Bericht eines Betroffenen: Rassistische Polizeigewalt in Frankfurt
Ein Mann in Frankfurt am Main und seine Familie wurden Opfer von rassistischer Polizeigewalt. Wir veröffentlichen hier seinen Bericht über den Vorfall.
Ich war am 7. August 2022 mit meiner Verlobten essen, dann kamen wir nach Hause und es fing an, mir nicht gutzugehen. Daraufhin rief ich die 112 an und legte meine Beschwerden dar, und zwar, dass ich befürchtete eine Lebensmittelvergiftung zu haben und mir wurde gesagt, dass der Krankenwagen zu mir nach Hause vorbeigeschickt werde. Da meine einjährige Tochter zu diesem Zeitpunkt schlief und ich, um meine Tochter nicht zu wecken, nicht wollte, dass bei mir zu Hause geklingelt wird, ging ich die Treppen runter zum Hauseingang, um dort auf den Krankenwagen zu warten.
Dann kam der Krankenwagen schon direkt, ich winkte sie zu mir, beide Personen stiegen aus dem Krankenwagen aus und mir wurde gesagt, dass man mich nicht mitnehmen wolle, weil mein Zustand keinen Notfall darstelle und ich solle doch zum Hausarzt (man bedenke, es war ein Sonntag). Daraufhin fragte ich die beiden Einsatzkräfte, ob diese von mir erwarteten, dass ich alleine zum Krankenhause fahre, und sie antworten mir mit „ja, wenn Sie mit uns mitfahren wollen, würde es 700 Euro kosten“. Man hat mir auch äußerlich ansehen können, dass ich blass und schwach war. Dann packte ich zu meiner Sicherheit mein Handy aus, um von dem Nummernschild des Krankenwagens ein Foto zu machen, da diese Einsatzkräfte die Hilfe verweigerten. Daraufhin sagte der Fahrer des Krankenwagens, dass er jetzt die Polizei anrufen werde, weil ich ein Foto machen wollte.
Meine Verlobte berichtete mir im Nachhinein, dass die Einsatzkräfte des Krankenwagens von hinten ein Foto von mir schossen und, dass diese sich dann in ihren Krankenwagen setzten und genüsslich lachten, während ich sagte, dass ich mich über deren mangelnde Hilfeleistung beschweren werde. Dann vergingen ein paar Minuten und die Polizeikräfte trafen ein. Während sich die Vorfälle im Zusammenhang mit dem Krankenwagen und den Polizeikräften unten vor meiner Haustür ereigneten, sah meine Verlobte von oben aus dem Fenster zu. Die beiden eintreffenden Polizeibeamten sprachen zunächst mit den beiden Einsatzkräften des Krankenwagens und einer der Polizeibeamten kam dann auf mich zu und sagte „Personenkontrolle, zeig Deinen Ausweis“.
Dann antwortete ich, dass ich meinen Ausweis hier nicht dabeihabe. Daraufhin sagte der Polizeibeamte in einem scharfen Ton wiederholt, dass mein Personalausweis benötigt werde und er diesen brauche. Dann griff ich in meine rechte Hosentasche, um sicherzugehen, ob ich meinen Ausweis (Aufenthaltstitel) nicht doch in meinem Etui mit meiner Krankenkassenkarte dabeihatte, weil ich ansonsten hoch in meine Wohnung gemusst hätte, um den Ausweis zu holen.
Derselbe Polizeibeamte, der mich nach meinem Ausweis gefragt hatte, sagte sodann zu mir „Hände aus den Taschen“ und packte mich gleichzeitig so fest an meinem rechten Oberarm, dass ich Blutergüsse davongetragen habe. Dieser Polizeibeamte überprüfte jedoch nicht meine Taschen, aus der ich meine Hand herausnehmen sollte, sondern hielt meinen Oberarm so stark fest, dass ich aufgrund des festen Druckgefühls und meines ohnehin geschwächten Zustandes reflexhaft meinen Arm wegzog. In diesem Augenblick sah ich meine Nachbarin und rief ihr auf Persisch „Khale lotfan komakam kon“ zu, was auf Deutsch „Tante, bitte hilf mir“ bedeutet. In diesem Moment brachten die beiden Polizeibeamten mich mit Gewalt unter Nutzung ihrer Knie und beider Hände zu Boden. Ich war ohnehin extrem geschwächt und mir ging es nicht gut, sodass ich durch das Gewicht dieser beiden kräftigen Polizeibeamte keine Luft mehr bekam und in einen Panikzustand versetzt war, Angst um mein Leben hatte und extrem über diese plötzliche gewaltvolle Reaktion erschrocken war.
