Berlin: Lehrkräfte streiken weiter

20.06.2024, Lesezeit 4 Min.
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Foto: Konstantin Kieser

Zum 19. Mal gingen heute 1.500 für Entlastung auf die Straße.

Seit 2021 streiken Lehrer:innen nun schon für kleinere Klassen, mehr Schulsozialarbeiter:innen und -psycholog:innen. „Und wir sind nicht streikmüde, auch wenn der Tagesspiegel das behauptet“, verkündet Anne Albers von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bei der Abschlusskundgebung vor dem Abgeordnetenhaus. „Es ist uns ernst und das wollen wir dem Senat klarmachen“, so Albers weiter.
Schon beim letzten Streiktag hatte sie versprochen, noch 18 weitere Male zum Streik aufzurufen, sollte der Senat sich weiterhin nicht bewegen. Bisher haben sich weder der ehemalige Finanzsenator Daniel Wesener (Bündnis 90/Die Grünen) noch sein Nachfolger Stefan Evers (CDU) auf Verhandlungen über einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz (TV G) eingelassen. Evers spricht sogar von Sinnlos-Streiks . Ganz so, als hätte Rot-rot-grün nicht 700 Millionen Euro im Schulbau und in der Schulsanierung eingespart, kritisiert Franziska Brychcy (Die Linke):

Es ist Evers scheißegal, dass viele Kolleg:innen aus dem Beruf gehen, obwohl sie ihn lieben, weil sie nicht mehr können.


Albers erklärt: Die aktuelle schwarz-rote Regierung schiebe dem Fachkräftemangel die Schuld in die Schuhe. Immer und immer wieder wird konstatiert, nicht zu wissen, wie die Klassengröße verkleinert werden könne, wenn dem Land doch jetzt schon Lehrkräfte fehlen. Dabei läge es in der Hand derselben Politiker:innen, die Anzahl der Studienplätze zu erhöhen und für gute Studien- und Ausbildungsbedingungen zu sorgen. Vielmehr haben diese gar kein Interesse daran, so Albers. Das habe sich auch gezeigt, als Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) am 22. Mai, dem letzten Streiktag, Refrendar:innen verpflichtete, noch mehr zu unterrichten . Nicht einmal eine Woche später strich die Unionspolitikerin die Brennpunktzulage für Erzieher:innen. Albers wirft dem Senat also völlig zurecht vor, in eine andere Richtung zu steuern.
Nun habe die Grüne Fraktion im Abgeordnetenhaus aber „etwas Revolutionäres“ vorgeschlagen: Eine Gesetzesänderung. Mal abgesehen davon, dass eine Reform per se nicht revolutionär ist, sind auch jetzt schon Klassengrößen im Berliner Schulgesetz festgeschrieben. Doch die Realität ist, dass diese in der Praxis einfach ignoriert werden.
Auch Louis Krüger (Bündnis 90/Die Grünen) spricht als wäre es nicht sein Parteikollege gewesen, der sich jahrelang weigerte, mit der Bildungsgewerkschaft über Entlastung zu verhandeln:

Der Senat schreibt sich Bildung groß auf die Fahne, tut am am Ende aber nichts dafür. Aber wir stehen an eurer Seite. Auch wir wollen kleinere Klassen.


Auf Aussagen wie diese ist kein Verlass. Am Ende des Tages können wir uns nur auf uns selbst verlassen. Denn wir können dafür sorgen, dass alle Schulen dieser Stadt geschlossen bleiben. Das wird aber nur funktionieren, wenn wir zusammen mit den Erzieher:innen streiken, auf die sonst die Betreuung der Grundschüler:innen zurückfällt.

Albers‘ Kollegin Sara Ziegler droht daher völlig zurecht:

Wir arbeiten daran, dass wir mit unserem Kolleg:innen aus dem Ganztag und den Kita-Eigenbetrieben auf die Straße gehen. Wir werden die Daumenschrauben weiter andrehen, wenn der Senat nicht kapiert, dass es hier um ein Thema geht, das brennt.
Wir werden mit mehr Kraft zurückkommen.

Nun muss sie es nur noch in die Tat umsetzen.

Heute haben auch Erzieher:innen ihre Arbeit niedergelegt. Es ist ein riesiger Fortschritt, dass sie am selben Tag streiken wie wir. Denn das erhöht nicht nur den Druck auf den Senat, sondern zeigt auch, dass frühkindliche und schulische Bildung zusammengehören. Die Kids, die heute noch in die Kita gehen, sitzen morgen in meinem Klassenraum. Ich wünsche mir, dass alle Kinder die Unterstützung und die Aufmerksamkeit bekommen, die sie brauchen. Ganz egal, ob ich sie kenne oder nicht. Dafür brauchen wir aber bessere Arbeitsbedingungen in den Kindergärten und den Schulen. Es ist schade, dass unsere Kundgebungen heute getrennt voneinander abliefen. Aber niemand weiß besser als wir, dass wir es ja nächstes Mal einfach anders machen können.

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