarmachung von Studierenden für den Arbeitsmarkt im Vordergrund.
Gegen diese Angriffe müssen wir uns gemeinsam mit Arbeiter*innen organisieren. Die Kolleg*innen am Botanischen Garten tun das bereits. Mit zwei Warnstreiks und vielen weiteren Aktionen haben sie ihre Wut bisher gemeinsam mit solidarischen Studierenden in die Öffentlichkeit getragen. Dabei steht hinter jeder Sparmaßnahme, jeder Ausgliederung im Botanischen Garten oder auch Befristungen unter Lehrbeauftragten die Frage: Wer hat die Entscheidungsgewalt an der Universität?
Offensichtlich nicht die Mehrheit aus Studierenden und Arbeiter*innen. Eine Handvoll Bürokrat*innen mit Löhnen, von denen viele von uns nur träumen können, entscheidet aktuell, wer für wie viel Geld bei ihnen arbeitet und welche Studienbedingungen wir alljährlich vorfinden. Damit muss Schluss sein. Wir müssen uns diese Entscheidungsgewalt zurückerkämpfen. Durch demokratische und selbstorganisierte Basisstrukturen, regelmäßige Vollversammlungen und öffentlichen Protesten von Studierenden und Beschäftigten an der Universität können wir es schaffen eine relevante Gegenmacht innerhalb der Universität aufzubauen. Die Unterstützung der mutigen Beschäftigten im Botanischen Garten ist ein erster Schritt in diese Richtung.