Ich schrie daher nur noch laut um „Help“ und die beiden Polizeibeamten kümmerten sich nicht im Geringsten um meinen Zustand, sondern setzten weiter ihr enormes Körpergewicht auf meinen geschwächten Körper (Ich wiege circa 50kg) und hielten mich an Händen und Füßen fest. Auch durch das Festhalten an meinem Hals und das Drücken meines Gesichtes auf den Asphalt durch einen der Polizeibeamten (wodurch ich ebenfalls Schürfwunden und Blutergüsse davontrug) löste eine „Aura“ bei mir aus und ich hatte das Gefühl, gleich das Bewusstsein zu verlieren und aus meinem Überlebensinstinkt heraus sagte ich zu den Polizeibeamten mit letzter Kraft, dass ich Epileptiker bin und eine Gehirnblutung hatte und dass ich keine Luft kriege.
Dennoch wurden mir die Handschellen angebracht und ich wurde weiterhin mit dem Knie des Polizeibeamten am Boden festgehalten. Auch meine Verlobte beobachtete den gesamten Vorgang von oben aus dem Fenster und rief auch, dass die Polizeibeamten aufhören sollten mich festzuhalten, indem sie sagte „i’m reporting, tell him stop, he can’t breath“ und filmte den Vorgang ab dem Zeitpunkt, als die Polizeibeamten mich zu Boden brachten.
Meine Nachbarin sagte auch zu den Polizeibeamten, dass ich Epileptiker bin, jedoch hinderte auch dieser Hinweis der Zeugin die Polizeibeamten nicht daran, mich weiter am Boden festzuhalten. Dann sagten die Polizeibeamten mit lauter Stimme „aufstehen“ und während ich extrem geschwächt war und Ohnmachtsgefühle hatte, hoben mich die Polizeibeamten mit Druck am Arm hoch und schleiften mich mit dem Kommentar „Ach, der tut nur so“ zum Polizeiwagen. Während sie mich zum Polizeiwagen brachten, griff einer der Polizeibeamten in meine rechte Hosentasche, zog mein Etui heraus und sagte „du hast doch hier einen Aufenthaltstitel“.
Als ich dann im Auto saß, wurde dann meine linke Hosentasche durchsucht, wo nichts mehr drin war. Ich sah dann nur noch mein Handy und mein Ladekabel, das dort mal drin gewesen war, auf dem Boden des Polizeiwagens vor mir. Aus dem Polizeiwagen heraus sah ich, wie einer der Polizeibeamten meine Krankenkassenkarte den Einsatzkräften des Rettungswagens übergab, welche sich meine Personalien und Daten aufschrieben.
Das Verhalten der beiden Polizeibeamten stellt aus meiner Sicht eine Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit einer Nötigung dar. Der Vorsatz zur körperlichen Misshandlung war in dem Zeitpunkt bereits gegeben, als mich die Polizeibeamten zu Boden warfen, und es ihnen überhaupt nicht darauf ankam, den Inhalt meiner Hosentasche zu überprüfen, sondern nur mich mit Gewalt zu Boden zu drücken.
Spätestens zu dem Zeitpunkt, als ich bereits zu Boden ging, und diese meine Hosentasche hätten überprüfen können, nichts Verwerfliches darin hätten feststellen können und die Situation hätten deeskalieren können, sondern trotz Hilferufe und der Mitteilung, dass ich Epileptiker bin, ihr gewaltsames Vorgehen fortsetzen, und kausal dadurch diverse
Blutergüsse und Schürfwunden an meinem Körper verursachten. Ferner liegt in denselben Handlungen eine Nötigung vor, da ich mit erheblicher Gewalt dazu gezwungen wurde, am Boden zu liegen und mich nicht bewegen zu können. Ein derartiges eskalierendes Verhalten der Polizeibeamten ist in keinerlei Hinsicht gerechtfertigt, insbesondere weder notwendig noch erforderlich gewesen. Es ging weder ex ante noch ex post betrachtet durch einen Griff in meine Tasche nach der Aufforderung, dass mein Ausweis benötigt wird,eine Gefahr von mir aus. Ganz im Gegenteil war ich selbst aufgrund meiner Übelkeit und Erbrechens durch das schlechte Essen einer Gefahr der Verschlechterung meines Gesundheitszustandes ausgesetzt, weshalb ich die Rettungskräfte angerufen hatte.
