Berlin: Palästinasolidarische Studierende besetzen ASH
Am Montag haben Studierende der Alice-Salomon-Hochschule den Audimax besetzt. Die Besetzung darf – mit Einschränkungen – bis Ende der Woche bleiben. Die Präsidentin wollte keine Polizei hinzuziehen.
Die Alice-Salomon-Hochschule (ASH) ist eine Hochschule für Soziale Arbeit im Berliner Osten. Nachdem in den vergangenen Monaten immer wieder Hörsäle der Freien Universität und der Humboldt-Universität besetzt wurden, reihten sich jetzt auch Studierende der ASH ein. Etwa 50 Studierende besetzten den größten Hörsaal ihrer Hochschule am Montagmittag in Solidarität mit Palästina. Zuvor waren Diskussionen mit der Leitung der Hochschule in den letzten Monaten ergebnislos geblieben.
Die Leitung der ASH gestattete den Besetzer:innen, den besetzten Raum bis Ende der Woche zu nutzen – jedoch nicht nachts. Bis 21 Uhr sollte der Saal am Montag verlassen werden, was die Studierenden befolgten. Bei einer anschließenden Kundgebung vor der ASH kam es zu Polizeigewalt und fünf Festnahmen. Am Dienstagmorgen konnten die Studierenden den Saal wieder betreten.
Im Gegensatz zu anderen Hochschulleitungen entschied sich die Präsidentin der ASH Bettina Völter dagegen, Polizei Zutritt in die Hochschulräumlichkeiten zu gewähren. Sie soll das damit begründet haben, dass die Polizei „als Bedrohung“ wahrgenommen werde. Dass die Polizei auch wirklich eine Bedrohung für protestierende Studierende ist, haben die Besetzungen des letzten Jahres gezeigt. Insbesondere die brutale Räumung des Theaterhofs der FU Berlin im Mai hatte für Aufsehen gesorgt, bei der eine Vielzahl Studierender verletzt wurde.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) stellt sich derweil dumm und nennt es auf X „völlig unverständlich“, dass jemand die Polizei als Bedrohung wahrnehmen könnte. Neben ihm kritisieren auch die Berliner SPD und die Berliner Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) die Hochschulleitung und loben die Polizei, die „unsere Hochschulen schützt“.
Dabei geht es nicht nur darum, dass der Berliner Senat gerne noch härtere Repression gegen palästinasolidarische Studierende sehen würde. Es geht ihnen auch darum, politische Kontrolle über die Hochschulen auszuüben und deren Leitungen dazu zu zwingen, den Vorgaben der Regierung Folge zu leisten. Gleichzeitig soll studentischer Protest – egal zu welchem Thema – mundtot gemacht werden. Genau deshalb kommt nach jeder Besetzung erneut die Kritik der Politik an die Hochschulleitungen, dass sie auch nur eine Minute mit dem Räumungsbefehl gezögert hätten. Und zu diesem Zweck haben Wegner und Czyborra erst vergangenes Frühjahr das Berliner Hochschulgesetz so verschärft, dass künftig wieder politische Exmatrikulationen möglich sind.
Doch dass nun die Präsidentin der ASH ins Fadenkreuz der Kritik geraten ist, darf nicht zur Illusion führen, dass sie auch nur eine Sekunde auf Seite der Studierenden gestanden hätte. Kleine Zugeständnisse wie das Bereitstellen von Räumen für ein paar Tage während der üblichen Schließungszeiten sollen zu dieser Vorstellung verleiten. Aber gleich am Montagabend stellte das ASH-Präsidium in einer Pressemitteilung klar, dass „das Existenzrecht Israels völkerrechtlich verbrieft und unantastbar [ist]. Es steht für uns nicht zur Debatte.“ Damit stellen sie sich glasklar auf die Seite von Kolonialismus und Apartheid und gegen ein freies Palästina für alle Menschen, die zwischen Jordan und Mittelmeer leben.
Umso wichtiger ist es, dass der Raum an der ASH in den nächsten Tagen dazu genutzt wird, darüber zu beraten, was die nächsten Schritte sind. Es müssen Wege gefunden werden, die ASH dazu zu zwingen, ihre Treue zur deutschen „Staatsräson“ aufzugeben und sich für ein freies Palästina und ein Ende von Genozid, Besatzung und Apartheid auszusprechen. Außerdem müssen alle Studierenden und Beschäftigten dazu eingeladen werden, die Räume der Besetzung zu nutzen, um über den Genozid in Gaza und die Rolle unserer Hochschulen und unserer Regierung dabei zu diskutieren. Wenn das gelingt, kann die Besetzung der ASH ein wichtiger Erfolg für die Berliner Palästinabewegung werden.