Berlin verjagt Obdachlose aus dem Tiergarten
Am Montagmorgen vertrieb der Bezirk Mitte nach eigenen Angaben 60 - 80 Obdachlose aus dem Tiergarten. Grund dafür sei laut dem grünen Bezirksbürgermeister die gestiegene Kriminalität im Tiergarten, welche sich Berlin im touristischem Vorzeige-Bezirk – natürlich – nicht leisten könne.
Polizei und Ordnungsamt räumten am Montagmorgen ein “illegales” Zeltlager von Obdachlosen im Tiergarten. Die Räumung sei Folge der gestiegenen Kriminalität im Tiergarten, die von Polizei und Ordnungsamt immer wieder auf Obdachlose zurückgeführt wurde. Tatsächlich geht aus dem Bericht nicht hervor, ob die ansässigen Obdachlosen im Zeltlager wirklich die Verantwortlichen für die Straftaten sind. Denn neben den 60 – 80 Obdachlosen, die im Zeltlager schlafen, halten sich über den Tag verteilt auch unzählige andere Obdachlose im Garten auf. Es ist vielmehr so, dass alle dort ansässigen Obdachlosen von der Polizei unter Generalverdacht gestellt werden, um die Räumung zu legitimieren.
Zeltlager von Obdachlosen gibt es in vielen Parks in Berlin, doch anstatt eine generelle Lösungsstrategie anzustreben, wie ein Sozialgeld oder Wohnungen für Obdachlose, verfällt der Senat in “naiven Aktionismus”, wie die Berliner Caritas-Chefin Ulrike Kostka kommentiert. Die Verdrängung der Obdachlosen aus dem Tiergarten wird unweigerlich zu einer Verdrängung in andere Bezirke führen. Dadurch wird klar, dass es dem Bezirksbürgermeister und dem Berliner Senat nicht um eine langfristige Lösung des Problems geht, sondern dieses lieber in Randbezirke verdrängt werden soll. Und so wird der Vorzeige-Bezirk Mitte für Tourist*innen von lästigen Problemen befreit. Denn das angebliche Problem der Kriminalität wird nur dort vom Senat “bekämpft”, wo es nicht in das touristische Image passt.
Nach der Zwangsvertreibung werden im Tiergarten nun vermehrt Ordnungsamt- und Polizei-Patrouillen eingesetzt, während sich die Vertriebenen für die kommenden kalten Monate neue Plätze für ihre Zelte suchen müssen. Währenddessen stehen in Mitte hunderte renovierte Luxus-Wohnungen leer.