Berlin: Auch der neue Senat wird Outsourcing an Krankenhäusern nicht beenden
Der neue Koalitionsvertrag von Rot-Grün-Rot lässt für Arbeiter:innen und Mieter:innen vieles zu wünschen übrig. Auch für die ausgelagerten Beschäftigten der Berliner Krankenhäuser hat der neue Senat keine Pläne zur Rückführung. Nicht zuletzt deshalb rufen wir die Mitglieder der Linkspartei dazu auf, den Koalitionsvertrag abzulehnen. #ZusammenfüreinelinkeOpposition
Die Pläne des neuen Berliner Senats sind an vielen Ecken und Enden vollkommen unzureichend. Das gilt auch für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei den dutzenden Tochterunternehmen der Berliner Kliniken Charité und Vivantes. Konkret heißt es dazu im neuen Koalitionsvertrag:
Bei landeseigenen Unternehmen und überall dort, wo das Land Berlin die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten direkt beeinflussen kann, setzt sich die Koalition weiter für sichere und tariflich bezahlte Beschäftigung sowie für die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein. Für uns gilt das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, auch im Sinne einer schrittweisen Angleichung des Tarifniveaus von Tochterunternehmen landeseigener Unternehmen oder anderer Landesbeteiligungen an das Tarifniveau ihrer jeweiligen Mutterunternehmen.
Weiter heißt es:
Die Koalition lehnt Aus- und Neugründungen aus öffentlichen Betrieben ab. Diese dürfen nur sachlich begründet erfolgen. Ausgründungen mit der Folge der Tarifflucht, der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und des Lohndumpings wollen wir schrittweise
zurückführen.
Was auf den ersten Blick gut klingen mag, ist bei näherer Betrachtung vollkommen unzureichend. Die Tochterunternehmen von Vivantes und der Charité werden im ganzen Koalitionsvertrag nicht einmal konkret erwähnt. Und was die künftigen Regierungsparteien hier noch verschweigen: In ihrem letzten Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2016 stand bereits etwas sehr ähnliches, damals sogar mit expliziter Erwähnung der Charité-Tochter CFM:
Die Koalition setzt sich dafür ein, dass Landesunternehmen in Tarifverbünden geführt werden. Sie setzt sich zudem dafür ein, dass auch für Landesunternehmen und ihre Tochterunternehmen, die bisher noch nicht tarifgebunden sind, zügig mit dem Ziel der Beschäftigungssicherung und der Angleichung an den TVöD Tarifverträge abgeschlossen werden. Die Koalition wird Outsourcing in öffentlichen Einrichtungen und Betrieben mit lediglich dem Ziel, sich aus Tarifbindungen zu lösen, unterbinden.
Mit dem Auslaufen des jetzigen CFM-Vertrages wird die Charité CFM Facility Management vollständig in öffentliches Eigentum überführt.
Doch fünf Jahre lang ist trotz dieser eigentlich klaren Worte wenig seitens der Regierung passiert. Nur durch wochenlange Streiks haben es die ausgegliederten Physiotherapeut:innen der Charité geschafft, ihre Rückführung zu erkämpfen. Dutzende andere Unternehmen sind weiterhin ausgegliedert Die CFM wurde zwar als Resultat früherer Streiks in öffentliches Eigentum überführt, indem private Investor:innen zum Verkauf ihrer Anteile gezwungen wurden. Doch das hatte keinesfalls eine Angleichung der Löhne an den öffentlichen Dienst zur Folge. Stattdessen mussten die CFM-Beschäftigten selbst 2020 noch für Verbesserungen streiken und erhielten am Ende nur einen Haustarifvertrag, der ebenfalls unterhalb des TVöD bleibt. Auch die Tochterbeschäftigten von Vivantes haben nun durch ihren Kampf mit der Berliner Krankenhausbewegung eine schrittweise Annäherung an den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes erreicht. Sie sind aber weiterhin finanziell schlechter gestellt und eben nicht vollständig in das Klinik-Unternehmen eingegliedert.
Die LINKE steht hier besonders in der Verantwortung. Denn sie ist die Partei, die sich in Worten am klarsten für die Forderung nach einem sofortigen Ende des Outsourcings ausgesprochen hat. Auf ihrem Landespartei im August 2020 haben die Mitglieder beispielsweise in Bezug auf die Kolleg:innen der Charité Facility Management (CFM) einen eindeutigen Beschluss mit dem Titel “Gegen Fremdvergabe und Einschüchterung – Eigentümerverantwortung wahrnehmen und Outsourcing bei der Charité Facility Management (CFM) sofort beenden” gefasst. Tatsächlich stand die Linkspartei in all diesen Auseinandersetzung aber immer auch auf der Seite des Senats – gegen die Beschäftigten.
Linke Teile der Partei gehen mit ihrer Initiative “Zusammen für eine linke Opposition” einen wichtigen Schritt, wenn sie sich offen gegen den Koalitionsvertrag stellen. Denn natürlich ist die ausbleibende Wiedereingliederung der Töchter nur ein Teil eines insgesamt vollkommen unzureichenden Koalitionsvertrags. Hier sei nur kurz auf die geplante Zerschlagung der S-Bahn und die Nicht-Umsetzung des Volksentscheids “Deutsche Wohnen und Co. enteignen!” verwiesen. Nur eine Linke, die konsequent an der Seite von Beschäftigten und Mieter:innen kämpft, kann eine glaubwürdige Alternative zum kapitalistischen Staat darstellen.
Das bedeutet im Falle der Tochterunternehmen, für deren sofortige Wiedereingliederung in die Mutterkonzerne zu kämpfen und nicht weitere fünf Jahre im Senat auf der Seite des Krankenhausmanagements zu stehen. Die Tarifrunde im öffentlichen Dienst im nächsten Jahr wird sehr wahrscheinlich zu weiteren Streiks bei den Tochterunternehmen führen und damit auch den Kampf für ein Ende des Outsourcings weiter anfachen. Die Krankenhausbewegung ist hier wichtige Schritte gegangen. Besonders die Delegiertenstrukturen, die den Beschäftigten die Entscheidungsgewalt über ihren Kampf gegeben haben, müssen weiter aufrechterhalten und ausgebaut werden. Und die Berliner Linkspartei muss sich entscheiden, auf welcher Seite sie stehen will.