Berlin: 30.000 Menschen auf der Straße für den Frieden
Am 3. Oktober fand in Berlin eine Großdemonstration für den Frieden statt. Können die bürgerlichen Parteien einen sinnvollen Beitrag dazu leisten?
30.000 Menschen beteiligten sich laut den Veranstalter:innen an der heutigen Berliner Friedensdemonstration unter dem Motto „Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden.“ und internationaler Solidarität. Als Klasse Gegen Klasse beteiligten wir uns an einer der zahlreichen Zubringer Demos, die die Kundgebung befüllten. Laut und kämpferisch zog unsere Zubringer Demo am Verteidigungsministerium vorbei, der Ort, der symbolisch für die Deutsche Beteiligung an den Kriegen dieser Welt steht.
Bei der Endkundgebung sprachen mehrere hochrangige Politiker:innen, unter anderem Gesine Lötzsch von der Linkspartei. Sie stellte richtigerweise heraus, dass zur Zeit 21 Kriege auf der Welt seien und vor allem die Reichen und Rüstungskonzerne am Krieg verdienen. Sie nannte keine konkreten programmatischen Punkte für die sich DIE LINKE friedenspolitisch einsetzen möchte und sprach lediglich davon, zur Friedenspolitik von Willy Brandt zurückkehren zu wollen.
Ralf Stegner (SPD) bezog das umgeschriebene Bibel-Zitat „Sie haben Ohren und hören nichts, sie haben Augen und sehen nichts und sie haben ein Herz und fühlen nicht“ und wendete es auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine an. Er sagte, dass die Ukraine ein Recht auf Selbstverteidigung habe und hieß die NATO-Intervention in den Krieg gut. Seine Rede wurde von unzähligen Rufen aus dem Publikum wie „Kriegstreiber“, „Mörder“, „Halt’s Maul“ und „Hau ab“ nahezu übertönt. Als es um das Thema Israel und Palästina ging, sprach Stegner zunächst über die Geiseln, aber die Opfer des Genozids (den er natürlich nicht so bezeichnete) in Gaza erwähnte er nur am Rande. Laut Stegner hätten „wir als Deutsche“ aus der Geschichte heraus eine besondere Verantwortung, Israel zu schützen. Auch dieser Teil der Rede wurde von Ausbuhen und Rufen aus dem Publikum begleitet. Zum Schluss sagte Stegner: „Die SPD ist und bleibt Teil der Friedensbewegung“. Zumindest seine eigenen Äußerungen sprechen nicht dafür.
Damit nicht genug, ging es weiter mit Peter Gauweiler von der CSU. Er kritisierte Deutschlands zu hohe Macht innerhalb der EU und sprach sich gegen Deutschlands Beteiligung im Ukrainekrieg aus. Laut ihm sei das Gründungsversprechen der Bundeswehr dabei gebrochen zu werden, dass die Armee nur eingesetzt werden solle, um das Land zu verteidigen. Entweder hat Gauweiler die letzten Jahrzehnte verschlafen, oder er hat ein Verständnis von Selbstverteidigung Deutschlands, welches den Jugoslawienkrieg und den Einsatz in Afghanistan einbezieht. Gauweiler sagte, dass sich alle für den Frieden zusammenschließen sollten, egal wo sie politisch stünden. Über Gaza sagte er nichts.
Sahra Wagenknecht als „Headliner“
Sahra Wagenknecht (Bündnis Sahra Wagenknecht), die quasi als “Headliner” der Demo angekündigt und gefeiert wurde schoss wie gewohnt stark gegen die Aufrüstung der NATO und die Hörigkeit Deutschlands auf die USA. Es ist das, was sie immer sagt; Deutschland muss sich in einen souveränen Akteur verwandeln, ein Akteur der Waffen nur für sich produziert, ein Akteur der sich nicht von den USA reinquatschen lässt, was er zu tun hat. Dovh wer Deutschland souveräner macht, der löst nicht die Probleme und bietet auch keine Antwort auf Krieg und Krise. Die NATO zerschlagen muss in der Konsequenz auch mit sich ziehen, die bürgerlichen Staaten und den Kapitalismus darin zu zerstören.
Doch es gibt auch andere Themen. Dadurch, dass die Kundgebung viel klarer unter dem Stern des Genozids in Gaza und dem Angriff auf den Libanon stand, musste Sahra Wagenknecht auch dazu Stellung beziehen. Deshalb übertrug sie ihre bekannte Forderung, im Ukraine Konflikt auf Verhandlungen zu hoffen. Sich aber für eine Zweistaatenlösung auszusprechen, also dem Israelischen Regime und den Siedler:innen ihre Legitimität zu geben, aber nicht das Wort Genozid oder Völkermord in den Mund zu nehmen, ist stark verlogen.
Trotzdem, dass zehntausende Menschen, die für den Frieden auf die Straße gehen, zeigt, dass dieses Thema nicht abgearbeitet ist. Am 6. Oktober steht die nächste große Demonstration in Berlin an, anlässlich dessen, dass der Genozid in Gaza bald ein Jahr dauert. Laut der Berliner Zeitung (B.Z.) sollen dort auch Präzisionsschütz:innen im Einsatz sein. Dies sind Polizist:innen, die auf Dächern entlang der Demoroute bewaffnet Ausschau halten, dies kommt sehr selten bei Demonstrationen in Deutschland vor. Die Demonstration soll als gewaltbereit dargestellt werden oder gar als könnten aus ihr heraus islamistische Attentate passieren. Dies ist ein weiteres Beispiel für die Aufrüstung und den Rechtsruck in Deutschland.
In unserem Leitartikel „Nieder mit ihren Kriegen: Offene Grenzen für alle Geflüchteten“ legen wir ausführlicher dar, warum wir beim Kampf für Frieden nicht auf die bürgerlichen Parteien setzen können, und was wir stattdessen brauchen.