1. Mai in Berlin: Klassenkampfblock setzt sich mit Palästina-Solidarität gegen DGB-Führung durch

01.05.2024, Lesezeit 5 Min.
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Foto: Baki/Klasse Gegen Klasse

Mehr als Zehntausend Beschäftigte und Gewerkschaftsmitglieder demonstrierten in Berlin auf der DGB-Demonstration am 1. Mai. Die DGB-Führung entschied sich jedoch, die Hälfte der Demonstrant:innen und Gewerkschaftsmitglieder auszuschließen, weil sie sich gegen den Genozid in Gaza stellten.

Es gibt unzählige Gründe für Beschäftigte und Gewerkschaftsmitglieder, am 1. Mai auf die Straße zu gehen. Während die Regierung 100 Milliarden in die Aufrüstung investiert, Steuererleichterung und Subventionen plant, fehlen Investitionen in Bildung, Gesundheit sowie Klima, die dringend notwendig sind. Ein Großteil der Beschäftigten und Sozialleistungsempfänger:innen in Deutschland bekamen keinen Inflationsausgleich und sind von Kürzungen, wie zum Beispiel vom Kindergeld, betroffen. 

Jedoch nicht nur diese zentralen Fragen beschäftigten die Gewerkschaftsmitglieder, sondern auch der Genozid in Gaza seitens des israelischen Militärs, der mithilfe von deutschen Waffen und Unterstützung der Bundesregierung stattfindet. Insbesondere weil die Führungen der DGB-Gewerkschaften sich erneut hinter der Regierung positionieren und kein Wort in Solidarität mit den Menschen in Gaza verloren haben. 

Entsprechend mobilisierten mehrere oppositionelle Initiativen aus Berliner Belegschaften und Gewerkschaften für die Demonstration in den Klassenkampfblock, unter anderem Gesundheit4Palestine, Gewerkschaftler4Gaza, Vernetzung der Sozialarbeiter:innen sowie Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG). Ebenfalls waren diverse politische Gruppen, die sich in der Arbeiter:innenvernetzung einbringen, anwesend. Auch die junge GEW Berlin hielt eine Rede gegen Militarisierung und über den Streik für einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz mit den Forderungen nach kleineren Klassen und mehr Schulsozialarbeiter:innen und Schulpsycholog:innen.

Es kam auf der Demo zu Repressionen durch Ordner:innen und die Polizei, wie hier im Video zu sehen:

Repression gegen Palästina-Solidarität

Bereits im Vorfeld der Demonstration versuchte die DGB-Führung durch einen Demo-Konsens, der das Verbot aller Nationalfahnen beinhaltete, palästinensische Menschen und Gewerkschaftsmitglieder, die sich gegen den Genozid stellen, auszuschließen. Zudem wurde seitens des Berliner/Brandenburger DGB-Vorstandes “Mail-Warnungen” an Gewerkschaftssekretär:innen der Einzelgewerkschaften und Ordner:innen gesendet, dass “Free Palestine”-Aktivist:innen und “Klasse Gegen Klasse” vorhaben, die 1.Mai-Demonstration zu “stören”. 

In der Tat ist es uns bewusst, dass der Einsatz der DGB-Mitglieder für Menschenrechte, ihre Anklagen gegen einen Genozid und gegen die Lieferung von deutschen Waffen für schwerste Kriegsverbrechen die DGB-Führung “stört”. Aus der Demonstration war eine starke Palästina-Solidarität zu vernehmen. Besonders im Klassenkampfblock wurden viele pro-palästinensische Parolen gerufen. Teilnehmer:innen, die Palästina-Fahnen trugen, wurden von der Demo ausgeschlossen. Bereits zu Beginn der Demo kamen Ordner:innen der DGB-Jugend Berlin-Brandenburg zum Klassenkampfblock, um mit einem Verweis auf den Demo-Konsens zu versuchen, palästinasolidarische Slogans zu verbieten.

Demonstrationsteilnehmer:innen wurden von den Ordner:innen angesprochen, dass Parolen zu Palästina und eine Anklage des Genozids auf Transparenten nicht in Ordnung seien, da sie gegen den Demo-Konsens verstoßen würden. Dass der Demo-Konsens, der ohnehin kein wirklicher Konsens war, da die Erarbeitung und Diskussion nicht offen für alle Gewerkschaftsmitglieder war, spontan noch weiter ausgelegt wurde, ist ein Skandal. Die DGB-Führung und die Ordner:innen versuchten, die Polizei davon zu überzeugen, die palästinasolidarisch auftretenden Menschen auszuschließen. Es wurde argumentiert, dass Transparente gegen den Genozid in Gaza antisemitisch seien. Organisator:innen des Klassenkampfblocks wiesen die Ordner:innen darauf hin, dass Parolen oder Transparente zu Palästina laut Demokonsens nicht verboten seien. Die Lügen der Ordner:innen und die Zusammenarbeit mit der Polizei verurteilen wir aufs Schärfste!

Zum Ende der Demo hin versuchten Ordner:innen gewaltsam, den Klassenkampfblock vom Rest der Demo abzutrennen. Ordner:innen schubsten gemeinsam mit der Polizei Demonstrant:innen und zerrten an Transparenten. Der Solidaritätstreff Soziale Arbeit, eine Berliner Vernetzung von Sozialarbeiter:innen, schreibt auf Telegram dazu: “Bereits früh haben sie [die DGB-Führung] den klassenkämpferischen Block kriminalisiert, da er sich in ihren Augen zu klar gegen Krieg, das Morden in Palästina und für kämpferische Auseinandersetzungen mit dem Kapital positioniert hat. Bereits auf der Karl-Marx-Allee haben sie gedroht, den Block von der Demonstration auszuschließen”. Laut dem Solidaritätstreff Soziale Arbeit wurde ebenfalls ein Kollege “brutal festgenommen und verletzt”.

Der heutige Verrat der DBG-Führungen lehrt uns, dass wir für demokratische Gewerkschaften kämpfen müssen, in denen wir alle gemeinsam entscheiden. Der 1. Mai gehört uns und nicht denjenigen, die palästinasolidarische Stimmen in Kooperation mit der Polizei verstummen lassen wollen. Wir wissen selber, was für Arbeitsbedingungen wir brauchen, um gute Arbeit machen zu können und gut leben zu können. Dafür brauchen wir keine pro-zionistischen und regierungsnahen Bürokratien, sondern Selbstorganisation am Arbeitsplatz und in Arbeitskämpfen. 

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