Anschließend war ich der Gefahr durch die nicht deeskalierenden Polizeibeamten und der Sorge um mein Leib und Wohl ausgesetzt. Es kann und darf nicht angehen, dass Polizeibeamte im Dienst einen in Not, oder jedenfalls Hilfe suchenden Menschen auf so menschenunwürdige Weise gewaltvoll behandeln und die Notsituation ignorieren oder gar intensivieren. Den beiden Polizeibeamten fehlt die Einsicht und das Verständnis eine Notlage zu erkennen und durch etwa das Zusprechen auf die Rettungskräfte, mich doch ins Krankenhaus zu fahren zu ihrer Beseitigung beizutragen. Darüber hinaus ist das aggressive Verhalten der Polizeibeamten befremdlich, da ihrem gewaltvollen Einwirken auf mich keine Gewalt oder gar Aggression von mir vorausging. Eine „echte“ Gefahr einzuschätzen sind diese beiden Polizeibeamten nicht in der Lage. Insbesondere wenn sie selbst eine Gefahrensituation verursachen, sind sie erst recht nicht in der Lage, diese zu erkennen und Gegenmaßnahmen zum Wohle des Gegenüber zu treffen. Ein solches Verhalten der Polizeibeamten stellte nicht nur für mein Leib und Leben eine Gefahr dar, sondern steht auch nicht im Interesse der übrigen Bürger und stellt mithin eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar.
Während ich im Polizeiwagen saß, klingelten (nachdem weitere Einsatzkräfte der Polizei eintrafen) zwei andere Polizeibeamten nach den Erzählungen meiner Verlobten bei uns und gingen hoch in meine Wohnung ins 4. Stockwerk. Meine Verlobte berichtete mir, dass sich die beiden Polizeibeamten zuvor zunächst unten im 3. Stockwerk aufhielten, mit einer Nachbarin sprachen und meine Verlobte dann zu den beiden Polizeibeamten ging und zu ihnen sagte, dass sie mit ihnen über den Vorfall reden möchte, weil sie alles beobachtet habe. Daraufhin kamen die Polizeibeamten hoch und meine Verlobte fragte, ob die beiden Englisch sprechen und einer der beiden Polizeibeamten sagte „Ja, ich kann englisch sprechen“, während der andere sich weiterhin auf Deutsch unterhielt, was meine Verlobte jedoch nicht verstand.
Meine Verlobte bat sodann die beiden Polizeibeamten darum, etwas in unseren Hausflur hereinzukommen und dort leise zu sprechen, da unsere einjährige Tochter im Schlafzimmer schlief und sie nicht wolle, dass unsere Tochter aufwacht. Meine Verlobte bat die beiden Polizeibeamten lediglich in den Flurbereich, um nicht aus der Distanz mit diesen zu sprechen und eine erhöhte Lautstärke aufgrund des Schalls im Flur des Wohngebäudes zu verursachen, die unsere Tochter aufwecken könnte.
Während die Polizeibeamten in unseren Flur kamen, fragten sie meine Verlobte, ob sich noch weitere Personen in unserer Wohnung aufhielten und meine Verlobte sagte „Nein, außer meinem Baby im Schlafzimmer, das schläft, ist hier keiner“. Dann kam meine Mutter die Treppen hoch, vollkommen schockiert und entsetzt über diesen Vorfall, fiel im Flur zu Boden und bat meine Verlobte um Wasser. Während meine Verlobte meiner Mutter aus der Küche, welche sich direkt links im Hauseingangsbereich befindet, Wasser brachte, betrat der deutschsprechende Polizeibeamte sodann den restlichen von meiner Verlobten nicht zum Betreten freigegebenen Flurbereich und nutze ihre kurzzeitige Abwesenheit aus, um über den Flurbereich ins Wohnzimmer zu gehen und auch das Bad zu durchsuchen.
Dieser Durchsuchung durch den Polizeibeamten ging kein Durchsuchungsbeschluss voraus. Auch lag keine etwaige Gefahr im Verzug vor, welche ein Betreten oder Durchsuchen unserer Räumlichkeiten hätte rechtfertigen können.
Dieses willkürliche Verhalten des Polizeibeamten lässt jegliche rechtliche Grundlage missen. Das unbefugte Betreten unserer Räumlichkeiten stellt einen Eingriff in unser verfassungsrechtlich geschütztes Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung dar und verwirklicht den Tatbestand des Hausfriedensbruchs. Durch das Betreten unseres Wohnzimmers, des restlichen Flurbereichs und der Tatsache, dass der Polizeibeamte trotz der Bitte meiner Verlobten, leise zu sprechen, lautstark auf Deutsch sprach, wachte meine Tochter auf. Ich verurteile dieses willkürliche Verhalten der Polizei, welches Konsequenzen nach sich ziehen muss.