Berlin: Tausende Streikende machen Druck vor nächster TVL-Verhandlungsrunde
Am Mittwoch sind in Berlin erneut tausende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in den Streik getreten. Die junge GEW und die ver.di-Betriebsgruppe der Freien Universität machten Druck auf die Verhandlungskommission und pochten auf einen Mitgliederentscheid vor dem Tarifabschluss.
Kurz vor Beginn der nächsten Verhandlungsrunde im TVL gingen am Mittwoch tausende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auf die Straße. Unter anderem hatten die Gewerkschaften ver.di und GEW zum Warnstreik aufgerufen. Während laut Polizeiangaben knapp 5.000 Streikende die Straßen füllten, meldete die GEW, dass insgesamt 13.000 Beschäftigte sich am Streik beteiligten. Viele Kitas blieben geschlossen, außerdem streikten tausende Lehrkräfte, Hochschulbeschäftigte aus dem TVL ebenso wie nach TVStud beschäftigte Studentische Hilfskräfte, sowie Sozialarbeiter:innen in Jugend-, Gesundheits-, und Sozialämtern. Die Streikenden versammelten sich am Morgen am Ernst-Reuter-Platz vor der Technischen Universität und demonstrierten dann bis zum Kurfürstendamm, wo die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister:innen der Länder tagte.
Als Klasse Gegen Klasse und Waffen der Kritik beteiligten wir uns an dem Streik gemeinsam mit der ver.di-Betriebsgruppe der Freien Universität Berlin und mit den Kolleg:innen der jungen GEW Berlin. Angesichts der von der Bundesregierung und dem Berliner Senat geplanten massiven Einschnitte im Haushalt ist es notwendig, keinen Zentimeter von den berechtigten Forderungen des Streiks zurückzuweichen. Deshalb zeigte die junge GEW ihr Banner: „Das Ergebnis muss den Streikenden schmecken – Mitgliederentscheid vor jedem Tarifabschluss!“, während die ver.di-Betriebsgruppe der FU in ihrem eigenen Streikaufruf titelte: „Sagen wir unserer Verhandlungskommission: Keine faulen Kompromisse – 10,5 %, mind. 500 Euro sofort, kein Cent weniger und keine Nullmonate! 1 Jahr Laufzeit und kein Tag länger! Sonst streikt’s weiter!“
Auf Instagram erklärte die junge GEW dazu:
Die GDL (an der es auch viel zu kritisieren gibt) macht gerade vor, wie sich eine Gewerkschaft verhalten sollte, die vom Arbeitgeber geghostet wird: die Ursabstimmung einleiten und in den Vollstreik gehen! Natürlich geht das nicht von heute auf morgen. Wir wünschen uns deshalb eine breite und partizipative Kampagne zur Mitgliedergewinnung und zur Vorbereitung auf den Vollstreik.
Diese Perspektive ist die einzig richtige: Anstatt auf Hinterzimmerverhandlungen in Potsdam zu hoffen, wo ab Donnerstag die Tarifgespräche weitergehen, ist es notwendig, den Vollstreik des gesamten öffentlichen Dienstes vorzubereiten und nicht einzuknicken, bevor die Forderungen vollständig erfüllt sind. Dazu ist auch notwendig, die Streiks mit den zeitgleich stattfindenden Tarifrunden anderer Branchen wie im Handel und bei der Bahn zu verbinden. Wir brauchen eine Streikbewegung, die die aktuellen Tarifrunden vereint. Dies ist nötig, um die Kürzungspolitik und den Militarismus der Bundesregierung zurückzuschlagen.
Wenn wir Entlastung und mehr Lohn wollen, müssen wir dafür streiken. Dafür brauchen wir demokratische Streikversammlungen mit bindenden Beschlüssen für die Tarifkommissionen, in denen wir darüber diskutieren, wie die Streiks weiter- und wie sie zusammengeführt werden können und unter welchen Bedingungen wir zu Tarifabschlüssen bereit sind.
Bei der letzten Tarifrunde haben unsere Gewerkschaftsführungen zusammen mit den Arbeitgeber:innen für mehr als ein Jahr eine Nullrunde ausgehandelt. Wir lassen uns solche Kompromisse auf unserem Rücken nicht länger bieten. Vielmehr sind wir dafür, dass alle Kolleg:innen im öffentlichen Dienst, bei der Bahn und im Einzelhandel selbst in Urabstimmungen demokratisch darüber entscheiden dürfen, ob es unbefristete Streiks geben soll, um die Forderungen zu 100 Prozent durchzusetzen. Wir wollen keine Abschlüsse, die nicht mal die Inflation ausgleichen. Die eigentlich nötige Perspektive zeigte die ver.di-Betriebsgruppe der FU Berlin auf einem Transparent klar auf: „Her mit der gleitenden Lohnskala!“
Nicht alle Beiträge auf der Demonstration waren jedoch so kämpferisch. Sogar die Berliner Arbeits- und Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) durfte sprechen und ihre Unterstützung für die Forderungen heucheln, während sie buchstäblich auf der anderen Seite des Verhandlungstisches sitzt. Auch die Streikteilnahme der „Gewerkschaft“ der Polizei (GdP) und das explizite Lob für die Polizei vonseiten der Bundesgeschäftsführung der GEW muss angesichts der wachsenden Repression gegen soziale Bewegungen zynisch wirken. Für uns ist klar: Die GdP steht nicht auf unserer Seite und gehört nicht in den DGB!
Am morgigen Donnerstag gehen die Verhandlungen über den TVL in Potsdam weiter. Auch ver.di und die GEW werden morgen erneut streiken. Dazu ist eine große Mobilisierung vor dem Verhandlungsort angekündigt, wo am Alten Markt in Potsdam ab 9:30 Uhr eine Kundgebung stattfindet.
Um über die Verhandlungen und weitere Schritte zu diskutieren, findet am Freitag, den 8. Dezember, ein Treffen des Solidaritätskomitees #WirSindInés statt, ebenso wie eine Diskussionsveranstaltung der Vernetzung für Kämpferische Gewerkschaften am kommenden Mittwoch, den 13. Dezember. Wir laden dazu ein, sich an der Demonstration in Potsdam und an diesen Treffen zu beteiligen, umfür den Aufbau einer klassenkämpferischen Strömungen in unseren Gewerkschaften zu kämpfen, die sich gegen die Kürzungen im Sozialen, in der Bildung und Gesundheit stellen. Statt Kürzungen bei Sozialleistungen kämpfen wir für drastische Vermögens- und Unternehmenssteuern. Wir stellen uns gegen die Aufrüstungs- und Kriegspolitik der Ampel und fordern unsere Gewerkschaftsführungen auf, Aktionen und Streiks gegen Krieg und Aufrüstung zu organisieren.
Kürzungen und Union Busting zurückschlagen! Treffen des Solidaritätskomitees #WirSindInés
Wann? Freitag, 8. Dezember 18 Uhr
Wo? Provinzstr. 103/Schwabstr. (Eckladen rechte Seite), Berlin-Wedding
TV-L nach der 3. Verhandlungsrunde - Wie weiter mit den Streiks?
Veranstaltung der Vernetzung für kämpferische Gewerkschaften (VKG)
Wann? Mittwoch, 13.12. 18.30 Uhr
Wo? F-Haus, Lottumstraße 10, U-Bhf Rosenthaler Platz