Berliner Zeitung und Kurier gestehen ihre Lügen über palästinensische Demonstrationen

19.12.2017, Lesezeit 3 Min.
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In den letzten Tagen waren die Zeitungen voll mit Meldungen über "gravierende Ausschreitungen", wo "Tod den Juden" gerufen wurde. Wer dabei war, erkennt diese Verleumdung der friedlichen palästinensischen Demonstrationen. Nun haben zwei große Berliner Zeitungen ihre Lügen auch eingestanden. Werden andere nachziehen?

In allen deutschen Medien klangen die Berichte ähnlich. Bei Welt, Süddeutscher Zeitung, Frankfurter Allgemeiner Zeitung, Spiegel, Zeit usw. usf. Bei mehreren Demonstrationen in Berlin gegen Trumps Entscheidung, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen, habe die Menge gerufen: „Tod den Juden“.

Man könnte annehmen, dass zahlreiche Journalist*innen diese Rufe alle selbst beobachtet haben. Merkwürdig nur, dass sie auf keinem einzigen Video- oder Audio-Mitschnitt auftauchen. Der pro-israelische Propaganda-Verein JDFA, der sonst nicht zurückhaltend mit Antisemitismusvorwürfen ist, bestätigte sogar auf Anfrage, solche Rufe nicht beobachtet zu haben.

In einer großartigen Recherche, die heute auf dem Blog Über Medien erschienen ist, sucht die Journalistin Emily Dische-Becker nach der Quelle dieser Behauptungen. Sie landet bei einem Reporter für die Berliner Zeitung und den Berliner Kurier, der die erste solche Meldung in die Welt gesetzt hat: „die aufgebrachte Menge [skandierte] minutenlang ‚Tod den Juden‘.“ Dische-Becker schreibt:

Anruf in der Redaktion [von Berliner Zeitung und Kurier]: Kann der Reporter bestätigen, dass „fast 1500 hasserfüllte Menschen ‚Tod den Juden‘ skandiert“ hatten, und hat er sie dabei gefilmt? Nein, sagt er, weil seine Hände zu kalt gewesen seien und die Zahl eine „Übertreibung“ sei. Tatsächlich habe er den Ruf „Tod den Juden“ nur kurz am Rande gehört, nach dem Ende der eigentlichen Demonstrationen, von einer kleinen Gruppe, „so fünf oder sechs Leute“. Ein Bekannter, mit dem er unterwegs war, habe ihm den Ruf übersetzt. Einen Kontakt zu diesem Zeugen kann er nicht herstellen.

Heute haben die Berliner Zeitung und der Berliner Kurier Korrekturen veröffentlicht. Werden alle anderen Zeitungen und Nachrichtenagenturen mitziehen? Wird sich Justizminister Heiko Maas entschuldigen?

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Bürgerliche Medien dienen den Interessen der Bourgeoisie – es ist vollkommen selbstverständlich, dass sie zu diesem Zweck Lügen verbreiten.

Erstaunlich ist allerdings, dass auch Menschen mit einem linken Selbstverständnis manchmal diese Lügen übernehmen. Das passiert besonders häufig, wenn Klischees über barbarische Araber*innen im Spiel sind.

Wir als nicht-kommerzielles und revolutionär-sozialistisches Medium sind den Interessen des Proletariats verpflichtet. Wir berichten regelmäßig und auch schonungslos von den palästinensischen Demonstrationen.

Die Demonstration letzten Freitag am Brandenburger Tor zum Beispiel wurde von zahlreichen Anhänger*innen der türkischen AKP besucht. Viele linke Menschen haben sie deswegen schnell wieder verlassen.

Die Demonstrationen am Sonntag in Neukölln und am folgenden Freitag in Charlottenburg dagegen waren wesentlich linker. Ja, es kommt gelegentlich zu antisemitischen Rufen von Einzelpersonen. Aber genauso oft kommt es vor, dass Aktivist*innen aus Palästina, Israel oder vielen anderen Ländern gegen diese Rufe vorgehen.

Wie die Genoss*innen von der Jewish Antifa vollkommen richtig schreiben:

Was für eine Überraschung – manche Menschen, deren Familien in den letzten siebzig Jahren vertrieben und getötet wurden von einem Staat, der sich jüdisch nennt, schreien womöglich etwas gegen Juden. Das ist natürlich falsch und es liegt an uns, es gemeinsam mit unseren Genoss_innen aus der palästinensischen Community zu unterbinden, so wie wir und sie es auch tun.

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