Berlins Finanzsenator: Von den Löhnen im öffentlichen Dienst kann man nicht mal „halbwegs vernünftig leben“
Am Donnerstag haben 300 Arbeiter*innen mit Buh-Rufen ihre Unzufriedenheit mit dem rot-rot-grünen Senat in Berlin deutlich gemacht. Auf der Veranstaltung im Gewerkschaftshaus machte der Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) ein erstaunliches Zugeständnis.
Eigentlich wollte der Finanzsenator argumentieren, dass die Situation in Berlin immer besser wird. Die Zahl der Berliner*innen, die trotz Vollzeitarbeit von 500 bis 1.000 Euro im Monat leben muss, sinkt. Und diejenigen, die zwischen 1.500 und 2.000 Euro nach Hause nehmen, werden mehr.
1.500 Euro sei zwar nicht viel Geld, so der Finanzsenator, aber immerhin ein Lohn, von dem „man halbwegs vernünftig leben kann“ (auch neues Deutschland berichtete über diesen Satz). Lesende Arbeiter*innen werden sich gleich zwei Fragen stellen:
1. Wieviele Beschäftigte in Verantwortung des Landes Berlin müssen mit weniger auskommen?
Anders ausgedrückt: Wieviele Kolleg*innen im öffentlichen Dienst bekommen ein Gehalt, von dem man nach Einschätzung dieses sozialdemokratischen Politikers nicht mal „halbwegs vernünftig leben kann“?
„Ich habe meine Gehaltsrechnung dabei“, sagt eine Kollegin aus dem Botanischen Garten, „und jeden Monat sind es 1.000 oder 1.200 Euro.“ Das ist, wohlgemerkt, nach dem erfolgreichen Arbeitskampf am Botanischen Garten – letztes Jahr gab es Löhne von unter 900 Euro im Monat. Auch Kolleg*innen von der Charité Facility Management sind von solchen Hungerlöhnen betroffen.
Wahrscheinlich haben Zehntausende Beschäftigte des Landes Berlin nur halb so viel, wie sie bräuchten, um „halbwegs vernünftig“ leben zu können. Und die SPD sagt ihnen: Das wird noch eine ganze Weile so sein.
2. Wieviel verdient der „Genosse“ Finanzsenator?
Beansprucht er für sich, „ganz vernünftig“ leben zu dürfen? Das wären dann etwa 3.000 Euro im Monat. Aber nein, der Sozialdemokrat kriegt noch ein bisschen mehr. Wir haben sein Büro kontaktiert und keine konkrete Zahl genannt bekommen. Aber wir können das zusammenrechnen:
– Das Grundgehalt eines Senators liegt bei 12.162,52 Euro im Monat.
– Dazu gibt es die halbe Diät als Abgeordneter, nämlich 1.871 Euro
– Und dazu kommt eine steuerfreie Kostenpauschale von 2.518 Euro.
Da wären wir schon bei etwa 16.550 Euro im Monat. Und noch wissen wir nichts über besondere Privilegien (wie Dienstwagen) und private Nebeneinkünfte.
Pi mal Daumen können wir sagen: Der Finanzsenator verdient in einem Monat etwa so viel netto, wie ein Kollege von der CFM in einem Jahr kriegt.
Nun, arbeitet Kollatz-Ahnen nun mal 10 oder 12 mal härter als CFM-Mitarbeiter*innen? Wohl kaum – das wären fast 500 Arbeitsstunden pro Woche.
Macht er einen besonders guten Job? Naja. Berlin zahlt fast zwei Milliarden Euro pro Jahr an betrügerische Banken. Und gibt eine Million Euro am Tag für eine Flughafenruine aus. Dabei fehlt angeblich das Geld, um Reiniger*innen in Krankenhäusern ordentlich zu bezahlen. Es klingt nicht so, als würden die Finanzen unter besonders fähiger Aufsicht stehen.
Deswegen sollten wir fordern, dass Politiker*innen und Funktionär*innen nur so viel verdienen wie einfache Arbeiter*innen.