Berliner Polizei schießt scharf auf 14-Jährige
Die Berliner Polizei hat auf eine 14-Jährige geschossen. Die Sozialarbeiterin Lea Lotter legt dar, warum auch dieser Fall zeigt: Die Polizei ist eine brutale Institution im Interesse der Bosse.
Am 18. Februar 2023 soll ein Ladendetektiv im Rossmann im Berliner Hauptbahnhof beobachtet haben, wie eine 14-Jährige wohl etwas geklaut haben soll. Er habe daraufhin die Polizei alarmiert und das junge Mädchen bis zu deren Eintreffen festgehalten.
Als die Polizei das Mädchen durchsuchte habe, hätten sie wohl ein Messer bei ihr gefunden. Das Mädchen hätte laut Angaben der Polizei, nach der Aufforderung das Messer wegzulegen, nicht darauf gehört und angeblich einen Polizisten angegriffen. Daraufhin sprüht dieser mit Reizgas um sich und schießt auf das Mädchen. Er trifft ihre Hand, sie muss in eine Klinik. Die Polizei traf mit ihrer Attacke auch völlig unbeteiligte Mitarbeiter:innen des Drogeriemarktes durch den Einsatz von Reizgas im Laden ohne Fenster.
In Deutschland lebt jedes fünfte Kind beziehungsweise auch Jugendliche unter 18 in Armut oder ist von Armut gefährdet – Zahlen aus dem Jahr 2022, die mittlerweile durch die Inflation, unglaubliche Gas- und Strompreise ziemlich sicher weiterhin gestiegen sind. Ich arbeite in einem Jugendclub auch mit vielen 14-Jährigen, die größtenteils in Armut leben. Armut, die durch zu hohe Mieten kommt, weil der rot-rot-grüne Senat in Berlin die Umsetzung des Volksentscheides durch das Einsetzen einer Expert:innenkomission verschiebt. Armut, die durch immer weiter steigende Ticketpreise im öffentlichen Nahverkehr kommt. Armut durch Rassismus, den die Eltern auf dem Arbeitsmarkt erfahren, weil deren Abschlüsse aus dem Ausland nicht anerkannt werden. So werden Geflüchtete und migrantische Menschen in schlecht bezahlte Jobs gedrängt. Armut, die daher kommt, weil einige wenige immer reicher und reicher werden, während der größte Teil der Bevölkerung Angst vor der nächsten Nebenkostenabrechnung hat und an Mahlzeiten spart.
Meiner Erfahrung nach klauen Jugendliche oft, weil sie sich Sachen nicht leisten können. Es gibt sicher auch Ausnahmen, die sind mir aber in meiner Arbeitspraxis noch nicht untergekommen. Ich sehe dort 14-Jährige, die in den letzten Jahren Corona-Pandemie total im Stich gelassen wurden, die in absolut maroden Schulen mit viel zu wenig Lehrer:innen sitzen und die jetzt mitbekommen, dass für alles, was sie betrifft, kein Geld vom Staat da ist. Aber sobald es um Waffen für die Bundeswehr geht fließen 100 Milliarden von der Regierung, zusätzlich kommt die Diskussion auf, die Wehrpflicht für junge Menschen ab 18 wieder einzuführen. Das ist die Lage vieler Jugendlichen und auch eben die der 14-Jährigen mit denen ich arbeite. Und ich kann sie total verstehen, wenn sie auch einmal Make-Up, Parfüm, billigen Modeschmuck oder was man sonst eben in der Drogerie klauen kann, haben wollen.
Des Weiteren weiß ich auch, dass zwei Erwachsene in voller Schutzausrüstung, mit Handschuhen, Schlagstöcken und diversen anderen Dingen zu 100 Prozent in der Lage sein sollten, einer 14-Jährigen ein Messer wegzunehmen und sie zu fixieren. Der Ladendetektiv konnte das offensichtlich auch alleine. Neben dem unnötigen Einsatz von Pfefferspray – wohlgemerkt in Innenräumen ohne Fenster, was Verletzungen vieler anderer Menschen nach sich zog – von dem jede:r der mal damit in Berührung gekommen ist weiß, was das mit einem macht auch noch zu schießen zeigt uns nur eins, und das ganz deutlich: Die Polizei ist nicht dazu da uns zu schützen, sondern im Dienste der Kapitalist:innen und des Staats materielle Interessen zu verteidigen, und das eben mit Gewalt.
Für einen vermutlich kleinen Diebstahl, der das Unternehmen vielleicht einige Euro gekostet hätte, gibt es einen Reizgaseinsatz, der mehrere Mitarbeiter:innen verletzt und einen Schuss auf eine 14-Jährige. Polizeigewalt und Polizeimorde sind keine Einzelfälle, sondern haben System. Sie dienen einem System, in dem Profite einiger weniger mit gnadenloser Gewalt verteidigt werden, während Menschenleben nichts wert sind, wenn sie Profiten im Wege stehen.
Statt „neutralen“ Ermittlungen anderer Polizeibehörden braucht es unabhängige Untersuchungskommissionen, der Betroffene von Polizeigewalt und deren Angehörige, Menschenrechtsorganisationen sowie Gewerkschaften angehören.