Berlinale für Solidarität mit Palästina: Wegner und Co. entrüstet
Auf der diesjährigen Berlinale positionierten sich viele Künstler:innen in Solidarität mit den Menschen in Palästina, unter Beifall riefen Filmemacher:innen bei der Preisverleihung für einen Stopp von Waffenlieferungen und Genozid auf. Bürgerliche Medien und Politik sind empört.
Die Proteste und Debatten rund um die die 74. Berlinale gipfelten nun in der Preisverleihung, zu welcher hunderte Künstler:innen, aber auch Politiker:innen und weitere Persönlichkeiten eingeladen wurden. Der Dokumentarfilm “No Other Land“, welcher auf die verbrecherische Besatzung im Westjordanland aufmerksam macht, wurde bei der Preisverleihung ausgezeichnet. Basel Adran und Yuval Abraham, die beiden Macher des Filmes, nutzen ihre Laudatio, um auf die Situation in Gaza aufmerksam zu machen. Sie forderten einen Waffenstillstand und adressierten auch die deutsche Regierung, indem sie auf ihre Unterstützung durch Waffenliefferungen aufmerksam machten und ein Ende dieser forderten. Laut dem Tagesspiegel gab es dafür “donnernden Applaus”.
Ebenfalls kam der US-amerikanische Regisseur Ben Russel und sein Team mit Kufiya auf die Bühne und stellten sich gegen Israels Verbrechen: „Wir stehen auch hier für das Leben und wir stehen gegen den Genozid und für einen Waffenstillstand in Solidarität mit all unseren Genossen.“
Über diese starken Proteste gegen Genozid, Rassimus, Krieg und für internationale Solidarität und Menschlichkeit sind abseits des Filmfestivals einige zutiefst empört. Die Bild Zeitung schreibt von “Applaus für Israel Hass”, der Tagesspiegel von einer “Pro-Palästina-Show” bei der Berlinale. Der Berliner Bürgermeister Kai Wegner schaltete sich ebenfalls in die Debatte ein und schrieb auf X (ehemals Twitter), auf der Berlinale sei eine “untragbare Relativierung” vorgefallen und er erwarte von der neuen Leitung der Berlinale dafür zu sorgen dass sich solche Vorfälle nicht wiederholen.
Wegner schrieb von Antisemitismus und schaffte es aber nicht zu benennen wo für ihn nun Antisemitismus vorgefallen ist. Das könnte vielleicht daran liegen, dass es Wegner nicht um den Kampf gegen Antisemitismus geht, sondern darum die Unterstützung des deutschen Regimes für die israelische Regierung und Militäroffensive aufrechtzuerhalten. Wegner diskreditiert daher die legitimen Kritiken von palästinensischen und israelischen Filmemachern. In diesem Kontext könnten Wegner und die Regierung die Kunstfreiheit weiter angreifen, wie sie es beispielsweise mit der neuen Antisemitismusklausel für die Kulturförderung in Berlin geplant hatten, gegen welche es zahlreiche Proteste aus dem Bereich gab.
Festivals wie die Berlinale haben für Regierungen eine wichtige Bedeutung. Mit wenigen Worten erreichten die Künstler:innen, die existierenden Wiedersprüche aufzuzeigen, mit ihren Werken erreichen sie Millionen Menschen. Die Ausstrahlungskraft der Berlinale geht weit über Berlin hinaus. Während der Staat und sämtliche Parteien bedingungslose Solidarität mit Israel predigen oder sich zum Genozid ausschweigen, sieht die Mehrheit (61 Prozent) der Bevölkerung „Israels Militärfeldzug“ kritisch. Künstler:innen kommt eine wichtige Vorbildfunktion zu, welche sie hier fortschrittlich eingesetzt haben. Im Angesicht der massiven Diskreditierungsversuche, welche probieren ihren legitimen Protest gegen Apartheid und Genozid unter dem Vorwand des Antisemitismus vom Filmfest zu verbannen, gilt es sich mit den Künstler:innen und ihrem Protest zu solidarisieren.